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Je mehr ich dir gebe (German Edition)

Je mehr ich dir gebe (German Edition)

Titel: Je mehr ich dir gebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Dölling
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solle den Schuh Kolja geben.
    »Kolja?« Alles um sie herum ist milchig, blau, obwohl ihr Kopf über Wasser ist. Jemand ist unter ihr, im Wasser, kommt auf sie zu. Jonas. Er schießt wie ein Wal aus dem Wasser und lacht. Sie wird von seinem Lachen wach.
    Sie versucht, dem Klang seines Lachens so lange wie möglich nachzulauschen, aber er wird von einer Fliege übertönt, die sich hinter den offenen Fensterflügel verirrt hat und nun gegen die Scheibe klackt und summt und klackt. Blöde Fliege! Julia bewegt mit dem Fuß den Fensterflügel, endlich verschwindet die Fliege nach draußen. Jonas’ Lachen ist verklungen. Wie schade! Und was für ein seltsamer Traum! Sie ist noch ganz benommen davon. Sie hat sich selbst als alte Frau gesehen, kein Zweifel, sie hat sich erkannt. So wird sie also aussehen mit 90. Oh Gott! Jonas war auch im Wasser – jung, wie immer. Was hat das alles zu bedeuten?
    Sie gibt bei Google »Traumdeutung« ein und findet verschiedene Lexika mit 3000 oder 9000 Traumsymbolen, entscheidet sich für eines und fängt mit dem Stichwort »Kartoffeln schälen« an: Sie werden einen bescheidenen Haushalt führen, bekommt sie als Antwort und klickt sich sofort weg. Über »schwimmende Kartoffel« findet sie gar nichts. Okay, das ist bestimmt zu speziell. Auf einer anderen Seite findet sie Hinweise über Schuhe: Mit dem Hineinschlüpfen in den Schuh ist der sexuelle Akt gemeint, der Wunsch, mit einem Menschen intim zu werden. Tatsächlich weisen viele Träume von Schuhen auf ein kommendes Liebeserlebnis hin.
    Kommendes Liebeserlebnis … Aber das ist noch nicht alles: Schuhe sind generell ein Symbol für Erdung. Versuchen Sie, sich zu erinnern, um welche Art von Schuhen es sich handelt.
    Hm. Sie hat keine Ahnung. Obwohl sie den Schuh noch in der Hand fühlen kann, weiß sie nicht, wie er aussah, nur dass es kein Stoffschuh und kein Stiefel war, eben nur ein Schuh.
    Dann schaut sie mal bei »Wasser«: Jeder Traum, in dem gestautes oder abgedrängtes Wasser eine Rolle spielt, kann ein Gefahrensignal sein.
    Ein Schwimmbad symbolisiert erotische Gefühle. Und bei »Ertrinken« steht:
    Ein solcher Traum weist darauf hin, dass etwas nicht stimmt. Sie scheinen massive Probleme zu haben. Verlieren Sie nicht den Lebensmut!
    Na prima. Jetzt weiß sie noch weniger als zuvor. Wahrscheinlich kann man Träume gar nicht wirklich analysieren. Vielleicht ist das auch besser so. Hauptsache, Jonas war da und er hat gelacht und diesmal sogar mit ihr gesprochen! Auch wenn er nur gesagt hat, sie solle Kolja den Schuh geben. Bestimmt war das ein Zeichen dafür, dass er ihr vertraut und dass er seinen Segen gibt für sie und Kolja.
    Als Julia am Nachmittag im Bodyshop am Hackeschen Markt steht und eine Dose Bodybutter vom Stapel nimmt, erinnert die Dose sie an die geschälte Kartoffel aus dem Traum. Sie schraubt sie auf, riecht daran – noix de coco  –, sie kann sich daran gar nicht sattriechen, aber eincremen würde sie sich damit nicht. Ihr Lieblingsduft ist nun mal Sheabutter, just shea . Das ist auch Jonas’ Lieblingsduft. Ja, Jonas gibt ihr seinen Segen.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein?«, fragt die Verkäuferin – sie ist so alt wie sie, hat schwarze Haare. In Schöneberg würde keiner Sie zu ihr sagen, jedenfalls nicht Gleichaltrige. Aber in Schöneberg gibt es keinen Bodyshop. Und hier kann sie fremd sein, eine Touristin in der eigenen Stadt. Jonas hat mal gesagt, dass er genau deswegen in einer großen Stadt leben möchte, weil man seinen Kiez hat und außerhalb fremd sein kann. Er könne sich niemals vorstellen, in einer Kleinstadt zu wohnen. Julia hatte dem sofort zugestimmt, sich an ihn geschmiegt und sich vorgestellt, wie sie mit Jonas zusammen in Kreuzberg oder Neukölln wohnt. Die Verkäuferin schaut sie fragend an.
    »Ich hab schon gefunden, was ich suche«, sagt Julia und nimmt eine Flasche Badeschaum mit Lotusblütenextrakt. Kolja hat eine Badewanne. »Vorsätzliches Baden« hat sie im Sinn. Mal sehen, ob er sich darauf einlässt.
    Die letzten Male war nichts zwischen ihnen gewesen, nicht mal Küssen. Er sagt, er wolle sie nicht bedrängen, möchte ihr Zeit lassen. Er könne sich zurückhalten, auch wenn es ihm schwerfalle, weil sie so schön und total sexy sei. Aber er fühle sich seinem besten Freund gegenüber verpflichtet, alles dafür zu tun, damit es ihr gut gehe, und sei es, sie vor seinem eigenen körperlichen Verlangen zu schützen. Wenn sie jedoch mit ihm schlafen wolle, solle sie ein Signal

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