Je sueßer das Leben
erleichtert. »Ich nehme Visa, MasterCard und American Express.«
Die Frau schüttelt den Kopf und greift in die Windeltasche. Sie zieht einen Gefrierbeutel heraus und reicht ihn Gloria.
»Es ist nicht viel, ich weiß, es ist nur der Teig für das Freundschaftsbrot, aber es schmeckt ganz toll …« Lenora ringt um Worte.
Gloria betrachtet den Beutel mit verborgenem Widerwillen. Sie lässt sich für ihre Dienste eigentlich nicht in Naturalien entlohnen, damit kann sie nun mal nicht die Miete bezahlen, es sei denn, sie liest ihrem Vermieter aus der Hand. Abgesehen davon sieht der Inhalt des Beutels einfach ekelerregend aus.
»Tut mir leid«, setzt sie an und reicht den Beutel Lenora zurück, als plötzlich ein Bild vor ihrem inneren Auge auftaucht und sie augenblicklich zum Verstummen bringt.
Regen. Steigendes Wasser.
»Äh, ist Ihnen nicht gut?« Lenora sieht sie nervös an.
Glorias Augen öffnen sich, und sie reißt der erschrockenen Lenora den Beutel wieder aus der Hand. »Fische und Brot«, sagt sie. »Fische und Brot.«
Kapitel 18
Avalon wird überflutet vom Freundschaftsbrot der Amish. Offenbar hat jeder zweite Einwohner (nicht zu vergessen Cousin, Nachbar und Tante) einen Beutel mit Teig, den er loswerden will. Auf Kirchenfesten, bei Clubabenden, Lesekränzchen und Geburtstagsfeiern gibt es Freundschaftsbrot in Form von Blechkuchen, Laiben, Muffins, Brownies, Keksen, sogar Zimtschnecken. Es ist auch nicht so, dass die Leute keine Lust mehr darauf haben – sie sind nur langsam besorgt, dass die Zahl der Beutel in Kürze die der Einwohner von Avalon übertreffen könnte.
Heute schüttet es wie aus Kübeln. Der Wetterbericht hat für die ganze Woche schwere Regenfälle vorhergesagt, in bestimmten Landesteilen besteht sogar Flutwarnung. Es hat sich schnell herumgesprochen, dass Connies Rezepte aus dem Wash and Dry in den Teesalon umgezogen sind, so dass im Moment Madelines Wohnzimmer mit mindestens fünfzehn Frauen bevölkert ist, die angeregt miteinander plaudern, während sie die Karteikästen durchgehen und sich gegenseitig Tipps geben.
Der aufgestellte Weidenkorb quillt beinahe über vor Beuteln mit Teig in den verschiedensten Entwicklungsstadien. Der Korb war Connies Idee. Connie hat auch schnell mitgekriegt, dass die Frauen gelegentlich ganze Brote und Kuchen mitbringen, um sie zu tauschen und zu probieren, was zwar Madeline egal ist, aber nicht Connie, weil sie nicht will, dass Madeline dadurch Einbußen erleidet. Deshalb hat sie dazu eine besondere Geschäftsidee entwickelt. Im Wohnzimmer steht jetzt ein Selbstbedienungs-Teestand mit einem alten Briefkasten als Spendenbox. Sie hat eine kleine Preisliste geschrieben und in einen alten Rahmen gesteckt, auf der vorgeschlagen wird, zwei Dollar fünfzig für eine Tasse Tee oder fünf Dollar für beliebig viele zu »spenden«. Darüber hinaus stehen das jeweilige Tagesgericht und ihre beliebtesten Mitnahmeartikel auf einer alten Schiefertafel, die daneben an der Wand lehnt. Am Ende des Tages ist der Briefkasten immer bis oben hin mit Geldscheinen gefüllt.
»Wow«, sagt Hannah, während sie sich den Hals verrenkt, um von ihrem Tisch aus einen Blick ins Wohnzimmer zu werfen. Seit Hannah und Julia aus Chicago zurück sind, treffen sie sich regelmäßig hier.
»Ja, finde ich auch«, flüstert Madeline begeistert. Mehr als begeistert. Die Frauen haben den Teesalon zu einer Art Szenetreff gemacht, und das Geschäft brummt. Und sie freut sich natürlich auf die regelmäßigen Besuche von Julia und Hannah, aber schön ist auch, dass sie jetzt jemanden hat, der ihr die tägliche Last schultern hilft – buchstäblich und im übertragenen Sinne. Wenn einmal nicht so viel zu tun ist, hat sie jemanden zum Reden, und diesem Jemand ist der Erfolg des Teesalons fast ebenso wichtig wie ihr.
»Ich bin froh, dass du eine so gute Hilfe hast«, sagt Julia. Einige der eintretenden Frauen kennen Julia und begrüßen sie freundlich, aber Julia ist vorsichtig und bleibt lieber vorn bei Madeline und Hannah. Madeline versteht sie. Julia hat sich von fast allen Leuten in Avalon innerlich distanziert, wobei einige der Frauen nie mehr als flüchtige Bekannte waren.
Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, sie darauf anzusprechen, und Madeline weiß, dass der entscheidend ist. Sie selbst war nicht bereit, irgendwelche Ratschläge anzunehmen, als sie noch in ihrer Trauer gefangen war, und sie will nicht, dass Julia glaubt, sie wolle sie belehren. Julia tut ihr Möglichstes,
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