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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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die Antwort. »Ich bin nur der Chauffeur.« Er zuckte die Achseln. »He, wenn Sie wollen, daß ich von hier verschwinde, mit Vergnügen.«
    »Das liegt bei Ihnen«, sagte Hotchkiss und ging wieder in den Laden. »Hier ist es nicht sicher. Mehr kann ich nicht sagen.«
    »Wir nehmen es zur Kenntnis«, sagte Ron.
    Raul hatte das Interesse an der Unterhaltung verloren und betrachtete die Geschäfte. Er schien dabei zu schnuppern.
    »Was soll ich machen?« rief Ron ihm zu.
    714
    »Geh nach Hause«, sagte er.
    »Soll ich dich nicht den Hügel hinauffahren und Tesla suchen?« antwortete Ron.
    »Ich finde sie schon.«
    »Es ist ein weiter Weg, Mann.«
    Raul warf Hotchkiss einen Blick zu. »Wir einigen uns«, sagte er.
    Hotchkiss meldete sich nicht freiwillig für die Aufgabe, sondern machte sich wieder an die Suche und hörte der Unterhaltung auf dem Parkplatz nur mit halbem Ohr zu.
    »Bist du sicher, daß wir Tesla nicht gemeinsam suchen sollen? Ich dachte, es wäre wichtig.«
    »War es. Ist es. Aber... ich muß zuerst ein wenig Zeit hier verbringen.«
    »Ich kann warten. Das macht mir nichts aus.«
    »Ich habe nein gesagt.«
    »Soll ich dich nicht zurückfahren? Ich habe mir gedacht, wir könnten heute nacht einen draufmachen. Du weißt schon, ein paar Bars besuchen...«
    »Vielleicht ein andermal.«
    »Morgen?«
    »Eben ein andermal.«
    »Ich verstehe. Nein danke, richtig?«
    »Wenn du das sagst.«
    »Mann, du bist echt unheimlich. Erst machst du mich an.
    Jetzt willst du nichts mehr mit mir zu tun haben. Der Teufel soll dich holen. Ich kann mir den Schwanz überall lutschen lassen.«
    Hotchkiss drehte sich um und sah, wie der Adonis zum Auto zurückkehrte. Der andere Mann war nicht mehr zu sehen. Er war zufrieden, daß die Störung vorüber war, und wandte sich wieder seiner Suche in den Regalen zu. Die Abteilung der Bücher über Mutterschaft schien nicht sehr vielversprechend zu sein, aber er ging sie trotzdem durch. Wie er erwartet hatte, 715
    nur Gefasel und Plattheiten. Kein Hinweis, nicht einmal der entfernteste, auf eine Dreieinigkeit. Nur Geschwätz über Mutterschaft, die ein göttlicher Ruf war, Frauen, die in Partnerschaft mit Gott neues Leben in die Welt brachten, ihre größte und edelste Aufgabe. Und für die Nachkommen ein abgedroschener Rat: »Kinder, gehorcht euren Eltern und dem Herrn, denn so ist es recht!«
    Er überflog pflichtschuldigst jeden Titel und warf die einzelnen Bände fort, wenn sie sich als nutzlos erwiesen hatten, bis er das Regal leergeräumt hatte. Blieben nur noch zwei Abteilungen, die er durchsuchen mußte. Keine schien allzu vielversprechend zu sein. Er stand auf, streckte sich und sah auf den sonnigen Parkplatz hinaus. Ein übelkeitserregendes Gefühl der Vorahnung drehte ihm den Magen um. Die Sonne schien, aber wie lange noch?
    Hinter dem Parkplatz - ein gutes Stück dahinter - sah er den gelben Käfer, der aus dem Grove hinaus Richtung Freeway fuhr. Er beneidete den Adonis nicht um seine Freiheit. Er verspürte nicht den Wunsch, in ein Auto einzusteigen und wegzufahren. Was Orte zum Sterben anbelangte, da war der Grove so gut wie jeder andere: behaglich, vertraut, verlassen.
    Wenn er schreiend starb, würde niemand seine Feigheit hören.
    Wenn er stumm starb, würde niemand um ihn trauern. Sollte der Adonis gehen. Wahrscheinlich hatte er irgendwo sein Leben zu leben. Und es würde kurz sein. Wenn ihre Mission hier im Grove scheiterte - und die Nacht aus dem Jenseits in die Welt kam -, würde es sehr kurz sein. Und selbst wenn sie Erfolg hatten - eine geringe Hoffnung -, würde es immer noch kurz sein.
    Und am Ende immer besser als am Anfang, wußte man doch, wie sich der Zeitraum dazwischen gestaltete.

    Wenn das Äußere von Coney Eye das Auge eines Hurrikans war, dann war das Innere ein Funkeln in diesem Auge. Eine 716
    durchdringendere Stille, die Tesla auf jedes Zucken in Wangen und Stirn und auf jede kleinste Ungleichmäßigkeit ihres Atmens aufmerksam machte. Sie trat mit Jaffe im Schlepptau ein und begab sich ins Wohnzimmer, wo er sein Verbrechen wider die Natur begangen hatte. Die Spuren dieses
    Verbrechens waren rings um sie herum zu sehen, aber
    mittlerweile erkaltet, die Verzerrungen erstarrt wie
    geschmolzenes Wachs.
    Sie betrat das Zimmer selbst. Das Schisma war noch an Ort und Stelle: Die gesamte Umgebung wurde auf ein Loch
    zugezogen, das kaum zwei Meter Durchmesser hatte. Es war ruhig. Nichts deutete darauf hin, daß es sich breiter machen wollte. Wenn die Iad die

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