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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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und
    unangemessen war, blieb ihr eine Weile im Gedächtnis. Sie war nicht sicher, warum; möglicherweise, weil diese Farbe so typisch für West Hollywood war und sie bezweifelte, daß sie ihre Wohnung im North Huntley Drive jemals wiedersehen würde.
    »Sieht aus, als hätten wir ein Begrüßungskomitee«, sagte Grillo.
    »Perfektes Film-Timing«, sagte Tesla. »Drück drauf, Fahrer.«
    »Beschissene Dialoge.«
    »Fahr einfach nur.«
    Grillo scherte aus, um einen Zusammenstoß mit dem Streifenwagen zu vermeiden, trat mit dem Fuß aufs Gaspedal und 709
    war an dem Fahrzeug vorbei, bevor der Fahrer die Möglichkeit hatte, ihm den Weg zu versperren.
    »Oben werden noch mehr sein«, sagte er.
    Tesla drehte sich zu dem Auto um, das sie hinter sich gelassen hatten. Kein Versuch, sie zu verfolgen. Der Fahrer würde lediglich den Rest der Einheit von ihrer Anwesenheit in Kenntnis setzen.
    »Tu, was du tun mußt«, sagte Tesla zu Grillo.
    »Das heißt?«
    »Das heißt, fahr sie über den Haufen, wenn sie sich uns in den Weg stellen. Wir haben keine Zeit für Artigkeiten.«
    »In dem Haus wird es von Bullen nur so wimmeln«, warnte er sie.
    »Das bezweifle ich«, sagte sie. »Ich glaube, sie werden sich davon fernhalten.«
    Sie hatte recht. Als sie sich Coney Eye näherten, wurde dies deutlich; die Streifenpolizisten hatten beschlossen, daß die ganze Sache zu groß für sie war. Die Autos waren ein gutes Stück vom Tor entfernt geparkt, die Männer selbst wiederum standen weit hinter den Fahrzeugen. Die meisten sahen einfach nur zum Haus hinauf, aber ein Kontingent von vier Offizieren wartete an einer Barrikade, die errichtet worden war, um den Hügel abzusperren.
    »Soll ich einfach durchfahren?« sagte Grillo.
    »Verdammt richtig!«
    Er trat das Gaspedal durch. Zwei des Quartetts griffen nach den Waffen; die beiden anderen warfen sich beiseite. Grillo rammte die Barrikade mit hoher Geschwindigkeit. Das Holz splitterte und brach, ein Stück zertrümmerte die Windschutzscheibe. Er glaubte, in dem Durcheinander einen Schuß zu hö-
    ren, aber da er immer noch fuhr, ging er davon aus, daß er nicht getötet worden war. Das Auto rammte einen Streifenwagen, das Heck schlitterte und traf ein zweites Auto, dann hatte Grillo wieder die Herrschaft über das Fahrzeug und fuhr zum 710
    offenen Tor von Buddy Vance' Haus. Sie rasten mit heulendem Motor die Einfahrt entlang.
    »Niemand folgt uns«, sagte Tesla.
    »Kann ich ihnen nicht verübeln«, antwortete Grillo. Als sie die Kurve der Einfahrt erreichten, trat er auf die Bremse. »Das ist nahe genug«, sagte er. »Mein Gott. Sieh dir das an.«
    »Ich sehe es.«
    Die Fassade des Hauses sah aus wie ein Kuchen, der die ganze Nacht bei heftigem Regen draußen stehengelassen worden war, ganz aufgeweicht und formlos. Keine geraden Linien mehr an den Türrahmen, keine rechten Winkel an den Fenstern - nicht einmal an denen des obersten Stocks. Die Macht, die Jaffe hier entfesselt hatte, hatte alles in ihren Schlund gezogen und Backsteine, Fliesen und Glasscherben verzerrt; das ganze Haus neigte sich dem Schisma entgegen.
    Als Tesla und Grillo zur Tür herausgestolpert waren, war das Gebäude ein Mahlstrom gewesen, aber das entstandene Loch schien besänftigt zu sein. Von weiterer Brutalität keine Spur.
    Aber an der Nähe des Schismas konnte kein Zweifel bestehen.
    Als sie aus dem Auto ausstiegen, spürten sie seine Energie in der Luft. Ihre Nackenhärchen stellten sich auf, ihre Eingeweide bebten. Es war so still wie im Auge des Hurrikans. Eine erhabene Stille, die geradezu danach schrie, unterbrochen zu werden.
    Tesla betrachtete durch das Seitenfenster ihren Passagier.
    Jaffe spürte, daß er beobachtet wurde, und schlug die Augen auf. Seine Angst war deutlich zu sehen. So geschickt er seine Gefühle früher verborgen hatte - und sie vermutete, daß ihm das gut gelungen war -, jetzt war er zu solchen Vorstellungen nicht mehr fähig.
    »Wollen Sie kommen und es sich ansehen?« sagte sie.
    Er ging nicht auf das Angebot ein, daher ließ sie ihn, wo er war. Sie mußte eine Pflicht erfüllen, bevor sie hineingingen, und während sie die erledigte, konnte sie ihm Zeit lassen, 711
    seinen Mut zusammenzunehmen. Sie ging in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren, bis sie hinter der Reihe der Palmen an der Einfahrt herauskam. Die Polizisten waren ihnen bis ans Tor gefolgt, aber nicht weiter. Sie überlegte, daß vielleicht nicht nur Angst sie an einer Verfolgung hinderte, sondern Befehle

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