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Jede Sekunde zählt (German Edition)

Jede Sekunde zählt (German Edition)

Titel: Jede Sekunde zählt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lance Armstrong , Sally Jenkins
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von entscheidender Bedeutung sein. Die Berge waren der Teil der Tour, in dem das Feld aussortiert wurde, in dem die wirklich starken Fahrer nach vorne kamen. Die erste Bergetappe dieser Tour ging hinauf nach L’Alpe d’Huez, eine der legendärsten und grausamsten Bergstrecken Frankreichs.
    Die Etappe führte über 210 Kilometer und insgesamt 1820 Höhenmeter über drei hors de catégorie gewertete Berge, Anstiege also, die in keiner Schwierigkeitskategorie mehr erfasst wurden. Die ersten beiden Anstiege waren sozusagen die Einstimmung auf L’Alpe d’Huez, einen steilen, 19,3 Kilometer langen Anstieg mit 21 Kehren.
    Ich wollte L’Alpe d’Huez gewinnen. Der Anstieg gehört zu den berühmtesten und geschichtsträchtigsten der Tour de France. Er ist nicht sehr lang, aber sehr steil. Die 21 Kehren sind ausnahmslos durchnummeriert, und hinter jeder Nummer steht der Name eines früheren Siegers. Ein Anstieg für Radsportbegeisterte.
    Leider waren wir als Team nicht gerade in bester Verfassung. Wir hatten eine harte erste Woche mit viel Regen und ständigem Seitenwind hinter uns. Christian war ausgeschieden. Roberto litt unter einer Sehnenentzündung am Knie, das dick bandagiert war, Tyler Hamilton war auf der Etappe nach Antwerpen gestürzt und hatte vom Handgelenk aufwärts im gesamten linken Arm entzündete Sehnen. Alle, die nicht verletzt waren, hatten Schmerzen und fühlten sich müde. Wegen des ständigen Windes hatte man keine Chance, sich auf dem Rad kurz auszuruhen, und langsam, aber sicher nagte das an der Substanz. Die Anstrengungen der Tour wirken kumulativ; jeder Tag nimmt dir ein bisschen mehr von den Beinen.
    Angesichts so vieler Fahrer im Team, die verletzt waren oder sich nicht in Form fühlten, kamen uns Zweifel, wie wir diese drei Anstiege überstehen würden. Ich fühlte mich gut – aber ich konnte nicht die ganze Zeit über alleine vorne fahren und dann noch hoffen, etwas für L’Alpe d’Huez übrig zu haben.
    Ullrichs Team Deutsche Telekom dagegen wirkte bis zum letzten Mann stark und gesund – und dazu kam noch, dass mein alter Freund Kevin Livingston Ullrich die Berge hochziehen würde.
    An diesem Morgen übernahmen Ullrich und sein Team die harte Führungsarbeit vorne an der Spitze des Pelotons. Wir hielten uns im Hintergrund und sparten Kräfte. Manchmal muss man Flexibilität beweisen und einen anderen als den gewohnten Fahrstil fahren.
    Über Funk gab ich Johan Bescheid, dass ich zurück zum Begleitwagen kommen wollte. Johan gab Gas, und ich ließ mich zu ihm hinüberdriften. Während wir nebeneinander her fuhren, besprachen wir unser weiteres Vorgehen. »Vielleicht ist es gut, wenn du ein wenig Schwäche zeigst«, schlug Johan vor. »Wenn sie glauben, du wärst nicht in Form, ziehen sie an. Wir lassen es bis zum Fuß von L’Alpe d’Huez langsam angehen. Und dann legen wir los.«
    Im Grunde lief Johans Strategie auf einen Bluff hinaus. Indem ich Müdigkeit markierte, sollte sich das Team Deutsche Telekom dazu verleiten lassen, sich beim Versuch, mich abzuhängen, konditionell zu übernehmen. Das bedeutete, dass ich den Großteil des Tages nicht nur Rad fahren, sondern auch schauspielern musste. Sollte die Taktik aber aufgehen, würden sich, da waren wir uns sicher, unsere Chancen auf den Etappensieg erheblich verbessern.
    Pflichtschuldig hing ich auf dem Weg hinauf auf den ersten Gipfel, den Col de la Madeleine, tief über meinem Lenker und schnitt Grimassen. Die erste Bergetappe ist jedes Mal ein Schock für den Körper, und Fahrer, die nicht in Bestform sind, können zusammenbrechen. Auf halbem Weg den Madeleine hinauf stiegendrei Fahrer aus. Sie fuhren einfach an den Straßenrand und gaben auf. Ich tat so, als würde ich es ihnen demnächst gleichtun. Ich hielt mich am Ende des Pelotons, führte mich auf wie ein geprügelter Hund und ließ den Kopf so tief hängen, als wünschte ich überall, nur nicht im Sattel eines Rades zu sitzen. Die anderen Fahrer begannen sich zu fragen, ob ich krank sei, und dasselbe taten auch die Sportreporter, die das Rennen im Fernsehen kommentierten. Selbst meine eigenen Teamkameraden beschlich eine leise Unruhe.
    Jedes Team hat seinen eigenen Begleitwagen mit einem Fernsehgerät, auf dem die Sportreporter das Rennen aufmerksam verfolgten und den Kommentaren der anderen Teams lauschten. Später machten wir uns einen Spaß daraus, uns die Aufzeichnung der Etappe anzusehen und den Sportreportern zuzuhören. Mein Freund Paul Sherwen, der die Tour für das

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