Jedi-Akademie 02 - Der Geist des Dunklen Lords
und Flöten umfing ihn wie ein Schlaflied.
Kyp hatte keine Eile. Er konnte hier auf Endor warten. Er mußte sichergehen, daß er keinem Hirngespinst nachjagte. Er war kein Narr. Er wußte, auf welch gefährlich schmalem Grat er sich bewegte, und es flößte ihm Angst ein.
Während er friedlich dasaß und mit den Fingern über den glatten, feinen Stoff seines Umhangs strich, dachte Kyp an Han Solo und seine Befreiung aus den Gewürzminen… aber selbst dieser glückliche Gedanke erinnerte ihn daran, wieviel von seinem Leben ihm das Imperium gestohlen hatte.
Kyp gab sich nur selten den diamantklaren Erinnerungen an seine Kindheit hin, als er und sein älterer Bruder Zeth auf der Kolonie Deyer gelebt hatten. Er dachte an die Floßstädte, die in einem Komplex terrageformter, fischreicher Seen verankert waren.
Zeth hatte ihn oft mitgenommen, wenn er mit einem Gleiter hinausgefahren war, um Krebsreusen auszusetzen oder einfach unter dem ockerfarbenen Himmel zu schwimmen. Sein Bruder Zeth hatte langes schwarzes Haar, Augen, die er in der Helligkeit der Sonne ständig zusammenkniff, einen drahtigen, muskulösen Körper und sonnenverbrannte Haut.
Die Kolonisten hatten versucht, auf Deyer eine perfekte Gesellschaft aufzubauen, basisdemokratisch organisiert, so daß jeder Bürger eine Legislaturperiode im Rat der Floßstädte diente. Unerschrocken hatten die Volksvertreter von Deyer die Vernichtung Alderaans verurteilt und Imperator Palpatine aufgefordert, seine Neue Ordnung rückgängig zu machen. Sie hatten die vorgeschriebenen politischen Kanäle benutzt, in dem naiven Glauben, daß sie mit ihren Stimmen die Entscheidungen des Imperators beeinflussen konnten.
Statt dessen hatte Palpatine die »Dissidenten« auf Deyer zerschmettert, die gesamte Kolonie besetzt, die Bewohner auf verschiedene Strafzentren verteilt und Zeth für immer verschleppt…
Kyp bemerkte, daß er die Fäuste geballt hatte, und er dachte wieder an die Kräfte, die ihm Exar Kun gezeigt hatte, die dunklen Geheimnisse, die Master Skywalker nicht einmal in Erwägung zog. Er runzelte die Stirn und holte tief Luft. Die kühle Nachtluft brannte in seiner Lunge, und er atmete sie langsam wieder aus.
Er schwor sich, nicht zuzulassen, daß Exar Kun aus ihm einen zweiten Vader machte. Kyp hatte Vertrauen zu seiner Entschlossenheit, zu seiner eigenen Charakterstärke; er konnte die Macht der dunklen Seite zum Wohle der Neuen Republik einsetzen.
Master Skywalker irrte sich. Die Neue Republik war moralisch überlegen und hatte das Recht, jede Waffe, jedes Gewaltmittel einzusetzen, um die letzten Reste des bösen Imperiums auszuradieren.
Kyp stand auf und wickelte den schwarzen Umhang um seine Brust. Er konnte es wiedergutmachen. Er allein konnte beweisen, wie gut sich diese Kräfte einsetzen ließen.
Exar Kun war schon lange tot und Darth Vader war nur noch Asche auf Endor. »Jetzt bin ich der Lord der Sith«, sagte Kyp. Bei diesem Eingeständnis spürte er, wie kalte Kraft seine Wirbelsäule hinaufkroch, als hätte sich sein Rückgrat in eine Eissäule verwandelt.
Er bestieg wieder sein kleines Raumschiff. Die Entschlossenheit fühlte sich wie Feuer unter seinen Füßen an, trieb ihn zur Eile, ließ sein Herz klopfen, konzentrierte seinen Willen zu einem laserhellen Strahl.
Nur er und er allein hatte die Möglichkeit, alle Probleme der Neuen Republik zu lösen – aus eigener Kraft.
28
Lichtreflexionen vom Hexenkessel-Nebel zeichneten bedächtig tanzende Muster auf die glänzende Tischplatte im Kriegsraum der Gorgo. Admiral Daala saß allein am Kopfende, abseits von Commander Kratas, dem imperialen Armeegeneral Odosk und Captain Mullinore von der Basilisk.
Daala betrachtete ihr verzerrtes Spiegelbild im flüssigen Glanz des Tisches. Sie hielt ihre Juwelenaugen starr geradeaus gerichtet, als sie die Faust ballte und das geschmeidige schwarze Leder ihrer Handschuhe spürte. In ihrem Kopf pochte dumpfer Schmerz wie die eingebildeten Echos schreiender Soldaten auf der explodierenden Mantis. Heißes Blut rauschte in ihren Adern, als sie auch an den Verlust der Hydra dachte. Die Hälfte ihrer Streitmacht war ausgelöscht!
Was hätte Tarkin davon gehalten? In ihren Alpträumen sah sie sein Gespenst, wie es mit der offenen Hand ausholte, um ihr für ihr elendes Versagen ins Gesicht zu schlagen. Versagen! Sie mußte es wiedergutmachen.
Commander Kratas zog besorgt die buschigen Augenbrauen zusammen. Die imperiale Mütze verbarg sein kurzgeschnittenes
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