Jenseits der Eisenberge (German Edition)
Weidenburg kennt und dort Zutritt hat, ist das nicht offensichtlich?“, knurrte Maruv gereizt. „Ich bin zu alt für Belagerungen, zumal bei der Hitze im Augenblick. Elyne soll uns Tür und Tor öffnen und dann …“
„Ihr wollt selbst mitreiten?“, fiel Archym ihm ins Wort.
„Nur ich kann die Königsstandarte auf Weidenburg hissen lassen, und genau das gedenke ich zu tun. Ich war untätig, bloß aus diesem Grund konnten Corlin und Lichterfels sich gegen mich verbünden. Damit ist jetzt Schluss!“
Elyne fuhr erschrocken zusammen, als Maruv mit der Faust auf den Tisch schlug. „Diese Heirat hinter meinem Rücken hat die ganze Misere erst ermöglicht. Ich schwöre, und wenn ich tot vom Pferd fallen sollte, Weidenburg wird mir gehören.“ Er bedachte Elyne mit einem mörderischen Blick. „Genau wie alles, was der junge Corlin sonst noch sein eigen nennt. Ich habe noch keinen geeigneten Kandidaten als neuen Ehemann für Euch gefunden, Elyne, aber ich werde einen finden. Sobald Lys für tot erklärt werden kann, wird das gesamte verdammte Land neu verteilt und Euer Sohn wird den Frieden in Onur sichern. Er wird dereinst König sein und Corlin wie Lichterfels halten.“
Sie lächelte kühl, verbarg alle Ängste, allen Hass tief in ihrer Seele.
„Was auch immer Euch gefällt, mein König. Bedenkt allerdings, dass der gemeine Adel glaubt, ich würde Lys von ganzem Herzen lieben. Eine allzu rasche Neuheirat würde für Unruhe sorgen, glaubt Ihr nicht?“
„Das werden wir als Befehl meinerseits erklären, der ausschließlich Eurem Schutz gilt“, erwiderte Maruv barsch. „Wir wollen doch nicht, dass einer dieser hochstrebenden Landesfürsten versucht Euch zu entführen und zur Ehe zu zwingen!“
Oder dass Ihr tot von Eurem Thron fallt, bevor alles in Eurem Sinne geregelt ist!, dachte sie hasserfüllt. Sie versank in einem tiefen Knicks.
„Mein neuer Gemahl wird hoffentlich nicht zu alt und hässlich sein?“, fragte sie, mit all der Naivität, die Maruv erwartete. Sie spürte, wie ihr Vater sie von der Seite anstarrte, missachtete ihn aber.
„Ihr seid selbst schön genug, Ihr braucht keinen hübschen Mann – zumal Ihr Euren jetzigen Gemahl nicht ausstehen könnt, obwohl er jung und hübsch ist“, erwiderte Maruv spöttisch. „Und wenn Euer nächster Mann alt sein sollte, seid Ihr ihn wenigstens schnell wieder los.“
Du alte widerliche Krähe, du Bastard, ich würde dir ins Gesicht spucken und die Augen auskratzen wenn ich nur …
„So, das war alles, was ich offen in Gegenwart von Weibsvolk zu sagen hatte. Geht, amüsiert Euch bei den Brunnen oder in irgendeinem der Gärten, da ist es schattig und kühl!“
Elyne knickste und schritt dann aus der Halle. Im Moment konnte sie nichts weiter tun als zu gehorchen. Sich in schöne Kleider hüllen, lächeln und nicken. Frauen waren keine Spieler.
Zumindest brave Frauen spielen nicht. Zu schade, brav bin ich wohl nie gewesen …
˜ ™
Lamár erwachte von dem Gefühl angestarrt zu werden und schreckte hoch. Ein junger Mann saß in der Nähe und bearbeitete ein Stück Metall, ohne Lamár dabei für einen Herzschlag aus den Augen zu lassen. Langsam richtete er sich auf, erstaunt, dass sein zerschundener Körper nur schwach protestierte. In der Hütte befanden sich nun etwa dreißig Menschen jeden Alters, Männer, Frauen und Kinder. Sie alle aßen oder verrichteten Arbeiten und blickten zu ihm herüber, als sie auf ihn aufmerksam wurden; allerdings keiner mit dieser Intensität wie sein Gegenüber. Der junge Mann, aus dessen schmalem Gesicht und dunklen Augen unverhohlen Misstrauen und Ablehnung sprachen, legte sein Werkzeug beiseite. Es war eine Metallhacke, erkannte Lamár, die der Junge – er mochte etwa achtzehn Jahre zählen – gereinigt und geschliffen hatte.
Es musste bereits Abend geworden sein, alle Arbeiter waren wohl aus der Mine zurückgekehrt. Irla gab dem Jungen eine Schüssel in die Hand und flüsterte eindringlich auf ihn ein. Aus der Nähe war die Ähnlichkeit zwischen den beiden nicht zu verkennen. Irlas Sohn erwiderte etwas, das Lamár nicht verstand, aber die Wut, die in den Worten steckte, war deutlich zu spüren. Unbehaglich wich er zurück, als sich der junge Mann umwandte und ihm die Schüssel entgegenstreckte.
„Nimm das, meine Mutter will, dass du isst.“ Es bestand kein Zweifel daran, wie sehr ihm Irlas Wille missfiel. Lamár ergriff die Holzschüssel und neigte mit jener Demut den Kopf, die Ruquinn ihm so
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