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Jemand Anders

Jemand Anders

Titel: Jemand Anders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kabelka
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du, ich war so was von glücklich an diesem Tag – richtig über drüber! Endlich hatte ich es geschafft: eine echte Ausstellung, nicht eine von denen, für die du selbst noch blechen musst, nein: Gerald Jablonek, du hast doch schon von Jablonek gehört, ruft mich an, von sich aus, und lädt mich ein, bei Licht und Magie mit dabei zu sein – bei der Ausstellung zeitgenössischer österreichischer Kunst! Drei Bilder Ihrer Wahl, sagt er. Meiner Wahl?, staune ich, aber wollen Sie die nicht bestimmen …? Alle Ihre Bilder passen zu diesem Thema, sagt er, wählen Sie selbst. Was für ein Schmeichler! Aber: Es tat so gut, so unglaublich gut, verstehst du? Und ich musste dafür nicht einmal ins Bett mit ihm …“
    Sie feixt wie ein kleines Mädchen, nein, wie eine Fünfunddreißigjährige, die auf kleines Mädchen macht. Natürlich sagt er nicht, was ihm durch den Kopf geht. Wie oft sie wohl schon mit einem von diesen Kuratoren und Mäzenen geschlafen hat, hübsch genug dafür ist sie allemal und, soweit er sich ein Urteil über ihre Bilder anmaßen darf, vermutlich talentierter in den Federn als mit dem Pinsel. Wenn er auch verschossen ist in sie, ist er nicht so naiv zu glauben, er sei der Einzige, den sie zu bezirzen versteht.
    „Darum hab ich mich ja auch mit diesem Kurzurlaub nach Krumau belohnt“, fährt sie fort. „Dort, dachte ich, würde mir meine Intuition sicher sagen, welche drei Bilder ich nehmen sollte.“ Sie ist so ins Schwärmen geraten, dass es ansteckend wirkt auf ihn und den Rest seiner Vernunft hinwegwischt. Und als sie davon erzählt, wie sie sich oben auf dem Hügel ihres Tops und der Jeans entledigt habe – „mitten auf der Tonsur“, lacht sie ein bisschen frivol und breitet die Arme aus, als wäre sie noch immer dort –, würde er ihr am liebsten auch das Top ausziehen und ihre Brüste küssen. Er beherrscht sich, und sie ist viel zu sehr mit ihrer Geschichte beschäftigt, als dass sie seine Erregung bemerken würde. Inmitten einiger kreisförmig aufgestellter Steine, ein Stonehenge im Bonsaiformat, habe sie sich in die Wiese gelegt, nur noch mit dem Höschen bekleidet, und Arto Lindsays rauchiger Stimme im Kopfhörer gelauscht: Mar da Gavea , Erotic City …
    Plötzlich sei ein Schatten auf sie gefallen.
    Sie blinzelte und sah ihn über sich. Denselben, der sie vor dem U Bejka so angestarrt hatte.
    „Ist da vielleicht noch ein Plätzchen frei?“, fragte er, als befänden sie sich in einer überfüllten Gaststätte.
    „Bitte sehr“, deutete ihre Hand, entgegen jeglicher weiblicher Vorsicht. Die Kombination von Selbstbewusstsein und Witz habe sie immer schon entwaffnet.
    Sie sonnte sich neben einem wildfremden Mann, ließ sich ohne Schamgefühle von seinen Blicken abtasten; das Seidentuch, das sie sich zuerst noch über die Brust gelegt hatte, rutschte bald zu Boden, es kümmerte sie nicht. Man sprach über Schiele, natürlich, wer spricht nicht über Schiele in Krumau, und über Die Bafler , Bohumil Hrabals Erzählungen von den schwadronierenden Brüdern und Schwestern des braven Soldaten Schwejk. Bafelte selbst drauflos in diesem böhmischen Stonehenge, bis die Sonne sich in den Baumwipfeln im Westen zu verlieren begann.
    „Wir haben viel gelacht zusammen in diesen ersten Stunden.“ Sie schaut Edgar an, um zu sehen, wie er darauf reagiert. „Dann gingen wir gemeinsam zu Abend essen, natürlich ins U Bejka, was soviel heißt wie Zum Stier , und bestellten die Spezialität des Hauses: Tatarski.“ J. R., ein Kenner der Gastronomie aller Herren Länder, hatte dieses unansehnliche, aber höchst schmackhafte Tatarbeefsteak vorgeschlagen, und der Müller-Thurgau aus Mähren passte so hervorragend dazu, dass eine Flasche nicht langte. Eine lokale Band spielte keine drei Meter neben ihnen in der engen Stube und wurde im Verlauf des Abends lauter und lauter, sodass sich der Mund immer mehr dem Ohr des anderen nähern musste, wenn man sich etwas zu sagen hatte.
    Und sie hatten sich viel zu sagen.
    Gegen Mitternacht begleitete er sie hinüber zu ihrem Hotel in die Široka.
    „Noch ein letztes Gläschen auf meinem Zimmer?“, fragte sie, ein wenig heiser vom vielen Schreien. „Nach dir“, sagte er und hielt ihr die Tür auf – ein Gentleman.
    „Prosím zamykejte!“, sagte sie, warf die Kleider auf den Boden und sich aufs Bett. „Prosím zhasínejte!“
    Er verstand kein Wort, aber er tat das Richtige. Schloss ab von innen und löschte das Licht.
    Sie erwartete ihn schon unter der

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