Je sueßer das Leben
Streusel zusammen. »Der Brief, der auf dem Tisch im Wohnzimmer lag. Neben dem hübschen alten Schreibkästchen, das sich Mrs. Ramirez gestern angesehen hat. Sie hat gesagt, dass sie es sofort kaufen würde, wenn Sie es einmal loswerden wollen.«
Madeline spürt, wie ihr plötzlich kalt wird, so wie wenn einem plötzlich ein eiskalter Wind entgegenbläst. »War das der, der an Benjamin Dunn adressiert war?«
»Keine Ahnung. Kann sein. Eine Adresse in Pennsylvania?«
Madeline wankt zum nächsten Stuhl und lässt sich darauffallen, dann bedeckt sie ihr Gesicht mit beiden Händen. Ihr Herz rast auf einmal.
»Hätte ich nicht … hätte ich das nicht tun sollen?« Connie wirft schnell die Schokostreusel in den Abfalleimer und geht zu Madeline. »Was bin ich doch für ein Idiot! Ich hätte Sie zuerst fragen sollen. Ich dachte, Sie haben ihn versehentlich dort liegen lassen …«
Madeline kann sich gut vorstellen, was passiert ist. Sie hat den Brief die ganze Zeit über in dem Walnussholzkästchen aufbewahrt und bei dem ständigen Kommen und Gehen im Wohnzimmer nicht mehr daran gedacht. Sie hatte vergessen, ihn irgendwo zu verstauen, wo er sicher war. Mrs. Ramirez musste ihn herausgenommen haben, als sie sich das Schreibkästchen ansah.
Connie ärgert sich fürchterlich über sich selbst, und Madeline legt eine Hand auf ihren Arm, um sie zu beruhigen. »Das macht nichts, Connie. Ich hätte ihn nicht im Wohnzimmer liegen lassen sollen. Ich habe einfach nicht mehr daran gedacht.«
»Werden Sie deswegen Probleme bekommen? Ich werde die Verantwortung dafür übernehmen, Madeline. Ich werde dem Betreffenden sagen, dass es meine Schuld ist.« Connie ist den Tränen nahe. Sie tut Madeline leid, das liebe Mädchen.
Sie streicht Connie über die raspelkurzen Haare. Sie wäre so hübsch, wenn sie sich eine nette Frisur machen lassen, sich anders anziehen und vielleicht ein wenig schminken würde. Sie reden nicht oft über Connies Familie – Madeline spürt, dass es ein sensibles Thema für sie ist, und will es nicht von sich aus ansprechen. Connie bemüht sich so sehr, etwas aus ihrem Leben zu machen, und scheint lieber an die Zukunft als an die Vergangenheit zu denken. Vielleicht sollte sie dasselbe versuchen. »Niemand ist schuld daran«, versichert sie ihr.
Jetzt ist der Brief also zu Ben unterwegs. Madeline verspürt plötzlich keine Panik mehr, sondern sogar ein wenig Hoffnung. Vielleicht wird er ja anrufen. Vielleicht können sie sich irgendwo treffen, in Chicago zum Beispiel oder in Philadelphia. Sie wäre sogar bereit, zu ihm zu fliegen. Wenn er Hilfe braucht, würde sie für ihn da sein. Vielleicht hat er ja auch Lust, nach Avalon zu kommen, um sich den Teesalon anzusehen. Wahrscheinlich mag er keinen Tee, aber das ist egal. Sie können irgendwo anders hingehen.
»Gibt es denn noch etwas zu tun, Madeline? Ich werde nichts mehr machen, ohne vorher zu fragen.« Connie sieht elend aus. »Ich bin so dumm.«
»Seien Sie nicht albern«, sagt Madeline. »Sie sind wahrscheinlich eine der klügsten Frauen, die ich kenne. Jedenfalls klüger als ich. So, und jetzt backe ich einen Schokoladenkuchen. Wollen Sie mitmachen? Gut. Dann helfen Sie mir erst einmal auf die Beine.«
Oma Frank, 68
Teilzeit-Sprechstundenhilfe in einer Zahnarztpraxis
Oma Frank glaubt nicht, dass alles, was passiert, einen Grund hat. Es gibt Glück und Pech, und das war’s eigentlich auch schon.
Ihr Mann Norman ist da ganz anders. Der ehemalige Schullehrer glaubt, dass jedem Ereignis ein höherer Zweck zugrunde liegt. Die beiden diskutieren beim Abendessen über solche Dinge und tauschen sich über die Geschichten und Gerüchte aus, die sie tagsüber aufgeschnappt haben.
Oma: »Die arme Maureen Nyer hat ihre Stelle im Friseursalon verloren. Diese Wirtschaft kostet viele gute Menschen ihren Job, und wir alle müssen dann dafür geradestehen. Es ist ein Skandal.«
Norman: »Wollte Maureen nicht sowieso kündigen? Ich erinnere mich, dass sie gesagt hat, sie will mehr Zeit fürs Häkeln haben. Du hast selbst gesagt, dass sie weit und breit die schönsten Decken und Lätzchen macht. Jetzt hat sie wenigstens Zeit dafür, vielleicht kann sie die Sachen ja gegen gutes Geld verkaufen. Die Glückliche!«
Oder:
Oma: »Mr. Gilbert müssen sämtliche Zähne gezogen werden. Seine Parodontose ist wirklich schlimm. Dr. Tindell wollte, dass ich ihm die schlechte Nachricht überbringe. Er hat angefangen zu weinen.«
Norman: »Oje, der Arme. Hoffentlich machen
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