Jenny heftig in Noeten
konnte sie was dafür. Ich hatte Mitleid mit dem armen Steve, dessen einziges Verbrechen darin bestand, ein Mädchen zu lieben, das ihn nicht liebte.
Aber ich sagte nichts dazu, weil Trina bloß sauer geworden wäre.
Plötzlich wurde mir klar, dass Luke und ich genau darüber gesprochen hatten. Dass ich immer versöhne und vermittle, statt dafür zu sorgen, dass andere Leute gar nicht erst verletzt werden. Wenn ich jetzt schwieg und Trina nicht auf den Kopf zusagte, dass sie Steve bloß ausnutzte, um kostenlos ins Kino zu kommen, bewies ich damit nicht, dass Luke Recht hatte? Was sie vorhatte, war Steve gegenüber total gemein.
Und ich saß da und ließ es geschehen.Weil ich nämlich die liebe kleine Jenny Greenley war, jedermanns beste Freundin. Dabei wusste ich genau, wie es ablaufen würde: Trina würde mit Steve Schluss machen, und ich durfte die gesamte Busfahrt zum Chorwettbewerb nach Bishop Luers damit verbringen, ihn zu trösten.
Aber diesmal würde ich es nicht so weit kommen lassen. Vielleicht war mir Lukes Gerede darüber, dass ich etwas Besonderes sei, doch zu Kopf gestiegen.
Vielleicht hatte ich aber auch entschieden, mir zur Abwechslung so was wie ein Rückgrat wachsen zu lassen.
Was auch immer der Grund war, ich beschloss, es auf einen Versuch ankommen zu lassen, um festzustellen, ob Lukes Theorie stimmte und ich tatsächlich eine gesellschaftliche Veränderung herbeiführen konnte. Und zwar gleich an Ort und Stelle. Sollte sich herausstellen, dass Luke sich geirrt hatte, wäre nicht viel verloren. Aber falls er Recht behalten sollte, dann…
Dann würde sich in Clayton eine ganze Menge ändern.
Und es war höchste Zeit.
»Wieso willst du überhaupt mit Steve Schluss machen?«, fragte ich.
Trina blinzelte erstaunt. »Weißt du doch«, sagte sie. »Damit ich mit Luke zum Frühlingsball gehen kann.«
»Und du glaubst, er würde mit dir hingehen? Wieso eigentlich?«
Trina guckte besorgt. »Wieso nicht? Hat Geri ihn schon gefragt? Geht er mit ihr hin?«
»Sag mal, wieso meinst du eigentlich…« Ich stand auf und schritt auf der Veranda auf und ab, wie Luke es am Nachmittag getan hatte, »…dass Luke mit irgendwem aus unserer Stadt zum Frühlingsball gehen möchte, nach allem, was wir ihm heute angetan haben? Woher weißt du, dass er nicht sofort wieder nach L. A. zurückfliegt?« Trina zog die Brauen zusammen. »Jen? Ist alles okay?« »Soll ich dir mal was sagen? Nein.« Es war nämlich nicht alles okay. Weil ich es gründlich satt hatte, die nette kleine Jenny Greenley zu sein, jedermanns beste Freundin. Ich meine, nett wollte ich schon sein.
Aber die anderen sollten auch nett sein. Nicht nur zu mir, sondern auch zueinander .
»Es ist nichts okay«, sagte ich zu Trina. »Wie du Steve behandelst, das ist zum Beispiel nicht okay.«
»Steve?« Trina lachte. »Und ich dachte, wir reden über Luke. Was ist denn auf einmal los?«
»Ich sag dir, was los ist.« Ich fühlte mich wieder wie an dem Tag vor dem Mädchenklo mit Luke… Mir war speiübel, aber ich redete trotzdem weiter. Weil ich es musste. Ich musste einfach. »Ich hab zu lang zugesehen, dass du Steve wie Dreck behandelst. Vielleicht hast du es noch nicht gemerkt, aber Steve hat auch Gefühle. Zufälligerweise ist er in dich verliebt, und es ist skrupellos von dir, das auszunutzen, nur um kostenlos an Kinokarten und Jumbo-Portionen Popcorn zu kommen.«
» Skrupellos? «, wiederholte Trina. »Was soll das denn jetzt? Was hast du denn? Wir reden hier über Steve , vergessen?«
»Ja, und Steve hat Gefühle. Wenn du ihn nicht liebst – und eigentlich kannst du ihn nicht lieben, weil du sonst nämlich nicht eine Woche vor dem Frühlingsball mit ihm Schluss machen würdest, nur damit du mit jemand anderem hingehen kannst –, dann sag ihm das klipp und klar. Es ist unfair, ihm Hoffnungen zu machen. Du nutzt ihn nur aus und das ist gemein.«
Trina lachte. Im Ernst. Mein erster Versuch, gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen, und ich wurde ausgelacht. Dabei fiel mir das alles nicht leicht. Mein Herz wummerte, meine Hände schwitzten unangenehm und mein Magen tat richtig weh.
Aber ich musste es ihr sagen. Nach allem, was Luke mir gepredigt hatte, blieb mir gar nichts anderes übrig.
»Seit wann bist du eigentlich Steve McKnights Babysitter?«, wollte Trina wissen. »Er ist schon ziemlich groß, Jen. Ich glaub, er kann gut auf sich selbst aufpassen.«
»Nicht wenn es um dich geht«, fuhr ich sie an. »Weil er nun mal eine
Weitere Kostenlose Bücher