Jedi-Akademie 02 - Der Geist des Dunklen Lords
würde.
»Hast du vor, mich mit dieser Waffe zu erschlagen?« fragte die hohle Stimme.
Gantoris wirbelte herum und sah die ölige, unendlich schwarze Silhouette aus den massiven Steinblöcken der Wand sickern. Sein erster Impuls war, das Lichtschwert zu zünden und mit der violettweißen Klinge auf die dunkle Gestalt einzuschlagen. Aber er riß sich zusammen, denn er wußte, daß es sinnlos war.
Der Schattenmann lachte und sprach dann mit seinem altmodischen Akzent: »Gut! Ich bin froh, zu sehen, daß du gelernt hast, mich zu respektieren. Vor tausend Jahren konnten mich nicht einmal die gesamte Kriegsflotte der Alten Republik und die vereinten Kräfte Hunderter Jedi-Meister vernichten. Allein wärest du erst recht nicht dazu in der Lage.«
Der schwarze Mann hatte ihm gezeigt, wie man anderen Lebewesen Energie abzapfte, um die eigenen Reserven aufzufrischen. Er war hellwach, aber seine Nerven waren zerrüttet und sein Leib erschöpft. »Was willst du von mir?« fragte Gantoris. »Du bist doch nicht nur hier, um mir etwas beizubringen.«
Der Schattenmann nickte. »Ich will deinen Zorn, Gantoris. Ich will, daß du die Pforten der Macht öffnest. Ich bin aus der physikalischen Welt verbannt – aber mit der Hilfe von genug anderen Sith-Jüngern könnte ich zur Ruhe kommen. Ich könnte sogar zu einem neuen Leben erwachen.«
»Du bekommst meinen Zorn nicht.« Gantoris schluckte und suchte tief in sich nach dem Zentrum der Kraft. »Ein Jedi gibt dem Zorn nicht nach. Leidenschaft gibt es nicht; nur Gelassenheit gibt es.«
»Hör mit diesen Platitüden auf!« verlangte der schwarze Mann mit kalter, vibrierender Stimme.
»Unwissenheit gibt es nicht; nur Wissen gibt es«, fuhr Gantoris mit der Rezitation des Jedi-Kodex fort. »Leidenschaft gibt es nicht; nur Gelassenheit gibt es.«
Der schwarze Mann lachte wieder. »Gelassenheit? Ich werde dir zeigen, was in diesem Moment geschieht. Erinnerst du dich an die Menschen, die du von Eol Sha gerettet hast? Wie glücklich sie waren, als sie erfuhren, daß man sie zu einem sicheren Ort, einer paradiesischen Welt bringen würde? Schau zu.«
In den schattenhaften Umrissen des kapuzenverhüllten Mannes wurde ein Bild sichtbar, das die Grasebenen des Planeten Dantooine zeigte. Gantoris kannte die Szenerie von den Berichtsbändern, die Wedge Antilles mitgebracht hatte.
Aber jetzt sah er imperiale Laser das Feuer eröffnen und die Koloniegebäude einäschern, sah riesige gepanzerte Läufer über die Savanne marschieren, alles niedermetzeln, was sich bewegte, alles Leben verbrennen. Menschen flohen schreiend. Menschen seines Volkes.
Gantoris erkannte die meisten Gesichter, aber ehe er sie namentlich identifizieren konnte, lösten sie sich nacheinander in grelle Blitze auf, während sie zu fliehen versuchten. Die Bäume gingen in konischen Leuchtfeuern auf; schwarzer, dichter Rauch stieg in zerrissenen Schwaden in die Höhe.
»Du lügst! Das ist ein Trick!«
»Ich habe keinen Grund zu lügen, wenn die Wahrheit so niederschmetternd ist. Du kannst nichts tun, um das Geschehen aufzuhalten. Gefällt es dir, mitanzusehen, wie deine Leute sterben? Entfacht es nicht deinen Zorn? In deinem Zorn liegt Stärke.«
Gantoris sah den alten Warton, den er sein ganzes Leben lang gekannt hatte, inmitten des Holocausts stehen. Warton sah sich um, mit schlaff an den Seiten hängenden Armen, vor Schock erstarrt, bis ein dicker grüner Blitz ihn niederstreckte.
»Nein!« schrie Gantoris.
»Gib dich deinem Zorn hin. Mach mich stärker.«
»Nein!« wiederholte er und wandte die Augen von den Bildern der brennenden Ruinen und geschwärzten Leichen ab.
»Sie sind alle tot. Ausnahmslos alle«, stichelte der schwarze Mann. »Keine Überlebenden.«
Gantoris zündete sein Lichtschwert und griff den schwarzen Mann an. R2-D2s hartnäckiges Piepen riß Luke aus seinen Alpträumen. Übergangslos war er hellwach – dank einer Jedi-Technik, die seine Müdigkeit vertrieb und den Schock des plötzlichen Erwachens milderte.
»Was gibt es, R2?«
Der Droide pfiff etwas von einer Nachricht, die in der Kommandozentrale auf ihn wartete. Luke schlüpfte in seine weiche Robe und eilte über den kalten Boden ins Morgenlicht des Planetenaufgangs. Er fuhr mit dem Turbolift hinunter ins zweite Stockwerk des Tempels und betrat die einst betriebsame Kommandozentrale.
»R2, mach das Licht an.« Er passierte Kontrollpulte, staubbedeckte Sessel, Computerkonsolen und schuttübersäte Dokumententische. Er aktivierte die
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