Jeier, Thomas
gezwungen, ihre Waffen abzugeben, denn sie waren so schlecht ausgerüstet, dass Whitman diese Vorsichtsmaßnahme für unnötig hielt. Er erlaubte ihnen sogar, weiter entfernt in den Bergen zu siedeln, als das Wild knapp wurde. Doch er war nicht blauäugig. Vor Gericht sagte Whitman später aus: »Weil ich mir im Klaren darüber war, dass die Verantwortung für die Verlegung ganz allein bei mir lag, und ich im Falle eines Verlustes dafür verantwortlich gemacht würde, hielt ich die Indianer unter ständiger Beobachtung.« Nach dem Gesetz galten die indianischen Siedler als Kriegsgefangene.
Die offizielle Bestätigung des Friedensvertrages von höchster Ebene blieb jedoch aus. General Stoneman drückte sich um eine Antwort, und ließ den Lieutenant mit seinem Problem allein. Am 1. April 1871 übernahm Captain Frank Standwood das Kommando in Camp Grant. Schon nach wenigen Tagen war er so sehr vom Vorgehen seines First Lieutenants überzeugt, dass er ihn auch weiterhin gewähren ließ und sogar wagte, den Stützpunkt am 24. April mit mehreren Kompanien zu verlassen. Er wollte das Land im Süden erkunden und dort gegen Aufständische vorgehen. Whitman blieb mit knapp 50 Mann im Fort zurück. Eine fatale Entscheidung, wie sich bald herausstellte, und ein willkommener Anlass für eine Gruppe von Indianergegnern, ein Aufgebot zu organisieren und gezielt gegen Eskiminzin und seine Apachen vorzugehen.
Ihr Wortführer war William S. Oury, ein Mann aus Virginia, der in Texas gegen die Mexikaner gekämpft und zwei Männer in Duellen getötet hatte. Zusammen mit angesehenen Geschäftsleuten wie S. R. DeLong und J. W. Hopkins wiegelte er die Bürger im nahen Tucson gegen die Apachen auf. Ein leichtes Unterfangen, forderten die meisten Bewohner doch seit Monaten ein entschlossenes Vorgehen gegen die »roten Teufel«. Die Regierung schwieg, hoffte wohl auf einen Rachefeldzug der Aravaipas, wenn eine Bürgerwehr gegen sie vorging, um damit eine Rechtfertigung für den Einsatz starker Truppenverbände und die Ausrottung der unbequemen Indianer zu haben. William Oury, der zusammen, mit seinen Freunden ein »Komitee zum Schutze der öffentlichen Sicherheit« gebildet hatte, sprach bei General Stoneman vor und forderte ihn »im Namen aller Siedler« auf, gegen die »verräterischen Aravaipas« vorzugehen. Doch ohne handfeste Beweise durfte der General seine Truppen nicht ins Feld schicken. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung, vor allem an der dicht besiedelten Ostküste, war empfindlicher und akzeptierte keinen Angriffskrieg, auch nicht gegen die Indianer. Stoneman reagierte diplomatisch, wies auf die große Zahl der amerikanischen Siedler im Santa Cruz Valley hin, die doch »erwachsen genug« seien, sich selbst zu verteidigen.
Damit legitimierte er - ohne es offen auszusprechen - einen Feldzug der Bürgerwehr und ein Massaker, das als eines der größten Kriegsverbrechen in die amerikanische Geschichte einging. Der endgültige Auslöser war ein Überfall auf die San Xavier Mission, bei dem vier Weiße getötet und 19 Rinder gestohlen wurden. Obwohl es auch diesmal keine Beweise für eine Beteiligung der Aravaipas gab, und einer der getöteten Angreifer zu einem anderen Stamm gehörte, behauptete der Tucson Daily Citizen, die Mörder seien von Whitman gekommen. »Die Bürger von Tucson«, so Oury später, »waren entschlossen, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen.« Doch einige der »wackeren und tapferen Ritter«, wie Oury sie spöttisch nannte, bekamen kalte Füße, und lediglich sechs Männer, darunter Oury, S. R. DeLong und J. W. Hopkins, beharrten darauf, die Aravaipas zu »bestrafen«.
Den Ausweg aus dieser misslichen Lage wusste Jesus Maria Elias, ein enger Freund und Vertrauter von Oury. Er rekrutierte Söldner im mexikanischen Viertel und bei den Papagos, einem Stamm von eigentlich friedliebenden Ackerbauern. Sie hatten jahrzehntelang unter den Raubzügen der kriegerischen Apachen gelitten und sahen in der Strafexpedition eine willkommene Gelegenheit, es ihren Erzfeinden heimzuzahlen, egal, zu welchem Unterstamm sie gehörten. Die Bürger, die zu feige waren, selbst in den Krieg zu ziehen, waren schnell bereit, die Papagos mit Waffen und Munition zu versorgen und für ihre Bezahlung aufzukommen.
Am 28. April 1871 um dreizehn Uhr trafen sich William Oury, S. R. DeLong, J. W. Hopkins und drei andere Weiße mit 92 schwer bewaffneten Papago-Indianern und 42 Mexikanern am Rillito Creek außerhalb von Tucson. Sie
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