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Je sueßer das Leben

Je sueßer das Leben

Titel: Je sueßer das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Darien Gee
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Menge mit all den vertrauten Gesichtern bahnt, die sie herzlich begrüßen und sich nach ihrem Befinden erkundigen. Sie weiß, dass die Leute sich freuen, sie zu sehen, und obwohl sie gerne ein paar Worte mit ihnen wechselt, zögern sie doch nur die Begegnung mit ihrem Mann hinaus. Als sie ihn endlich sieht, weiß sie auch, warum.
    Es ist Janet Vandesteeg, die Geigerin. Sie war auf der Juilliard School in der Klasse unter Hannah und unterrichtet inzwischen Geige für Orchester an der Northwestern. Hannah hat die beiden sogar miteinander bekannt gemacht, als Philippe zum Chicago Symphony Orchestra stieß. Das war eindeutig ein Fehler in Anbetracht dessen, wie Janet die Arme um ihren Mann legt.
    Janet und Philippe küssen sich. Es ist keines dieser französischen Begrüßungs- oder Abschiedsküsschen. Es ist ein verliebter, leidenschaftlicher, intimer Kuss. Es ist ein Kuss mit dem ganzen Körper, der völlig fehl am Platz ist, ekelhaft, und dennoch kann sich Hannah nicht abwenden. Sie braucht einen Moment, bis sie ihre Stimme wiederfindet, zuerst flüsternd, dann lauter. »Philippe!«
    Endlich hört Janet sie. Schnell löst sie sich aus der Umarmung und tritt einen Schritt zurück. Verlegen murmeln die anderen Musiker Entschuldigungen oder gehen einfach wortlos. Innerhalb von Sekunden ist der Raum praktisch leer. Mit finsterem Blick tritt Philippe auf Hannah zu.
    Hannah ist erstaunt, dass Janet genug Mumm hat, um zu bleiben, und starrt sie beinahe gegen ihren Willen an. Janet war einmal ebenso flachbrüstig wie Hannah, die Probleme hat, Körbchengröße B zu füllen. Und auf einmal hat Janet eine Figur wie ein Pin-up-Girl mit Brüsten, die ihr fast aus dem Ausschnitt springen. Sie hat auch irgendetwas mit ihren Haaren angestellt – sie glänzen und wellen sich leicht, wie in der Shampoowerbung. Vielleicht versucht sie ja auch Lauren Bacall zu imitieren, leicht verrucht, verführerisch, geheimnisvoll. Hannah kommt zu dem Schluss, dass sie jedes Recht hat, sie aus tiefstem Herzen zu hassen.
    »Hannah!« Philippe spricht leise, aber seine Stimme scheint den ganzen Raum zu füllen. »Was tust du hier?« Er stellt sich zwischen sie und Janet, so dass sie den Hals recken muss, um sie zu sehen. Janet tut so, als würde sie etwas an der Decke betrachten.
    »Ich will mir dir reden«, sagt Hannah. Sie sieht ihren Mann an, versucht sich in Rage zu bringen. Er betrügt sie! Mit Janet! Sie wusste, dass er untreu ist (so naiv ist sie nicht, dass sie die Frau, die damals ans Telefon gegangen ist, für die Putzfrau gehalten hätte), und doch steht sie hier, vor ihm – vor ihnen beiden – und will mit ihm reden.
    Wach endlich auf, Hannah!
    Lächerlicherweise kehrt Philippe den Beleidigten heraus. »Jetzt ist nicht die richtige Zeit, Hannah. Ich habe gerade ein Konzert gespielt, verdammt noch mal.« Seine Stimme klingt schroff. »Geh nach Hause. Ich ruf dich morgen an.« Er nimmt sie am Ellbogen und führt sie zur Tür.
    »Wo ist denn zu Hause?«, fragt sie. »Meinst du die Wohnung?«
    Janet reißt den Kopf herum, und Philippe sieht sie finster an, also nein.
    »Ach so«, sagt Hannah gedehnt. »Du meinst Avalon.«
    »Hannah …«
    »Hör auf, in diesem Ton mit mir zu reden, Philippe.« Sie funkelt ihn an, und er weicht einen Schritt zurück, so hat sie noch nie mit ihm gesprochen. »Es reicht jetzt. Ich weiß gar nicht, warum ich mir das die ganze Zeit gefallen ließ.« Sie will lachen, aber es kommt nur ein ersticktes Krächzen heraus. »Als du gesagt hast, ich soll dir vertrauen, habe ich dir vertraut. Als du gesagt hast, es würde alles gut werden, habe ich genickt. Als du gesagt hast, du würdest in der Stadt bleiben, weil die Fahrt zu umständlich ist – da habe ich was getan? Ich habe dir geglaubt. Weil du mein Mann bist und weil du mir versichert hast, dass du mich liebst. Und ich habe dich geliebt. Aber damit ist es vorbei.« Hannah fühlt sich plötzlich stark und selbstbewusst. Philippe wirkt nicht mehr bedrohlich, er wirkt nur noch lächerlich.
    Er greift nach ihrem Arm, aber sie schüttelt seine Hand ab. »Komm doch mal zum Abendessen«, ruft sie Janet zu. »Ich mache ein super Boeuf Bourgignon!« Sie dreht sich zu Philippe. »Mit Wasserkresse-Birnen-Salat. Köstlich.«
    Philippe seufzt. Hannah sieht, wie eine Ader an seiner Schläfe anschwillt, und würde ihm am liebsten einen gezielten Kung-Fu- oder Karateschlag verpassen. Aber sie kann kein Kung-Fu. Sie kann überhaupt keinen Sport.
    »Geh einfach, Hannah.« Philippe

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