Jay: Explosive Wahrheit (German Edition)
Sportverein?«
»Zweimal ›nein‹. Wieso fragst du?«
Das Lachen verschwand aus seinem Gesicht. »Weil ich bei Rob, meinem Bruder, erlebt habe, wie schwer er es mit seinen Mitschülern und Kommilitonen hatte. Aber er hatte uns und später dann noch seine Mannschaftskameraden. Das hat vieles erleichtert.«
»Was macht er heute?«
»Er ist Anwalt geworden.«
»Einfach nur Anwalt?«
»Nein, nicht einfach nur. Da würde er vor Langeweile eingehen. Er verdient sein Geld mit Unternehmen, für die er sich die unmöglichsten Vertragskonstruktionen ausdenkt, aber seinen Spaß hat er mit Verteidigungen im Bereich Strafrecht, die er unentgeltlich übernimmt. Es gibt nur wenige Juristen, die in zwei so unterschiedlichen Gebieten absolut firm sind, aber er hat in beiden Bereichen einen exzellenten Ruf.«
Aus jedem seiner Worte sprach der Stolz auf seinen Bruder. Nicht einen Augenblick lang hatte sie das Gefühl, dass Jay neidisch auf ihn war oder ihn für unnormal hielt. Sie dachte an ihre eigenen Eltern, und musste schlucken. Obwohl beide selbst studiert hatten und sie liebten, war ihr Verhältnis immer distanziert gewesen.
Jay hatte seinen Teller geleert und betrachtete sie erneut mit einer unergründlichen Miene. »Ich frage mich, wie deine Kindheit gewesen ist. Rob hat jeden unserer kleinen Streiche mitgemacht und war genauso wild wie jeder von uns. Unsere Eltern haben strikt drauf geachtet, dass er sich nicht nur in seinen Büchern und später am PC vergräbt. Wie war es bei dir?«
»Ich hatte meine Bücher.«
»Dann gibt es einiges für dich nachzuholen, Beth.«
»Ich habe nichts vermisst.«
Er führte die Diskussion nicht fort, und sie fluchte innerlich. Ausgerechnet Jay, der bisher stellvertretend für alle negativen Eigenschaften von Männern im Allgemeinen und im Besonderen gestanden hatte, akzeptierte sie nicht nur, sondern schien sie sogar zu verstehen. Ihre Hochbegabung hatte sie durch ihre ganze Kindheit wie eine unsichtbare Mauer begleitet und für eine unüberwindliche Distanz zu ihren Mitschülern und sogar ihren Eltern gesorgt. Und nun hatte ausgerechnet Jay kein Problem damit? Es war höchste Zeit für einen Themenwechsel.
»Habt ihr eigentlich alle so kurze Namen? Jay, Phil, Jess und jetzt Rob?«
»Du hast noch Dom und Luc vergessen. Sagen wir mal so, außer unserer Mutter mag niemand unsere richtigen Namen. Sie ist übrigens auch die einzige, die sie benutzt.« Er richtete drohend eine Gabel auf sie. »Denk nicht mal dran, Betty .«
»Zu spät, ich habe schon darüber nachgedacht, aber leider kenne ich deinen Namen nicht.«
Ehrliche Verwirrung zeigte sich auf seinem Gesicht. »Ich dachte, du hast Zugriff auf die Personalakten. Da steht er drin.«
»Dann hast du dich geirrt. Ich habe auf sämtliche Akten Zugriff und auch sämtliche Teammitglieder durchleuchtet, aber eine Ausnahme gab es. Da ließ Washington nicht mit sich reden. Du warst von Anfang an sozusagen off limits, oder anders ausgedrückt: Aus irgendwelchen Gründen bist du über jeden Verdacht erhaben.«
Seine Verwirrung steigerte sich noch, und er leerte sein Glas in einem Zug. »Das verstehe ich nicht. Wer hat das gesagt?«
»Jerry Hillmann.«
»Nach dem hattest du mich gestern gefragt, aber es bleibt dabei: Ich kenne ihn überhaupt nicht.«
»Er dich anscheinend schon.«
»Das verstehe ich nicht. Hast du ihn nach den Gründen gefragt?«
»Nur gefühlte tausend Mal, schon deshalb, weil ich mir nicht gerne vorschreiben lasse, wie ich bei meinen Ermittlungen vorzugehen habe.«
Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Eigentlich hatte sie vorgehabt, Jay schonender über ihren eigenen Auftrag zu informieren, aber jetzt war es zu spät. Wenn sie ihn richtig einschätzte, hatte er die Bemerkung sofort richtig interpretiert.
Als die Stille zwischen ihnen andauerte, legte sie ihm eine Hand auf den Arm. »Ich habe nichts anderes getan als du auch. Ich will wissen, wer dahintersteckt und ob es eine undichte Stelle im Team gibt. Komm schon, Jay, genau daran arbeitest du doch auch.«
»Es ist ein Unterschied, ob sich im Laufe von Ermittlungen ein Verdacht ergibt, den man weiterverfolgt, oder ob man von Anfang an gegen eigene Leute ermittelt.«
»Dann geh einfach davon aus, dass Washington eher als du darauf gekommen ist, dass es auch interne Probleme geben könnte.«
»Also bist du nur deswegen hier. Gehörst du zur Internen? Und heißt das, dass du nach Abschluss der Ermittlungen wieder nach Washington
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