Je sueßer das Leben
Musikerin, steht auf und gesellt sich zu Madeline. »Ein bisschen Ablenkung tut mir gut.«
Madeline legt mütterlich den Arm um Hannahs Schultern. »Ich freue mich, wenn du mir in der Küche Gesellschaft leistest.« Sie wollen schon gehen, als Edie einen Schritt vortritt.
»Äh, Entschuldigung. Ich heiße Edie Gallagher, und ich würde gerne ein bisschen mehr über das Freundschaftsbrot erfahren.« Sie streckt Madeline die Hand hin. »Ich habe die Rezepte durchgesehen, und danach waren Sie die Erste in Avalon, die das Freundschaftsbrot gebacken hat. Im März.«
»War das wirklich erst im März?« Madeline denkt nach. »Das wird wohl stimmen, aber die Erste war ich nicht. Ich habe meinen Teig von dieser jungen Frau hier bekommen, von Julia Evarts.« Sie deutet zu der Frau mit den kurzen rotblonden Haaren, die noch immer sitzt. Connie kümmert sich ja eigentlich nur um ihren eigenen Kram und schnüffelt anderen nicht hinterher, aber sie hat mitbekommen, dass Julia Evarts die Mutter des kleinen Jungen ist, der vor ein paar Jahren auf so tragische Weise gestorben ist.
Edie wendet sich schnell zu Julia um und bedenkt sie mit einem falschen strahlenden Lächeln. Connie könnte kotzen. »Ach, Sie sind das! Das ist ja toll. Hätten Sie Zeit, kurz mit mir zu reden?«
Die Frau zögert einen Moment, dann schüttelt sie den Kopf. »Es tut mir leid, aber ich muss gehen.« Sie fängt an, ihre Sachen einzusammeln.
Edie gibt nicht so schnell auf. »Darf ich fragen, von wem Sie den Teig hatten?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen«, antwortet Julia. »Als ich eines Tages nach Hause kam, lag er auf der Veranda. Ein Beutel Teig und ein paar Scheiben Brot. Gracie hat ihn entdeckt.« Sie lächelt die anderen Frauen an, die bei der Erwähnung von Gracies Namen strahlen. »Wir wollten die letzte Scheibe eigentlich für Mark aufheben, aber dann habe ich sie selbst gegessen. Daher blieb uns gar nichts anderes übrig, als zehn Tage zu warten und das nächste Brot zu backen.«
»Mark ist Ihr Ehemann?« Edie schiebt sich ein wenig weiter vor, und Connie rempelt sie leicht an, so als wolle sie sagen: Bleib, wo du bist!
Julia nickt.
»Und Sie haben nie herausgefunden, von wem der Teig stammte?«, fragt Edie.
Julia zuckt die Achseln. »Ich schätze mal, er kam von einem der Nachbarn, aber es hat keiner etwas zu mir gesagt.«
»Interessant. Meinen Sie, ich dürfte Ihre Nachbarn befragen?« Edie hat einen gierigen Gesichtsausdruck. Connie würde sie am liebsten rausschmeißen.
Julia steht auf und hängt sich den Riemen ihrer großen Tasche über die Schulter. »Tut mir leid, aber ich muss jetzt wirklich meine Tochter abholen.« Sie gibt Hannah und Madeline rasch einen Kuss auf die Wange, bevor sie sich an Edie vorbeischiebt und geht.
»Und wir sollten endlich mit den Bestellungen anfangen«, sagt Madeline resolut. Sie bedeutet Hannah, ihr in die Küche zu folgen, und Connie wartet einen Moment, dann geht sie zurück ins Wohnzimmer, nachdem sie Edie noch einmal einen drohenden Blick zugeworfen hat.
Edie ist plötzlich allein. Bevor sie auch nur noch eine richtige Frage hat stellen können, sind alle verschwunden. Wahrscheinlich ist sie wieder einmal zu forsch gewesen, aber das ist doch kein Grund, ihr die kalte Schulter zu zeigen. Diese Connie führt sich auf wie ein Rowdy. Freundschaftsbrot-Rowdys. Mitten in Avalon.
Aber egal. Jetzt, da sie weiß, wo alles seinen Anfang genommen hat (unzweifelhaft bei Julia Evarts!), weiß Edie auch, wie sie die Story anpacken muss. Plötzlich ist sie müde und will nur noch nach Hause und ins Bett. Diese schreckliche Schwangerschaft saugt ihr schon nachmittags sämtliche Energie aus. Sie macht schnell ein Foto von dem leeren Teesalon, dann eilt sie hinaus.
FREUND ODER FEIND? FREUNDSCHAFTSBROT-WAHN BEFÄLLT KLEINSTADT IN ILLINOIS
Von Edith Gallagher
AVALON, ILLINOIS – Unter der überschaubaren Einwohnerschaft der Kleinstadt in Illinois ist Mundpropaganda oft der sicherste und schnellste Weg, eine Nachricht zu verbreiten. Nur eines droht gerade, sich noch schneller zu verbreiten: das Freundschaftsbrot der Amish beziehungsweise sein allgegenwärtiger zäher Teig plus Rezept.
Mittlerweile sind Sie selbst oder zumindest jemand, den Sie kennen, Opfer des Freundschaftsbrot-Wahns geworden, der seit Mitte der 1980er Jahre durch Amerika fegt und kürzlich in Nord-Illinois wiederaufgelebt ist. Das Ganze läuft folgendermaßen ab: Jemand gibt Ihnen einen Gefrierbeutel mit dem Teigansatz für das sogenannte
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