Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
und Jay konnte es ihm nicht verdenken.
Jay zwang sich, die fälligen Fragen auf später zu verschieben, jetzt gab es Wichtigeres zu erledigen. Als Erstes musste er sich um Elizabeth kümmern. Danach kamen Clive und die Mexikaner dran, die er durch das Fenster gesehen hatte.
Obwohl er das Gefühl hatte, sich auf einem schwankenden Schiff zu befinden, schaffte er es, zu Elizabeth zu gehen. Ihr Gesicht war kreidebleich und sie wirkte schmal und zerbrechlich, wie sie vor Timothy auf dem Asphalt lag. Der SEAL hatte ihr seine Jacke unter den Kopf gelegt und hielt ihre Hand.
»Was ist mit ihr?«
»Sie hat sich nur böse den Kopf gestoßen. Mach dir keine Sorgen, Jay. Sämtliche Vitalfunktionen sind absolut im grünen Bereich, und das hat sie dir zu verdanken. Reife Leistung.«
Die SEALs waren bekannt dafür, mit Lob sparsam umzugehen. Unter anderen Umständen hätte er die Reaktionen von Timothy und Scott genossen, jetzt interessierte es ihn nicht. Er hatte die Angelegenheit schon zuvor persönlich genommen, aber nun hatten seine unbekannten Gegner eine weitere Grenze überschritten. Der Angriff auf Elizabeth und ihn glich einer Kriegserklärung: Nun gut, er war bereit zu kämpfen und hatte nicht vor, am Ende als Verlierer dazustehen.
8
Elizabeth presste die Lider fester zusammen, aber das half nicht, um den angenehmen Dämmerzustand wieder herbeizurufen. Sie wollte weiterschlafen und sich nicht dem Hämmern und Pochen in ihrem Kopf stellen. Dazu kam ein unangenehmes Kratzen im Hals. Nur mühsam unterdrückte sie einen Hustenreiz und fand sich damit ab, dass sie wach war.
Anscheinend hatte sie es wieder einmal mit ihren nächtlichen Sitzungen am Computer übertrieben und bekam jetzt die Quittung dafür. Sie zwang die Lider auseinander und versuchte, die Ziffern auf ihrem Wecker zu erkennen.
Helles Sonnenlicht blendete sie, und sie schloss die Augen wieder, aber sie hatte genug gesehen, um zu erkennen, dass sie sich nicht in ihrem Schlafzimmer befand. Schlagartig war sie hellwach. Erinnerungsfetzen stürmten auf sie ein.
Wieder einmal hatte Jay sie wahnsinnig gemacht, dann Hitze, Qualm und danach … nichts mehr. Ihr Herz begann zu rasen, als ihr Verstand die richtigen Rückschlüsse zog. Die Typen im Restaurant hatten gewusst, dass sie kommen würden, und den Laden in eine Sprengfalle verwandelt. Sie erinnerte sich dumpf daran, dass sie die Tür öffnen wollte und plötzlich Jay neben ihr auftauchte. Jay? Was war mit ihm? Und wo war sie?
Sie zwang die Lider erneut auseinander und wartete, dass ihre Augen sich an die Helligkeit gewöhnten. Ein Krankenhaus. Sie lag in einem Krankenhaus und direkt neben dem Bett …
Sie blinzelte, aber an dem Bild änderte sich nichts, und vor Erleichterung hätte sie beinahe laut gestöhnt. Jay saß auf einem Stuhl direkt neben dem Bett. Sein Kopf war auf seine Brust gesunken, und er schlief. Aber er lebte und war da. Tränen stiegen ihr bei dem Anblick in die Augen, die sie schnell wegwischte. Eine üble Prellung zog sich über seine rechte Wange und unter dem viel zu weiten T-Shirt mit dem Werbeaufdruck einer Pharmafirma entdeckte sie einen Verband im Schulterbereich. Im Schlaf wirkte er mit den zerzausten Haaren viel jünger und verletzlicher, als sie ihn sonst erlebt hatte, und wieder stiegen ihr Tränen in die Augen.
Allmählich ergaben die letzten Bilder in ihrer Erinnerung einen Sinn. Die Einzelheiten fehlten noch, aber es war Jay gewesen, der sie davor bewahrt hatte, die volle Wucht der Explosion abzubekommen.
Im Nachhinein verstand sie auch seine Warnungen und seine Wut über ihr Auftauchen, aber dennoch blieb der Ärger darüber, dass er glaubte, sie beschützen zu müssen. Andererseits hatte er recht behalten. Egal, viel wichtiger war die naheliegende Schlussfolgerung. Nur sie, Jay und Clive hatten von der geplanten Festnahme gewusst.
Jay konnte sie endgültig als Verdächtigen ausschließen. Nicht länger nur, weil ihre Vorgesetzten und ihr Gefühl es sagten, sondern auch, weil die Fakten für sich sprachen. Es hätte nicht viel gefehlt, und sie wären beide bei dem Versuch, das Restaurant zu betreten, umgekommen. Damit blieb Clive übrig. Aber das ergab keinen Sinn. Sie hatte seine finanziellen Verhältnisse überprüft. Nichts deutete darauf hin, dass er bestochen wurde. Er lebte mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter in einem Vorort. Die Familie seiner Frau besaß genug Geld, sodass er nicht zwingend arbeiten musste, und seine Akte war absolut sauber.
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