Jenseits der Sehnsucht (German Edition)
östlich überall in den Bergen gebaut worden waren.
Allerdings hatte es vor zwei Jahren hier Gras gegeben, keinen Schnee. Aber das Gras würde wieder wachsen. Jahr um Jahr, Sommer um Sommer. Jacob hatte Beweise dafür. Er selbst war der Beweis. Der Bach würde wieder munter dahinplätschern, anstatt sich unter einer Eisdecke und zwischen gefrorenen kleinen Sandinseln hindurchzuzwängen.
Nachdenklich ging Jacob in die Hocke und nahm eine Hand voll Schnee. Auch damals war er allein gewesen, als er die Zeitkapsel seines Bruders ausgegraben hatte. Wenn er jetzt hier graben würde, würde er dieselbe Kapsel finden, die er vor ein paar Tagen bei seinen Eltern zurückgelassen hatte. Diese Kapsel existierte, hier unter seinen Füßen, so wie sie auch in seiner Zeit existierte. So wie er selbst existierte.
Wenn er sie jetzt aushob und zurück zu seinem Schiff brachte, dann würde er sie im dreiundzwanzigsten Jahrhundert nicht finden können. Aber wenn dem so war, wie konnte er dann hier sein, in dieser Zeit, um die Kapsel auszugraben?
Ein interessantes Rätsel. Er beschloss, weiter darüber nachzudenken, während er sich wieder in Bewegung setzte.
Dann erblickte er die Hütte. Und war sofort fasziniert. Ganz gleich, wie viele Fotos, wie viele Computersimulationen er gesehen hatte, das hier war echt. Der Schnee taute langsam auf dem Dach und tropfte leise herunter. Das Holz war noch dunkel, nur ein paar Jahrzehnte alt. Sonnenstrahlen, die durch die Bäume fielen, brachen sich funkelnd in den Fensterscheiben. Aus dem gemauerten Kamin stieg kräuselnd Rauch in die Luft – er konnte ihn riechen.
Absolut erstaunlich, dachte Jacob, und zum ersten Mal seit vielen Stunden verzogen sich seine Lippen zu einem Lächeln. Er kam sich vor wie ein kleiner Junge, der ein einzigartiges Geschenk unter dem Weihnachtsbaum gefunden hatte. Und jetzt gehörte es ihm, er konnte es untersuchen, analysieren, zusammensetzen und wieder auseinandernehmen, bis er es vollständig verstanden hatte.
Er hievte seine Tasche von einer Schulter auf die andere und stieg den Pfad zu der schneebedeckten Veranda hinauf. Die Stufen knarzten unter seinen Schritten, und sein Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen.
Er machte sich nicht die Mühe zu klopfen. Manieren gingen im Eifer neuer Entdeckungen häufig verloren. Er stieß die Tür auf und trat ein.
»Sensationell. Einfach sensationell.« Seine leisen Worte hallten in der Hütte nach.
Holz. Echtes, massives Holz. Stein, richtiger Stein, gemauert zu einem großen offenen Kamin, in dem ein Feuer brannte, prasselnd und zischend hinter einem Funkenschutz aus Metall. Dieser Duft … umwerfend. Der Raum selbst war eher klein, vollgestopft mit Möbeln, doch heiter und einladend.
Allein in diesem Raum hätte Jacob Stunden zubringen und jeden Zentimeter untersuchen können. Aber er wollte auch den Rest sehen. Seine Entdeckungen in den Minicomp murmelnd, machte er sich daran, die Treppe hinaufzusteigen.
Sunny riss das Lenkrad des Geländewagens herum und fluchte. Wie hatte sie sich je einbilden können, sie wolle zwei Monate in der Hütte verbringen? Frieden und Ruhe! Ha! Wer brauchte das schon?
Sie trat die Kupplung und schaltete herunter, damit der Wagen die Steigung schaffte. Diese ganze Idee war einfach lächerlich gewesen. Als ob ein paar einsame Wochen ihr helfen würden, ihr Leben neu zu ordnen und zu einer Entscheidung zu gelangen, was sie weiter damit anfangen wollte!
Sie wusste doch, was sie tun wollte. Irgendetwas Großes, Spektakuläres. Angewidert blies sie sich den blonden Pony aus der Stirn. Dass sie noch nicht wusste, was genau das war, war völlig unwichtig. Sie würde es schon erkennen, wenn es so weit war.
Ebenso, wie sie immer erkannte, wann das Gegenteil der Fall war.
Frachtmaschinen zu fliegen war auf jeden Fall nicht das Richtige. Fallschirmspringen und Ballett auch nicht. Auch nicht LKW fahren oder Gedichte schreiben. Nicht jeder konnte mit dreiundzwanzig Jahren so exakt bestimmen, wo sein Ehrgeiz nicht lag.
Sunny hielt den Wagen vor der Hütte an. Wer sagte denn, dass sie, wenn sie weitere zehn oder zwanzig Jahre das System der Eliminierung einsetzte, sich nicht schon heute auf dem besten Wege zu Reichtum und Erfolg befand?
Unruhig trommelte sie mit den Fingern auf dem Lenkrad und betrachtete die Hütte. Das Haus war niedrig und robust gebaut und wirkte gerade gemütlich genug, um nicht hässlich auszusehen. Der alte Schaukelstuhl auf der Veranda stand schon ewig da, jahraus,
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