Jene Nacht im Fruehling
hatte er wirklich noch nie zuvor bei ihr gesehen: Sie sah glücklich aus. »Ja, sie gefällt mir«, sagte er leise, staunend über die Freude, die ihr seine Worte zu bereiten schienen. Konnte sich tatsächlich jemand darüber freuen, daß er einem anderen ein Geschenk machte?
Er stand auf, ging zur Terrassentür und betrachtete den Samuraikrieger im Licht. Er studierte dessen Züge, seine Kleidung, die feinen Ornamente seines Harnischs. Als er hochsah, stand Samantha neben ihm.
»Es ist das netteste Geschenk, das ich jemals in meinem Leben bekommen habe«, erklärte Mike wahrheitsgemäß. In der Regel küßte er die nicht mit ihm verwandten weiblichen Wesen, wenn sie ihm ein Geschenk gemacht hatten, und ging mit ihnen nach einem Dinner ins Bett. Doch nun lächelte er Sam nur an, während sich seine Hände um die kleine Statue schlossen - und dieses Lächeln schien in diesem Moment intimer zu sein als das, was er mit anderen Frauen im Bett geteilt hatte.
Sie kehrten an den Tisch zurück, und als sie zu erzählen begann, beobachtete er sie genauso aufmerksam, wie er ihr zuhörte. Sie berichtete ihm von ihrem großartigen und wundersamen Erlebnis in dem Laden, wo sie diese Statue gekauft hatte. Wenn man ihr zuhörte, hätte man denken können, sie hätte auf der Entdeckungsreise zu noch unerforschten Ländern mit Piraten gekämpft.
»Was hast du denn noch gekauft?« fragte er, auf ihre Einkaufstüten blickend.
Als sie nun die anderen Sachen, die sie heute gekauft hatte, auswickelte, um sie ihm zu zeigen, wußte Mike, ohne daß jemand ihm das sagen mußte, daß das Vorzeigen von Dingen, die sie gekauft hatte, eine neue Erfahrung für sie war. Wie seltsam, dachte er bei sich; denn seine Schwestern und seine Mutter und zuweilen, wie ihn dünkte, alle weiblichen Wesen aus der Nachbarschaft, pflegten sich im Wohnzimmer zu versammeln, um wechselseitig ihre Einkäufe zu begutachten.
Er bewunderte alles, was sie ihm zeigte, und gab dabei jedesmal seinen Kommentar dazu ab. Er hörte ihr gespannt zu, was sie ihm von der Madison Avenue und der Fifth Avenue zu berichten wußte, was die anderen Frauen angehabt, was sie in den Geschäften gesehen und wie sie sich einen Hot dog von einem Straßenhändler gekauft hatte - alles so alltägliche, aber, durch Sams entzückte Augen betrachtet, so wundersame Dinge.
Nachdem sie ihm alles bis auf das weiße Batistnachthemd gezeigt hatte, schienen ihr die Worte ausgegangen zu sein, und sie setzte sich, umgeben von den ausgebreiteten Einkäufen, auf einen Stuhl, nippte an ihrem Glas, und blickte lächelnd hinaus in den Regen.
»Ach, Mike«, sagte sie, »ich bin seit Jahren nicht mehr so .. .«, sie schien nach Worten zu suchen ... ». . . so glücklich gewesen.«
»Das Einkaufen machte dich glücklich?«
Sie lachte. »Ja und nein. Dieser Egoismus dieser Stadt. . ., daß ich mir das Haar richten, die Nägel polieren lasse, hier in einem Haus wohne, ohne kochen zu müssen, während du mich anschaust, als ob . . .« Sie brach ab, und nach einem raschen Blick auf ihn sagte sie nichts mehr.
Nach einer Weile ergriff er das Wort.
»Was hast du in Santa Fe gemacht?« fragte er aus ehrlicher Wißbegierde, denn soweit er das beurteilen konnte, hatte sie seit ihrer Ankunft in New York nichts Außergewöhnliches getan. Seine Schwestern, seine Mutter und alle weiblichen Wesen, die er jemals gekannt hatte, schienen die halbe Zeit ihres Lebens beim Friseur oder in einem Kosmetiksalon zu verbringen.
»Ich arbeitete«, erwiderte Samantha, die wußte, daß sie ihren Mund halten sollte, aber der Drink löste ihr die Zunge. »Ich arbeitete fünf Tage in der Woche im >Computerland<, und an drei Abenden gab ich noch Unterricht in Aerobic in einem städtischen Kurheim. In der Zeit, in der ich nicht arbeitete, machte ich die Hausarbeit, kaufte ein, bezahlte die Rechnungen - solche Sachen.«
»Und was machte dein Mann?« Er hatte es zwar nicht beabsichtigt, aber das letzte Wort klang eher wie ein Hohn.
Mit einem kleinen humorlosen Lächeln hob Samantha ihr Glas, als wollte sie einen Toast ausbringen. »Er schrieb den großen amerikanischen Roman dieses Jahrhunderts.«
Das erklärte, warum sie eine so spöttische Bemerkung über Autoren gemacht hatte, als er ihr von seinem Vorhaben berichtete, eine Biographie zu schreiben, dachte Mike und fragte: »Und was hast du gemacht, als du noch nicht verheiratet warst und bei deinem Vater wohntest?«
Sie leerte ihr Glas, blickte hinaus in den Regen, und als sie
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