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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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ein Wort
    miteinander gesprochen. Der Mann hatte sich einfach wieder in den Sessel gesetzt, von dem er aufgestanden war, um sich mit Lamars Rebellion zu beschäftigen, und hatte abgewartet, während von unten laute Stimmen herauftönten, Limousinen vor dem Eingang vorfuhren, ihre Passagiere aufnahmen und wieder wegfuhren, und - schließlich - die Musik verstummt war. Grillo hatte keinen Fluchtversuch unternommen. Zum einen versperrte Lamars Leichnam immer noch die Tür, und bis er ihn weggeräumt haben würde, hätten ihn die Terata, so ununterscheidbar sie mittlerweile geworden waren, sicher erwischt gehabt. Zum anderen, und das war entscheidender, war er durch Zufall mit der Ursache in Kontakt gekommen, dem Wesen, das für die Geheimnisse verantwortlich war, die er seit seiner Ankunft in Palomo Grove gesehen hatte. Hier saß der Mann zusammengekauert vor ihm, der die Schrecken
    geformt hatte und demzufolge die Visionen begriff, die in der Stadt entfesselt worden waren. Ein Fluchtversuch wäre einer Pflichtvernachlässigung gleichgekommen. Sein kurzes
    Intermezzo als Liebhaber von Ellen Nguyen war zwar eine willkommene Ablenkung gewesen, aber er hatte bei alledem nur eine einzige Rolle zu spielen. Er war Reporter; Mittler zwischen der bekannten und der unbekannten Welt. Wenn er dem Jaff den Rücken drehte, beging er ein Verbrechen, das schlimmer war als alle, die er kannte: Er versäumte es, Augen-zeuge zu sein.
    Was immer der Mann sonst noch sein mochte - wahnsinnig; tödlich; monströs -, er war nicht, als was sich so viele Menschen entpuppt hatten, die Grillo im Laufe seines
    Berufslebens interviewt oder kennengelernt hatte: ein 576
    Schwindler. Grillo mußte sich nur in dem Zimmer umsehen und die Kreaturen betrachten, die der Jaff geschaffen oder deren Schöpfung er angeregt hatte, und er wußte, er befand sich in Gesellschaft einer Macht, die die Welt verändern konnte. Er wagte es nicht, einer solchen Macht den Rücken zu kehren. Er würde sie begleiten, wohin sie auch ging, und hoffen, daß er ihr Wirken besser begreifen konnte. Der Jaff stand auf.
    »Unternehmen Sie keinen Versuch, sich einzumischen«,
    sagte er zu Grillo.
    »Das werde ich nicht«, antwortete Grillo. »Aber ich möchte gerne mit Ihnen kommen.«
    Der Jaff sah ihn zum ersten Mal seit Eves Flucht an. Es war so dunkel, daß Grillo die auf ihn gerichteten Augen nicht sehen konnte, aber er spürte sie so scharf wie Nadeln, die sich in ihn bohrten.
    »Schaffen Sie den Leichnam weg«, befahl der Jaff.
    Grillo sagte: »Klar«, und ging zur Tür. Er brauchte keinen Beweis für die Macht des Jaff mehr, aber als er Lamars Leichnam anfaßte, bekam er ihn dennoch. Der Leichnam war naß und heiß. Als Grillo ihn wieder fallen ließ, klebte das Blut des Komikers an seinen Händen. Die Empfindung und der Geruch verursachten Grillo Übelkeit.
    »Vergessen Sie nicht...«, sagte der Jaff.
    »Ich weiß«, antwortete Grillo. »Nicht einmischen.«
    »Gut. Machen Sie die Tür auf.«
    Grillo gehorchte. Er hatte nicht gemerkt, wie stickig es in dem Zimmer geworden war, bis er die Tür aufmachte und ihm kühle, frische Luft ins Gesicht wehte.
    »Gehen Sie voraus«, sagte der Jaff.
    Grillo trat auf den Treppenabsatz hinaus. Das Haus war vollkommen still, aber nicht verlassen. Unten, an der ersten Treppenflucht, sah er, mehrere von Rochelles Gästen warten. Sie sahen alle zur Tür. Keiner sagte etwas oder bewegte sich.
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    Grillo kannte viele Gesichter; sie hatten schon hier gewartet, als er und Eve nach oben gegangen waren. Jetzt war der lang erwartete Augenblick gekommen. Er ging die Treppe hinunter auf sie zu, und dabei kam ihm der Gedanke, der Jaff könnte ihn vorausgeschickt haben, damit seine Anhänger ihn in Stücke rissen. Aber er schritt in ihr Gesichtsfeld und wieder heraus, ohne daß ihre Blicke ihm folgten. Sie waren da, um den Leierkastenmann zu sehen, nicht den Affen. Aus dem Zimmer über ihm drangen die Geräusche zahlreicher Bewegungen. Die Terata kamen. Als er die Treppenflucht hinter sich gebracht hatte, drehte sich Grillo in die Richtung um, aus der er gekommen war. Die erste Kreatur kam durch die Tür. Er hatte gesehen, daß sie sich verwandelt hatten, aber auf das Ausmaß der Verwandlung war er nicht vorbereitet. Ihre emsige Schändlichkeit war geläutert worden. Sie waren schlichter geworden, ihre Wesensmerkmale wurden weitgehend von der Dunkelheit verborgen, die sie ausstrahlten.
    Nach den ersten paar kam der Jaff. Die Ereignisse seit der

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