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Je länger, je lieber - Roman

Je länger, je lieber - Roman

Titel: Je länger, je lieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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zurück.«
    »In Kanada?« Ohne dass Doktor Felsenstein auch nur eine weitere Erklärung abgab, wusste sie alles. Nur um ganz sicher zu gehen, dass sie sich hier nichts einbildete, frag te sie nach. »Handelte es sich dabei um einen Mann spanischer Abstammung, der jetzt etwa im gleichen Alter wie meine Großmutter sein müsste?«
    Der Arzt machte ein verwundertes Gesicht. »Wussten Sie bereits von diesem Parallelfall?«
    Mimi schüttelte den Kopf. »Nein, aber angesichts meiner Nachforschungen müsste es sich dabei um den Mann handeln, der meiner Großmutter damals das Herz gebrochen hat. Scheinbar hat sie allerdings auch ihm das Herz gebrochen.« Sie blickte Doktor Felsenstein ernst an. »Die beiden müssen sich sehr geliebt haben.«
    »Haben Sie diesen Mann denn gefunden?«
    »Noch nicht. Ich habe nur eine Spur.« Mimi warf einen unruhigen Blick auf ihr Handy. Die Zeit drängte. In ein paar Minuten musste sie los zum Flughafen, wollte sie ihre Maschine nach Barcelona nicht verpassen. Gleichzeitig wollte sie alles erfahren, was der Arzt wusste. »Wissen Sie denn, ob der Patient noch in Montreal lebt? Konnte ihm damals geholfen werden?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Das kann ich Ihnen leider nicht sagen, da er seine Behandlung schlagartig abgebrochen hat. Plötzlich tauchte er nicht mehr zu seinen angesetzten Untersuchungen auf.«
    »Und es wurde nicht nach ihm gesucht?« Mimi fuhr sich aufgeregt durchs Haar.
    »Ich denke nicht.« Doktor Felsenstein machte einen bedauernden Gesichtsausdruck. »Normalerweise suchen Ärzte nicht nach ihren Patienten, solange sie ihre Rechnungen bezahlen.«
    »Ja, aber wenn ein Patient mit solch einer seltenen oder bisher noch nie aufgetretenen Erkrankung des Herzens zu einem Arzt kommt, dann muss doch dem Mediziner daran gelegen sein, diesen Patienten genauestens im Auge zu behalten.«
    Jetzt lachte Doktor Felsenstein. »Ja, sicherlich! Aber der Patient ist ein freier Mensch, der gehen kann, wohin er will. Bestimmt hat der damals behandelnde Arzt – genau wie ich – eine Menge Kollegen um Rat gefragt, aber als der Patient verschwunden war, wurde die Akte weggelegt und verstaubte. Jeden Tag rücken neue Patienten nach, da…« Bevor er seinen Satz zu Ende gesprochen hatte, wurde der Arzt durch ein Piepen in seiner Kitteltasche abgelenkt. Er zog das kleine blinkende Gerät hervor und ließ es dann zurück in die Kitteltasche gleiten. »Entschuldigung.«
    »Kein Problem.« Mimi sah nachdenklich den Gang hinunter, an dessen Ende zwei Patienten in Morgenmänteln Richtung Getränkeautomat schlurften. »Bedeutet das, dass Sie keine hilfreichen Auskünfte aus Montreal bekommen und auch nicht wissen, wie die Geschichte ausgegangen ist, also, ob der Mann noch lebt?«
    »Ganz genau. Das heißt es. Aber ich dachte, vielleicht können Sie mir helfen herauszufinden, ob es sich dabei tatsächlich um den Mann handelt, den wir suchen. Sollte er noch leben, können wir vielleicht sogar zwei Herzen auf einen Schlag heilen.«
    »Er ist es zu hundert Prozent.« Mimi blickte dem Arzt direkt in die Augen. »Ich komme gerade aus Kanada, wo er bis vor zwanzig Jahren gelebt hat und von wo er plötzlich verschwunden ist. Gleich fliege ich nach Bar celona, in der Hoffnung, dort wenigstens einen Hin weis auf seinen letzten Wohnort oder Verwandte zu bekommen.« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Vielleicht besteht ja tatsächlich die minimale Chance, dass er bereit wäre, sich mit meiner Großmutter auszusöhnen. Immerhin würde sein Herz davon profitieren, wenn die Anhaltspunkte stimmen, von denen wir gerade ausgehen.«
    »Sie sollten ihn finden!« Nun wirkte der Mediziner geradezu aufgeregt. Er nahm seine Brille ab, putzte sie mit dem Zipfel seines Kittels und setzte sie dann wieder auf. »Vorausgesetzt, Sie wagen es, Ihre Großmutter noch einmal allein zu lassen.«
    »Ich werde so schnell wie möglich zurück sein. Ich möchte«, Mimi schluckte, »ich möchte, dass sie, wenn es soweit ist, in Frieden gehen kann.«
    »Dann beeilen Sie sich.« Er reichte Mimi seine riesige Hand. »Und viel Glück.«
    Der schlaksige Arzt verschwand mit wehendem Kittel den Gang hinunter, von wo eine Krankenschwester auf ihn zueilte. Und Mimi schlüpfte zurück ins dämmrige Krankenzimmer zu ihrer Großmutter, in der die Apparaturen piepsten. Sie setzte sich leise auf den Stuhl, nahm ihre Hand und flüsterte: »Jacques ist es gewesen.Nicht wahr? Ich hatte recht, und ich werde ihn finden und zu dir bringen.

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