Jenseits des Bösen
Tommy-Ray. »Sieh ihn dir doch an, mit seinen verdammten Krawatten und seiner
Freundlichtuerei.«
Tommy-Rays Worte verletzten William. Sie brachten seine Wangen ebenso zum Zittern wie der Anblick des Jaff.
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»Der langweiligste Scheißer in der ganzen verfluchten Stadt«, sagte Tommy-Ray.
Als Antwort darauf riß der Jaff eine der Kreaturen von seinem Bauch und warf sie nach Tommy-Ray. Er war zielsicher.
Die Kreatur, die Schwänze wie Peitschen und einen winzigen Kopf hatte, klammerte sich an Tommy-Rays Gesicht und
drückte den Unterleib gegen seinen Mund. Er verlor das Gleichgewicht und stolperte zur Seite, während er nach dem Parasiten griff. Dieser löste sich mit einem komischen Kußlaut von dem Gesicht und entblößte Tommy-Rays Grinsen, das den Jaff ebenfalls zum Lachen brachte. Tommy-Ray warf die Kreatur wieder in Richtung ihres Herrn und Meisters zurück, ein halbherziger Wurf, nach dem das Ding wenige Zentimeter von William entfernt landete. Er wich davor zurück, was Vater und Sohn wieder zum Lachen reizte.
»Es tut Ihnen nichts«, sagte der Jaff. »Solange ich es nicht will.«
Er rief der Kreatur, mit der er und der Junge gespielt hatten, etwas zu, worauf sie sich zum Jaff zurückschleppte.
»Sie kennen wahrscheinlich die meisten Leute hier«, sagte der Jaff.
»Ja«, murmelte Tommy-Ray. »Und sie kennen ihn.«
»Dieses hier, zum Beispiel«, sagte der Jaff und zerrte ein katzengroßes Geschöpf hinter sich hervor, »dieses hier stammt von dieser Frau... wie hieß sie doch gleich, Tommy?«
»Kann mich nicht erinnern.«
Der Jaff schob die Kreatur, die einem großen, blassen Skorpion glich, um seine Füße herum. Das Ding schien beinahe scheu zu sein; es wollte in sein Versteck zurück.
»Die Frau mit den Hunden, Tommy...«, sagte der Jaff. »Mildred irgendwas.«
»Duffin«, sagte William.
»Gut! Gut!« sagte der Jaff und deutete mit einem dicken Daumen in seine Richtung. »Duffin! Wie leicht man so etwas 277
vergißt! Duffin!«
William kannte Mildred. Er hatte sie heute morgen - ohne die Pudel - auf dem Parkplatz gesehen, wo sie ins Leere gestarrt hatte, als wäre sie hierhergefahren und hätte vergessen, weshalb sie eigentlich gekommen war. Er begriff allerdings nicht, was sie und der Skorpion gemeinsam hatten.
»Wie ich sehe, sind Sie verwirrt, Witt«, sagte der Jaff. »Sie fragen sich: Ist das Mildreds neues Haustier? Die Antwort lautet nein. Die Antwort lautet, es ist Mildreds Fleisch geworden, tiefstes Geheimnis. Und das will ich von Ihnen, William. Ihre verborgensten Geheimnisse.«
Als heißblütiger heterosexueller Voyeur begriff William den abgewichsten Sinn der Bitte des Jaff sofort. Er und Tommy-Ray waren nicht Vater und Sohn; sie fickten miteinander. Und ihr Gerede von den verborgensten, tiefsten Geheimnissen war lediglich ein Schleier darüber.
»Ich will damit nichts zu tun haben«, sagte William.
»Tommy-Ray, ich sage dir eines, laß dich nicht auf abseitige Sachen ein.«
»Angst ist nichts Abseitiges«, sagte der Jaff.
»Jeder hat Angst«, fügte Tommy-Ray hinzu.
»Manche mehr als andere. Sie... vermute ich... mehr als die meisten. Los, William. Sie haben schlimme Sachen im Kopf.
Ich will sie nur herausholen und zu meinem Eigentum
machen.«
Weitere Anzüglichkeiten. William hörte, wie Tommy-Ray einen Schritt in seine Richtung machte.
»Bleib mir vom Leibe«, warnte William ihn. Es war ein reiner Bluff, und Tommy-Rays Grinsen nach zu schließen, wußte er das.
»Hinterher werden Sie sich besser fühlen«, sagte der Jaff.
»Viel besser«, sagte Tommy-Ray.
»Es tut nicht weh. Nun, am Anfang vielleicht ein bißchen.
Aber wenn Sie die schlimmen Sachen ans Licht gebracht 278
haben, sind Sie ein anderer Mensch.«
»Mildred war nur eine von vielen«, sagte Tommy-Ray. »Er hat gestern nacht eine Menge Leute besucht.«
»Richtig.«
»Ich habe ihm den Weg gezeigt, und er ist gegangen.«
»Wissen Sie, manche Leute kann ich wittern. Manche kann ich wirklich ziemlich gut wittern.«
»Louise Doyle... Chris Seapara... Harry O'Connor...«
William kannte sie alle.
»... Günther Rothberry... Martine Nesbitt...«
»Martine hatte ein paar echt eindrucksvolle Dinge zu
zeigen«, sagte der Jaff. »Eines davon ist draußen. Kühlt sich ab.«
»Im Pool?« murmelte William.
»Haben Sie es gesehen?«
William schüttelte den Kopf.
»Das müssen Sie unbedingt. Es ist wichtig zu wissen, was die Leute all die Jahre über vor Ihnen verborgen haben.« Das berührte einen Nerv,
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