Jeier, Thomas
mit. Um sicherzustellen, dass ihnen die wenigen Krieger nicht bei der Büffeljagd in die Quere kamen, töteten sie viele von ihnen und machten die Überlebenden »Zu Weibern«, wie sich ein Sioux-Häuptling gegenüber einem französischen Händler ausdrückte. Der Krieg zwischen den Stämmen hatte eine neue Qualität erreicht. Es ging nicht mehr um Rache oder Ehre, sondern um die Vormachtstellung auf den westlichen Prärien, und um diese zu erreichen, schreckten die Sioux auch vor drastischen Mitteln nicht zurück. Mit den Cheyenne, die ebenfalls nach Westen gezogen waren und über »Elitetruppen« wie die Hundekrieger verfügten, schlossen sie einen Pakt, der bis zu ihrer endgültigen Niederlage hielt.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als Meriwether Lewis und William Clark im Auftrag der amerikanischen Regierung den Missouri erkundeten und bis zum Pazifik vordrangen, waren die Sioux das stärkste Indianervolk des Westens. Mit über 25 000 Kriegern brauchten sie die Weißen nicht zu fürchten, zumindest nicht während der ersten Hälfte des Jahrhunderts. Bis zum Yellowstone River kontrollierten sie das Land und damit auch die Büffeljagd auf den Ebenen. »Dies sind die abscheulichsten Schurken der wilden Rasse«, notierten Lewis und Clark nach der ersten Begegnung mit den Sioux in ihrem Tagebuch, »und sie werden die Piraten des Missouri bleiben, bis unsere Regierung geeignete Mittel ergreift und sie ihre Abhängigkeit von unseren Handelsgütern erkennen lässt. Sollte man dieses Volk nicht durch zwingende Maßnahmen in seine Schranken verweisen, wage ich zu behaupten, dass sich die Bürger der Vereinigten Staaten niemals der Vorteile erfreuen können, die ihnen der Missouri bietet.« Doch die Sioux verstanden es, sich die Unterstützung der weißen Händler zu sichern, und erwiesen sich als treue Verbündete der Weißen, bis der Druck der nach Westen strebenden Siedler zu stark wurde, und es zu Beginn der 1860er Jahre zum ersten der Sioux-Kriege kam.
Die 60 Millionen Büffel, die in riesigen Herden über die Prärie streiften, stellten einen unschätzbaren Reichtum dar. Die zottigen Tiere gaben den Indianern alles, was sie zum Leben brauchten. Massenhaft Fleisch, das gebraten, gekocht und getrocknet und mit Waldbeeren und Fett zu dauerhaftem Pemmikan verarbeitet wurde. Knochen für Haushaltsgeräte, Werkzeuge und Waffen. Felle und Häute für Kleidungsstücke, Decken und Taschen, sogenannte »Parfleches«. Aus den Mägen wurden Wasserbehälter, aus den Hörnern schlanke Trinkgefäße, aus dem Schwanz ein Besen, und den Schädel benutzte man, mit roter Farbe bemalt und mit Sweetgrass (Süßgras) in den Augenhöhlen versehen, als Symbol beim jährlichen Sonnentanz. »Tatanka«, der Büffel, war der Mittelpunkt ihrer Kultur, Tänze und Zeremonien, er wurde als wakan, als heilig, verehrt und zu einem unverzichtbaren Teil ihres täglichen Lebens.
Die Behauptung, die Sioux hätten nur so viele Tiere getötet, wie sie zum Leben brauchten, stimmt jedoch nicht, hatte zumindest während der ersten beiden Jahrzehnte des 19. Jahrhunderts keine Gültigkeit. In Ermangelung von Pelztieren wurden Bisonfelle und auch Zungen und Pemmikan auf den Ebenen zum begehrten Tauschobjekt und verleiteten die Krieger, die Büffel auch wegen des zu erwartenden Profits abzuschießen. In dieser Hinsicht agierten sie wie später die meisten weißen Jäger. Den Sioux eine Beteiligung am großen Sterben der Büffelherden vorzuwerfen, wie es einige wenige Wissenschaftler tun, ginge jedoch zu weit. Die Zahl der Büffel, die von Indianern getötet wurden, ist immer noch verschwindend gering im Vergleich zu den Millionen von Tieren, die weiße Büffeljäger und Trophäenjäger im Laufe der folgenden Jahrzehnte abschossen. Allein William F. »Buffalo Bill« Cody, der in den 1890er Jahren mit seiner Wildwestshow Furore machte und bis nach Europa kam, tötete in den Jahren 1867/1868 innerhalb von 17 Monaten 4280 Bisons.
Am meisten unter dem Expansionsdrang der Sioux zu leiden hatten die Absaroka oder Crow, die sich im Bighorn Basin und in den Bighorn Mountains angesiedelt hatten. »Crow-Land ist gutes Land«, sagte Häuptling Arapooish um 1830 zu einem Vertreter der Rocky Mountain Fur Company, »der Große Geist hat es genau an der richtigen Stelle erschaffen. Wenn du dich in dem Land aufhältst, fühlst du dich wohl. Wenn du es verlässt, geht es dir schlecht, wohin du auch gehst.« Ihren Gebeten, so die Crow, und ihren guten Beziehungen zu den weißen
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