Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition)

Titel: Jedes Kind ist hoch begabt: Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerald Hüther , Uli Hauser
Vom Netzwerk:
anfassen und in den Mund stecken. Das Kind will sich umdrehen und krabbeln, sich aufrichten und laufen und seine Wünsche und Bedürfnisse so ausdrücken, dass es verstanden wird.
    Aber es ist wichtig, dass das Kind dafür Vorbilder hat. Wäre niemand da, der schon auf zwei Beinen gehen und sprechen kann, der singt, tanzt, schwimmt oder im Garten herumtollt, würde kein Kind all das lernen können. Es ist gut, dass es im Gehirn diese wunderbaren Spiegelneuronen gibt, mit deren Hilfe jeder Mensch in der Lage ist, sich bestimmte Bewegungsmuster und Verhaltensweisen von anderen abzuschauen und so gut nachzuvollziehen, dass sich die für diese Leistungen verantwortlichen Vernetzungen der Nervenzellen bereits herauszubilden beginnen, bevor es diese Bewegungen und Handlungen selbst ausführt.
    Damit all das auch wirklich gelingt, muss jemand da sein, der dem Kind wichtig ist. Mit dem es sich emotional eng verbunden fühlt. Jeder Lehrer macht die Erfahrung, dass Schüler umso besser seinem Unterricht folgen, je mehr sie sich mit ihm verbunden fühlen. Weil dieses Bedürfnis nach Verbundenheit tief in ihrem Gehirn verankert ist, entwickeln Kinder einen so beeindruckend starken Willen, sich Schritt für Schritt all das anzueignen, was diejenigen, die ihm wichtig sind, schon können.
    Wer bisher besonders erfolgreich war und sich eine neue Fähigkeit nach der anderen angeeignet hat, erwartet, dass es so weitergeht. Kleinen Kindern geht es da nicht anders als Erwachsenen. Nur verstehen wir Erwachsenen nicht immer, was ein kleines Kind zu einem bestimmten Zeitpunkt seiner Entwicklung gerade besonders begeistert, wenn es mit großem Enthusiasmus eine bestimmte Absicht verfolgt. Und die passt nicht immer zu den Absichten, die wir als Eltern oder Erzieher gerade haben. Dann ruft es laut: » Alleine machen«. Wehrt sich, wenn Vater oder Mutter ihm bei etwas helfen wollen, was es selbst lernen will. Wenn zum Beispiel die Schnürsenkel der Schuhe gebunden werden müssen, weil es höchste Zeit ist, sich auf den Weg zum Kindergarten zu machen. Spätestens dann begreift man, was Eigensinn ist.
    So unbequem kindlicher Eigensinn für uns Erwachsene gelegentlich auch sein mag, so gefährlich ist es, ihn zu brechen. Er ist ja zunächst nichts anderes als ein Ausdruck der wiederholt gemachten Erfahrung eines Kindes, dass es durch Beharrlichkeit, mit der es bisher seine Ziele verfolgt hat, auch wirklich in der Lage war, sich eine neue Fähigkeit nach der anderen erfolgreich anzueignen. Deshalb will es diese Leistungen weiter einsetzen und sich selbst und anderen zeigen, was es schon kann. Wenn es nun erleben muss, dass es damit Ärger verursacht, Ungeduld erzeugt oder gar abgelehnt wird, muss es versuchen, dieses Bedürfnis zu unterdrücken. Damit unterdrückt es aber nicht nur die Ausführung einer im Moment als unerwünscht erlebten Handlung. Es muss auch den eigenen Willen unterdrücken, der dieser Handlung zugrunde liegt. Dieser eigene Wille ist jedoch nicht nur der Auslöser dieser einen Handlung, sondern Grundlage jedes Handelns und vor allem der Lust am eigenen Handeln, sogar der Lust am eigenen Entdecken und Gestalten und dem Ausprobieren und Einüben neuer Fähigkeiten.
    Deshalb kann ein Kind diesen eigenen Willen auch gar nicht unterdrücken, ohne sein Grundbedürfnis nach eigenen Gestaltungsmöglichkeiten und eigener Entfaltung zu verletzen. Kinder, die dazu gezwungen werden, müssen sich wie ein kleines Bäumchen erleben, bei dem der aufsteigende Saft durch einen festen Ring am Stamm nicht mehr in die wachsenden Äste gelangt. Solche Bäume gehen bekanntermaßen ein. Kinder hören dann auf, ihre Welt weiter entdecken und gestalten zu wollen.
    So kann auch Resignation gelernt werden. Damit die dafür erforderlichen Verschaltungsmuster in ihrem Gehirn herausgeformt und stabilisiert werden können, müssen Kinder die Unterdrückung ihrer eigenen Handlungen und später auch ihrer eigenen Gedanken als wichtig und erstrebenswert empfinden. Nur dann sind sie in der Lage, diesem Umstand etwas Positives abzugewinnen. Das gelingt nur, indem sie ihren Eigensinn unterdrücken und sich so verhalten, wie Eltern und Erzieher es von ihnen erwarten. Dann gehören sie wieder dazu und glauben, wieder geliebt und gemocht zu werden. Und freuen sich, dass sie nun die Erwartungen ihrer Eltern und Erzieher erfüllen. Es ist ein grausames Spiel. Manche dieser Kinder werden sich später vielleicht selbst nicht mehr mögen, wenn sie es geschafft haben, sich

Weitere Kostenlose Bücher