Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
sondern fällige Fragen zu klären. Und dann sollte sie dringend ihrem unfreiwilligen Gastgeber die gebührende Aufmerksamkeit schenken.
Jay hatte wieder zu einer Kombination aus uralten Shorts und einem verwaschenen T-Shirt gegriffen, aber dieses Mal würde sie ihm keine Vorträge über korrekte Kleidung halten. Während er in einer Pfanne rührte, sah er hin und wieder auf den Monitor seines Notebooks, das auf dem Tresen stand.
»Geh ruhig auf den Balkon. Wir können draußen essen. Noch ungefähr zehn Minuten.«
Soviel zu ihrer Absicht, sich auf die Ermittlungen und einen distanzierten Umgang zu beschränken. Außer ihrer Mutter hatte noch nie jemand für sie gekocht, und die Kochkünste ihrer Mutter hatten aus dem Öffnen von Tiefkühlpackungen bestanden. Aus der Pfanne kam ein köstlicher Geruch, der ihr in Erinnerung rief, dass sie außer dem kargen Frühstück noch nichts gegessen hatte.
Als sie zögerte, kam Jay zu ihr und schob sie sanft in die gewünschte Richtung. »Ich habe beim Kochen schon meine Mails gecheckt, und wir reden anschließend, wenn du nicht mehr aussiehst, als ob du jeden Moment umkippst. Schnapp dir die Liege. Ich bringe gleich Besteck und Teller raus.« Sein Grinsen blitzte auf. »Ich habe dich eben kaum erkannt. Du siehst wie deine kleine Schwester aus. Wie alt bist du eigentlich?«
»Willst du als Nächstes auch noch mein Gewicht wissen? Ich dachte, deine Mutter hätte dir Manieren beigebracht.«
»Hat sie, aber die kollidieren ab und zu mit meiner angeborenen Neugier, die mich zu einem überaus talentierten Ermittler macht. Fünfundzwanzig?«
Mit seiner Schätzung lag er nur um ein Jahr daneben, aber das Funkeln in seinen Augen verriet, dass er sie nur aufziehen wollte, zumal das Eintrittsalter beim FBI normalerweise dreiundzwanzig Jahre betrug. Er ahnte also nicht, dass sie tatsächlich fast sieben Jahre – um genau zu sein: sechs Jahre, neun Monate und elf Tage – jünger als er war.
»Fast richtig, gerade sechsundzwanzig geworden, Mr Meisterdetektiv.«
Ihre Antwort erzielte die gewünschte Wirkung. Ausnahmsweise hatte es Jay die Sprache verschlagen. Mit High Heels wäre der Auftritt perfekt gewesen, aber ihre Flipflops mussten reichen. Schwungvoll warf sie ihre Haare zurück und stolzierte an ihm vorbei.
Ihre Kiefermuskeln schmerzten vor Anstrengung, das Lachen zurückzuhalten, als sie sich draußen in einen der Sessel fallen ließ. Dann gab sie auf und prustete laut los. Der Anblick war unbezahlbar gewesen. Normalerweise versuchte sie, älter zu wirken, aber Jays Reaktion war es wert gewesen, außerdem war sie sicher, dass er damit umgehen konnte. Vermutlich rechnete er wie verrückt, und kam doch zu keinem Ergebnis.
Als Jay mit einem Tablett auf den Balkon kam und unter anderem zwei Gläser Weißwein auf dem Tisch platzierte, zwinkerte er ihr zu.
»Nachdem geklärt ist, dass du volljährig bist, darfst du den Chardonnay probieren.«
Ehe Elizabeth eine vernünftige Antwort einfiel, war er schon wieder im Inneren verschwunden. Trotzdem lächelte sie und fuhr mit dem Finger über das beschlagene Glas. Der Wein sah verführerisch aus, aber nachdem sie zuvor einige Schmerztabletten genommen hatte, sollte sie besser darauf verzichten.
Jay kehrte mit Tellern und Schüsseln zurück. Sie hob die Nase höher und schnupperte. Es roch köstlich.
»Jetzt siehst du aus wie Popeye, wenn er Witterung aufgenommen hat.«
»Als Nächstes kraulst du mir auch noch den Rücken, oder was?«
»Kann ich tun.« Federleicht strich seine Hand erst über ihr T-Shirt, dann über ihren Kopf. »Wenn ich Popeye hier kraule, schnurrt er wie eine Katze.« Seine Finger suchten sich einen Weg durch ihre Locken zu ihrem Ohr und verharrten viel zu kurz auf der empfindlichen Haut. Instinktiv schmiegte sie ihren Kopf in seine Handfläche. Die warme Berührung schien den letzten Rest Kopfschmerz endgültig zu vertreiben. Als ob er ihre Gedanken lesen konnte, wechselte er seine Position und stand nun direkt hinter ihr. Mit beiden Händen umfasste er ihren Nacken und ließ dann seine Finger über die verspannten Muskeln wandern.
Eine wohlige Wärme breitete sich in ihr aus, und sie schloss die Augen. Als er mit seinen Händen über ihre Stirn und Schläfen fuhr, hätte sie am liebsten tatsächlich geschnurrt und protestiert, als er aufhörte.
»Besser?«
Nur ein Mann konnte in ein einziges Wort dermaßen viel Selbstgefälligkeit legen. »Da ich nicht zugebissen habe, war es in Ordnung.«
Statt
Weitere Kostenlose Bücher