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Je mehr ich dir gebe (German Edition)

Je mehr ich dir gebe (German Edition)

Titel: Je mehr ich dir gebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Dölling
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ihr die Hand, ihre Stimme streichelt auch. Julia fühlt sich ganz leicht und das Bett ist auch schön weich und das Laken weiß.
    »Du bist in der Schule umgekippt. Kannst du dich daran erinnern?«, fragt Mama.
    »Ja«, sagt Julia. Aber genau weiß sie nicht, was passiert ist. Alles wurde plötzlich schwarz-weiß, dann wieder bunt – und zuletzt hat sie lauter Sternchen gesehen. Hätte sie doch nur noch ein bisschen länger dort bleiben dürfen, im Schwarz-Weiß, bei Jonas.
    Eine Krankenschwester fragt sie, wie es ihr gehe.
    »Gut«, sagt Julia.
    »Wir behalten sie noch ein Stündchen hier. Dann können Sie nach Hause.«
    Mama streichelt ihr über die Stirn.
    »Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt. In der Schule bist du nicht aufgewacht. Sie mussten einen Krankenwagen rufen.«
    »Echt? Wie lange war ich denn ohnmächtig?«
    »Eine halbe Stunde bestimmt.«
    »Ist das lang?«
    »Ich glaube schon.«
    »Ich kann mich an nichts erinnern. Wie schade.«
    »An was möchtest du dich denn erinnern?«, fragt die Schwester.
    »Ich weiß nicht«, sagt Julia. Sie will der Schwester nichts von der Schwarz-Weiß-Ebene sagen, dort, wo die Engel sind.
    Am Abend ist Julia wieder zu Hause und liegt auf dem Sofa im Wohnzimmer. Es ist wie früher, als sie noch klein und krank war. Da hatte sie auch immer auf dem Sofa gelegen und ferngesehen oder Musik gehört oder gelesen. Mama hatte ihr Vanillepudding gekocht und mit frischen Pfirsichen garniert, manchmal waren es auch Kirschen. Warmer Pudding mit kalten Früchten, danach wäre ihr jetzt auch. Mama steht auch schon in der Küche und kocht den Pudding. Papa sitzt im Sessel und blinzelt ihr zu: »Na, wie geht es dir, mein Schatz?«
    »Gut«, sagt sie. Und es stimmt. Sie fühlt sich wirklich sehr gut und sehr leicht. Als hätte sie hundert Jahre geschlafen. Aber es hat sie kein Prinz geküsst. Sie ist von allein aufgewacht, oder?
    Das Telefon klingelt.
    »Das war Kolja«, sagt Mama. »Er möchte vorbeikommen.«
    »Nein«, sagt Julia. »Ich möchte jetzt keinen Besuch. Bitte, kannst du ihm das sagen?«
    Mama ruft ihn zurück.
    »… sie schläft jetzt«, hört Julia ihre Mutter sagen. »Ja, morgen geht es ihr bestimmt besser. Sie ruft dich dann an.«
    Als sie abends in ihrem Zimmer ist, sieht es so fremd aus. Als hätte jemand umgeräumt, dabei steht noch alles an seinem Platz: das Bett am Fenster, der Schreibtisch an der Wand, der Altar mit den Mohnblumen, den Kerzen, seinem Rasierschaum. Sie sprüht ein bisschen Schaum auf den Handrücken, verreibt ihn und schnuppert daran. Hm, ja, das ist Jonas. Sie öffnet die Schreibtischschublade, schiebt das kleine schwarze Samtkästchen mit Koljas Ring an die Seite und nimmt den Umschlag mit den Fotos, hält ihn in der Hand, zieht die Fotos heraus. Ihre Finger zittern nicht. Nun hat sie Jonas vor sich. Das erste Mal, dass sie die Fotos anschauen kann. Ja, das ist Jonas. Er ist so nah und so deutlich, als wäre er wirklich da. Und er schaut sie an, sieht sie, will aber nichts sagen, fällt nicht aus dem Foto heraus, wie im Traum. Ihr kommen die Tränen – aber es sind Singtränen.
    Als ihr Handy klingelt, lässt sie vor Schreck die Fotos fallen. Annes Nummer erscheint auf dem Display.
    »Hi«, sagt Anne. »Morgen bei Fräulein Frost ?« Es ist keine Frage, eher ein Befehl.
    Julia versteht nicht gleich. Dann fällt es ihr wieder ein. Sie wollte ihr ja was erzählen.
    »Wie wäre es gegen drei?«
    »Ja, drei ist gut«, sagt Julia. Sie nimmt Jonas’ Fotos und heftet sie an die Wand. Jetzt ist er in ihrem Zimmer. Eins ist ihr nun klar: Was sie in der Schwarz-Weiß-Ebene gesehen hat, bevor sie ohnmächtig geworden ist, war sie selbst! Nicht Jonas.
    Und sie wollte was sagen. Zu wem? Zu sich selbst? – Aber was?

KAPITEL 33
    Fräulein Frost II
    Am nächsten Morgen steht Kolja vor ihrem Bett.
    »Guten Morgen, meine Süße!« Er kniet sich vor das Bett und küsst sie auf die Schläfe.
    »Ich habe Croissants mitgebracht.«
    Julia blinzelt. »Wie spät ist es denn?«
    »Gleich neun.«
    Sie muss einen Moment überlegen, es ist Samstag.
    »Wie geht es dir?«, fragt er.
    »Wie bist du hier reingekommen?«
    »Durch die Tür.« Er lacht. »Deine Mutter hat mir aufgemacht.«
    Julia gähnt und reibt sich die Augen. So verschlafen hat Kolja sie noch nie gesehen. Sie hat bis jetzt noch nicht bei ihm übernachtet. Er strahlt sie an, wie immer, sagt, so bettwarm sehe sie wunderschön aus, streicht ihr über die Haare, will sie küssen. Aber sie will

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