Jenseits der Sehnsucht (German Edition)
mir, Libby. Ich dachte, du würdest dich freuen, dass Cals Bruder endlich da ist.«
»Tu ich auch – für ihn.« Sie presste sich eine Hand auf ihren flatternden Magen. »Hat er dir gesagt, warum er hier ist? Und woher er kommt?«
»Natürlich.« Verdattert rüttelte Sunny ihre Schwester bei den Schultern. »He, Libby, komm schon. J. T. mag ja ein wenig ungehobelt erscheinen, aber er ist doch kein Monster. Er macht sich eben Sorgen um Cal, und er ist vielleicht auch ein bisschen verletzt, weil Cal sich für dich entschieden hat.«
»Oh, Gott.« Ruhelos erhob Libby sich und ging zum Fenster. Sie hörte Motorengeräusch und sah den Wagen im Wald verschwinden. »Damals war ich bereit, ihn gehen zu lassen.« Sie schloss die Augen. »Ich hätte ihn niemals gebeten, seine Familie, sein Leben aufzugeben. Aber jetzt kann ich ihn nicht mehr gehen lassen. Ich werde ihn nicht gehen lassen.«
»Wohin denn?«
Libby lehnte die Stirn an die kühle Fensterscheibe. »Zurück.« Sie lachte leise. »Wieder vorwärts. Jacob muss dir doch erklärt haben, wie unmöglich und kompliziert das alles ist.«
Sunny stand auf und ging zu ihrer Schwester. Als sie ihr die Hände auf die Schultern legte, spürte sie, wie verspannt diese waren. Automatisch begann sie kreisend zu massieren. »Cal ist ein erwachsener Mann, Libby. Es war seine Entscheidung, hierzubleiben. J. T. wird das akzeptieren müssen.«
»Aber wird er das?«
»Als er zuerst hier ankam, war er unheimlich sauer und abweisend. Er konnte Cals Gefühle wohl nicht verstehen. Aber die Dinge haben sich geändert. Für uns beide.«
Langsam drehte Libby sich zu ihrer Schwester um. Was Sunny fühlte, stand deutlich auf ihrem Gesicht zu lesen. Panik ergriff Libby. »Oh, Sunny.«
»He, du brauchst mich nicht so anzusehen. Ich bin verliebt, nicht unheilbar krank.«
»Aber was wirst du jetzt tun?«
»Ich werde mit ihm gehen.«
Mit einem gequälten Aufschrei fiel Libby Sunny um den Hals.
»Herrgott noch mal, Libby, du bist ja genauso schlimm wie Jacob. Philadelphia ist doch nicht aus der Welt. Es ist ja nicht so, als würde ich mich auf dem Planeten Pluto niederlassen.«
»Auf Pluto gibt es noch keine Kolonien.«
Mit einem gezwungenen Lachen zog Sunny sich zurück. »Tja, dann wird es wohl eine kleine Wohnung in Philadelphia tun müssen.«
Libby musterte Sunnys Gesicht, und langsam änderte sich ihre eigene Miene. »Du weißt es nicht, nicht wahr?«
»Ich weiß, dass ich J. T. liebe und dass er mich liebt. Über eine feste Bindung haben wir noch nicht gesprochen, aber das ist nur eine Frage der Zeit.« Besorgt hielt sie inne. »Libby, warum starrst du mich an, als würdest du mir am liebsten die Gurgel umdrehen?«
»Nicht dir.« Libbys Stimme klang hart. Sie mochte die Ruhigere der beiden Schwestern sein, aber wenn ein geliebter Mensch in Gefahr war, konnte sie jede Amazonenkönigin in den Schatten stellen. »Der Mistkerl.«
»Wie bitte?«
»Ich sagte, er ist ein Mistkerl.«
Schwesterliebe hin, Schwesterliebe her – Sunnys Nackenhärchen sträubten sich. »Jetzt hör mal, Libby …«
Libby schüttelte nur den Kopf. Sie würde sich jetzt nicht mehr aufhalten lassen. »Hat er dir gesagt, dass er dich liebt?«
Sunnys Geduld wurde hier wirklich überstrapaziert, trotzdem hielt sie den Fluch zurück, der ihr auf der Zunge lag. »Ja.«
»Und du bist mit ihm ins Bett gegangen.«
Sunny kniff die Augen zusammen. »Hat Dad dich aufgehetzt?«
»Natürlich bist du mit ihm ins Bett gegangen.« Libby begann durchs Zimmer zu marschieren. »Er hat dich dazu gebracht, dass du dich in ihn verliebst, und er hat es nicht einmal für nötig gehalten, es dir zu sagen.«
Sunnys Fuß tappte einen wilden Rhythmus. »Was hätte er mir denn sagen sollen?«
»Dass er und Cal aus dem dreiundzwanzigsten Jahrhundert stammen.«
Der Fuß hielt abrupt inne. In der entstandenen Stille starrte Sunny ihre Schwester mit offenem Mund an. Zu viel Sonne, dachte sie sofort. Ihre arme Schwester hatte auf Bora Bora einen ernsthaften Sonnenstich erlitten. Langsam kam sie durch das Zimmer. »Libby, ich möchte, dass du dich eine Weile hinlegst und ausruhst. Ich hole dir einen kalten Waschlappen.«
»Nein.« Immer noch schäumend vor Wut, schüttelte Libby den Kopf. »Du setzt dich hin, und ich hole den Brandy. Glaub mir, du wirst ihn brauchen.«
Als Cal das Schiff betrat, schwappte eine Welle der Nostalgie über ihm zusammen. Die Frachtschiffe, die er in seinem Leben gesteuert hatte, befriedigten sein
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