Jeder Kuss ein Treffer
verstehen.«
»Niemand darf auf die andere Seite des Bandes.«
»Wollen Sie mich vielleicht verpfeifen?«, fragte Destiny mit gleichgültiger Stimme.
»Vielleicht zerstören Sie Beweise.«
Destiny lachte. »Wenn diese Bauerntrampel bis jetzt noch nichts gefunden haben, dann ändert sich das auch nicht mehr.«
»Und warum glauben Sie, Sie könnten was finden?«
»Weil ich andere Methoden habe.«
Erdle legte den Kopf zur Seite und betrachtete Destiny. »Tevis meint, Sie sind total verrückt.«
»Das sagt er nur, weil ich ihm immer den Wind aus den Segeln nehme, wenn er wieder mal nicht weiterkommt und gezwungen ist, sich an mich zu wenden. Und weil ich nicht mit ihm ins Bett gehe. Stellen Sie sich das mal vor!«
»Sie haben also tatsächlich Signale aus dem Jenseits bekommen?« Die Art, wie Erdle das fragte, ließ erkennen, dass er nicht an Destinys Fähigkeiten glaubte.
Sie schüttelte den Kopf. »Hier sind schon zu viele Leute rumgelaufen, da habe ich kaum noch Chancen, etwas wahrzunehmen. Lamar hätte mich als Erstes heranlassen sollen.« Sie schaute Erdle an. »Haben Sie eine Idee, wer Charles Fortenberry umgebracht haben könnte?«
»Selbst wenn ich es wüsste, würde ich es nicht sagen. Ich bin der Meinung, der Kerl hat genau das bekommen, was er verdient hat.«
FÜNF
Es war schon spät, als Wes auf die Veranda trat und in seine Jeansjacke schlüpfte, um sich vor der abendlichen Kälte zu schützen. Das Mondlicht fiel durch die Äste und erhellte die Umgebung gerade so weit, dass er jemanden in der Korbschaukel sitzen sah. »Annie?«
»Ich kann nicht schlafen.« Sie kuschelte sich enger in ihren Frotteebademantel und zog die Decke um ihre Schultern.
»Ich auch nicht.« Wes kam zu ihr herüber. »Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
Annie rückte zur Seite, er nahm Platz. »Soll ich Ihnen eine Tasse heiße Schokolade machen?«, erbot sie sich. »Manchmal hilft mir das beim Einschlafen.«
»Haben Sie nicht irgendwann mal Pause?«
Im Mondlicht konnte Annie Wes‘ markantes Gesicht und die ihm eigene Kopfhaltung sehen, die ihm eine gewisse Zuversicht verlieh. Das gefiel ihr an ihm. Das und die eindringlichen, aufmerksamen Augen, die nicht nur von seiner Intelligenz kündeten, sondern Annie auch das Gefühl gaben, dass er immer alles unter Kontrolle hatte. »Ich kümmere mich gerne um das Wohlergehen meiner Gäste«, sagte sie.
»Ach, ja?«
Sie musste ihn nicht ansehen, um zu wissen, dass er grinste. »Das hat natürlich seine Grenzen«, sagte sie und konnte nicht anders, als ebenfalls zu lächeln.
»Ich glaube, seit ich eingezogen bin, haben Sie sich nicht länger als zehn Minuten lang ausgeruht. Sie sind immer auf Trab.«
»Es ist sehr aufwändig, dieses Haus zu führen.«
»Was machen Sie denn, wenn Sie mal entspannen wollen?«
»Manchmal gehe ich mit Danny ins Kino.«
»Ist er Ihr Freund?«
»Danny?« Annie schmunzelte. »Nein, wir sind nur befreundet. Ich kenne ihn schon ewig.«
»Er wirkt sehr besitzergreifend.«
»Ja.« Sie wollte Wes nicht erzählen, dass Danny es manchmal übertrieb, dass er sich oft aufdrängte, wenn sie seine Hilfe gar nicht brauchte. »Er war für mich da, als meine Ehe den Bach runterging. Ich weiß nicht, was ich ohne ihn getan hätte.«
»Vielleicht wäre er aber gerne Ihr Freund«, warf Wes ein.
Annie bemerkte den neckenden Unterton in seiner Stimme. Sie lachte. »Danny wäre der Erste, der Ihnen erklärt, dass ich keinen Freund will.«
Wes nickte nachdenklich. »Wieso haben Sie dann diesen Charles überhaupt geheiratet? Ich sage es ja nicht gerne, aber es hört sich an, als wäre er ein Vollidiot gewesen.«
Annie schaute Wes ins Gesicht. »Sie stellen ganz schön viele Fragen, wissen Sie das?«
»Ich war schon immer neugierig. Sie können mir ja sagen, dass ich mich um meinen eigenen Kram kümmern soll.«
Annie zuckte mit den Achseln. »Charles konnte sehr charmant sein, wenn er wollte. Deshalb war er auch so erfolgreich als Immobilienmakler.« Sie wollte Wes nicht erzählen, wie einsam und verletzlich sie gewesen war, als sie Charles kurz nach dem Tod ihrer Großmutter kennenlernte. Annie wollte ihm nicht ihre Wünsche offenbaren, ihm nicht erzählen, dass sie seit ihrer Kindheit von einer großen Familie träumte. Diese Dinge behielt sie lieber für sich. »Es funktionierte einfach nicht«, sagte sie schließlich. Es klang so dahergesagt, doch in Wahrheit war es alles andere als leicht gewesen.
»Sie waren nicht lange verheiratet.«
»Zwei
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