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Je sueßer das Leben

Je sueßer das Leben

Titel: Je sueßer das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darien Gee
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Freundschaftsbrot, und warum zirkuliert es in der Stadt? Wichtiger noch, wie zirkuliert es in der Stadt?
    »Was soll ich noch schreiben?«, fragt Livvy.
    Edie merkt, dass die Umstehenden angefangen haben, wild durcheinanderzureden. »Einen Moment noch, Livvy.«
    »Ich kann dieses Zeug nicht leiden«, sagt eine Frau. »Eine Kollegin versucht ständig, mir was davon anzudrehen.«
    »Wirklich? Also ich mag Freundschaftsbrot!«, erklärt eine andere. »Ich backe zweimal im Monat zwei Brote. Meine Kinder können gar nicht genug davon kriegen.«
    »Ich finde, die Küche riecht so gut, wenn man es backt.«
    »Laut Rezept soll man den Teig ja bei Zimmertemperatur gehen lassen. Ob das nicht gesundheitsschädlich ist? In dem Teig ist schließlich Milch!«
    »Das ist doch ein Sauerteig«, erwidert jemand gereizt. »Er soll gären.«
    »Was ist denn dieses Freundschaftsbrot?«, fragt wieder ein anderer. »Wo bekommt man es?«
    Während die Leute um sie herum reden und diskutieren, erklärt Edie Livvy, sie soll das Ganze vergessen. Ein falscher ABC -Alarm ist keinen Artikel wert, und die Fernsehjournalisten berichten ohnehin darüber. Außerdem hat sie einen Einfall für etwas Besseres.
    Etwas viel Besseres.
    Als Hannah vom Einkaufen nach Hause kommt, blinkt der Anrufbeantworter. Sie lässt sich Zeit, verräumt die Einkäufe und summt dabei das Impromptu op. 78 von Sibelius. Vielleicht sollte sie zuerst ein wenig Cello spielen, bevor sie ihre Nachrichten abhört. Sie vermisst das Spielen und vermisst es gleichzeitig auch wieder nicht. Auf halbem Weg ins Musikzimmer überlegt sie es sich anders und steuert zuerst das Wohnzimmer und dann die Küche an, wo es bestimmt etwas zu tun gibt.
    Auf der Digitalanzeige des Anrufbeantworters blinkt eine 2. Zwei Nachrichten. Bestimmt von Philippe. Sie ist zwar neugierig, hat aber Angst, dass er ihr die Laune verderben oder, schlimmer noch, sie um einen Rückruf bitten könnte. Hannah hatte schon immer Schwierigkeiten, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen, erst recht am Telefon. Wenn Philippe etwas zu sagen hat, dann soll er nach Avalon kommen und es ihr von Angesicht zu Angesicht sagen.
    Sie holt sich ein Glas Wasser und eine Scheibe Freundschaftsbrot. Es ist mit Zucchini, Hannah hat das Rezept im Internet entdeckt. Die erste Partie war zu feucht gewesen und musste doppelt so lange im Ofen bleiben. Hannah war nahe dran, Madeline anrufen, als sie auf die Idee kam, Joy of Cooking zu Rate zu ziehen, wo sie las, dass man Zucchini nach dem Reiben entwässern sollte. Hannah nahm einen zweiten Beutel Teig und versuchte es noch einmal, dieses Mal mit mehr Erfolg.
    Jetzt hat sie also vier Laib Zucchinibrot und zwei Beutel Teig und ist hochzufrieden.
    Na ja, nicht ganz. Hannah wünschte, sie wäre nicht allein, ihr Mann wäre bei ihr und würde sie noch lieben. Plötzlich wird ihr bewusst, wie trostlos ihre Situation ist. Wenn er sie darum bitten würde, würde sie ihn sofort zurücknehmen, trotz allem, was er getan hat und gerade tut.
    Dadurch fühlt sie sich noch schlechter. Hannah weiß, dass so etwas nur Frauen ohne Rückgrat tun, die Angst vorm Alleinsein haben, und wenn sie ehrlich ist, dann trifft diese Beschreibung genau auf sie zu. Sie ist einfach keine dieser Superfrauen, von denen man immerzu liest – Frauen, die ein eigenes Geschäft aufbauen, mutige Entscheidungen treffen, Risiken eingehen. Sie ist klug, daran zweifelt sie nicht, aber sie verfügt nicht über die Furchtlosigkeit, die diese Art Frauen scheinbar auszeichnet. Sie ist bloß Hannah, eine Frau mit einem musikalischen Talent, eine Frau, deren Ehe womöglich gescheitert ist. Und sie hat keine Ahnung, was sie tun soll.
    Hannah wünschte, ihre Mutter würde noch leben. Sie hätte ihr einen Rat geben können und dafür gesorgt, dass sie nicht in Panik gerät. Ihre Mutter war keineswegs der mütterliche Typ – sie war eher pragmatisch und äußerst effizient –,aber Hannah weiß, dass ihre Mutter sie geliebt hat, und dieses Wissen reicht, um Hannah Mut für den nächsten Schritt zu machen.
    Ihre Eltern waren so wie alle anderen chinesischen Eltern – sie setzten ihren Kindern ehrgeizige Ziele, drängten sie so lange, bis sie diese erreicht hatten, und gaben sich mit keinen halben Sachen zufrieden. Es gab keine Diskussion oder freie Entscheidung – man tat es einfach. Besonders ihr Vater erwartete von ihnen, dass sie Höchstleistungen erbrachten. Hannahs Mutter war nicht ganz so verbissen und sorgte dafür, dass in ihrer ernsten

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