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Jeder Augenblick ist ewig: Die Gedichte (German Edition)

Jeder Augenblick ist ewig: Die Gedichte (German Edition)

Titel: Jeder Augenblick ist ewig: Die Gedichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Konstantin Wecker
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Ordnungen sind,
    wie sprunghaft die Schuld ist,
    lieber Gott,
    du kannst ja gar kein Rächer sein
    und schon gar kein Moralist.
    Eigentlich hast du zuerst mal
    immer verdammt viel mit mir zu tun.
    Und du kannst warten.
    Ewigkeiten fließen durch dich hindurch
    und du wartest einfach.
    Schreibst keine Romane,
    hörst nicht mal Gustav Mahler an,
    drückst dich in der Straßenbahn nie an Mädchen,
    was, Gott,
    wenn ich nicht wäre?
    Hab ich recht,
    stirbt was an dir,
    wenn ich aufgebe?
    Du nimmst mich doch böse und gut,
    grausam und mildtätig,
    Hauptsache,
    ich bleib am Ball.
     
    Ich würde gern mal mit dir
    einen Nachmittag lang durchs Universum fliegen,
    aber lass mich wieder zurück.
    Ich habe noch so viel zu erledigen hier unten,
    bin wohl noch nicht ganz fertig.
    Will im August in die Toskana,
    habe noch eine Menge Musik zu machen,
    muss ein paar Leuten auf die Zehen treten,
    meine Leber hält auch noch einiges aus,
    und lieben will ich,
    lieber Gott,
    lieben, bis mir das Fleisch von der Seele fällt.
    Haben das deine Engel mal so gemacht?
     
    Wahrscheinlich muss mich erst wieder
    die Ewigkeit streifen
    in irgendeinem Pissoir,
    bis wir wieder mal miteinander plaudern.
    Aber wir haben ja Zeit.
    Werde bis dahin versuchen,
    schön chaotisch zu bleiben,
    Gesetze zu brechen
    und der Macht aus dem Weg zu gehen,
    das ist mir Moral genug.
    Und nur unter diesem Gesichtspunkt
    sollten wir’s weiter miteinander
    versuchen.
    Will mich nicht messen mit dir.
    Will auch nicht in die Knie sinken.
     
    Drück mir die Daumen
    und schäm dich nicht, vorbeizuschauen,
    wenn ich traurig bin.
    Das habe ich nämlich schon lange rausgekriegt:
    Ihr Götter könnt nicht weinen
    und müsst durch unsere Tränen stark werden.
    Lass mich nicht fallen,
    lieber Gott.
    Vier Sonette an einen herrenlosen Hund
     
    I
     
    Auch dich quält manches. Auf der Hut
    vor Steinen, Kälte, Kinderscherz,
    bist du wie ich so voll von Blut,
    nicht frei von Leiden. Nur dein Schmerz
     
    ist momentan. Die Schüssel Fraß,
    die ich dir vor die Türe legte,
    entschädigte im Übermaß
    und ließ vergessen. Mich bewegte
     
    dein festes Stehn im Augenblick.
    So ruhend kann ich niemals sein.
    Bist du die bessre Kreatur?
     
    Du wartest nicht auf Sinn und Glück,
    hebst, wenn es dringlich ist, ein Bein
    und bist dir selbst genug Kultur.
     
    II
     
    Wer sonst, wenn nicht die Herrenlosen,
    Verachteten, Getretenen,
    soll fähig sein zu neuen Losen,
    zum Weiter. Nur die Ungebetenen
     
    können die nötige Verwirrung schaffen.
    Du beißt (auch scheinbar ohne Grund),
    verschwendest dich (anstatt zu gaffen)
    und bist ganz einfach da und Hund.
     
    Ein Schnuppern, ein Zur-Seite-Weichen,
    ein Springen, nirgendshin gerichtet,
    genügt schon. Kann dich weitertreiben.
     
    Du sprichst mit Winden und mit Teichen
    und nichts hat Klang, was mehr verpflichtet
    als immer Kreatur zu bleiben.
     
    III
     
    Oft wenn du voller Wichtigkeit
    nach interessanten Spuren gehst
    und fiebernd und wie aus der Zeit
    dann plötzlich deine Schnauze drehst,
     
    weil irgendein Genosse bellt
    und du, zu jedem Spaß bereit
    (es wird sich rausstellen, ob’s gefällt)
    so offen bist, so Sinnlichkeit,
     
    dann würd ich gern für ein paar Stunden
    mit in dein Hundeleben ziehen
    und auch aus deinen Wurzeln trinken,
     
    um mich ein wenig aufzurunden,
    nicht um aus meiner Welt zu fliehen,
    sondern um einmal restlos zu versinken.
     
    IV
     
    Wenn ich dich manchmal wiederseh,
    zufällig beim Spazierengehen,
    begrüßt du mich. Fast tut es weh,
    dich nicht als
meinen
Hund zu sehen.
     
    Auch du hast sicher dran gedacht,
    mit einem Herrn nach Haus zu gehen,
    treu aufzupassen in der Nacht
    und folgsam deinen Hund zu stehen,
     
    doch lass uns lieber dann und wann
    beschnuppern und zusammen spielen,
    nach Ungewissem Ausschau halten,
     
    und jeder darf so, wie er kann
    und nur nach seinen eignen Zielen
    stehen bleiben oder sich gestalten.
    Fragwürdiges Sechs unordentliche Elegien
     
    I
     
    Fragwürdig wird das immer bleiben:
    Heldenepen,
    poetische Ballungen,
    Erleuchtungen durch den Heiligen Geist,
    Dichterqualen,
    dann schon lieber
    My Sweet Lord zum Schunkeln
    oder die Kindertotenlieder als Reggae,
    selbst Fausts Himmelfahrt bereinigt nicht alle Zweifel,
    man steckt eben noch ganz schön tief drin.
     
    Da muss schon was Handfestes, Bleibendes herhalten.
    Bevor nicht das letzte Staubkorn
    vom Tisch der Wüsten verschwindet,
    wird gebohnert und gesäubert,
    gebürstet und bereinigt,
    und die

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