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Jenseits des Bösen

Jenseits des Bösen

Titel: Jenseits des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Barker
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fragte er sie etwas verlegen, ob sie einander denn kennen würden. Früher hatte es ihr praktisch das Herz gebrochen, wenn er sie vergessen hatte. Aber etwas hatte sich in ihr verändert. Sie war nicht mehr so empfindlich. Ja, sagte sie zu ihm, du kennst mich. Wir sind einander schon ein paarmal begegnet. Aber es ist mir gleich, ob du dich an mich erinnerst oder nicht. Ich liebe dich, und ich will alles tun, damit du mit mir ins Bett gehst. Während sie das sagte, sah er sie mit offenem Mund an, dann sagte er: Das ist ein Witz, richtig?
    Worauf sie antwortete, daß es ganz und gar kein Witz und ihr vielmehr jedes Wort ernst war, und da der Tag warm und das Haus leer war, abgesehen von ihnen beiden, gab es eine bessere Gelegenheit als jetzt?
    Seine Verblüffung hatte die Libido Krentzmans nicht beeinträchtigt. Obwohl er nicht verstand, warum sich dieses Mädchen gratis anbot, ergab sich so eine Gelegenheit zu selten, als daß er sie einfach hätte ungenützt lassen können.
    Daher akzeptierte er mit dem Gebaren eines Jungen, dem solche Angebote tagtäglich gemacht werden. Sie verbrachten den Nachmittag zusammen und führten den Akt nicht nur einmal, sondern gleich dreimal aus. Sie verließ das Haus gegen Viertel nach fünf und machte sich mit dem Gefühl auf den Heimweg durch den Grove, daß ein Bedürfnis gestillt worden war. Es war keine Liebe. Er war dumm, egoistisch und ein schlechter Liebhaber. Aber er hatte an diesem Nachmittag möglicherweise Leben in sie gepflanzt, oder wenigstens seinen Teelöffel voll Substanz zur Alchemie beigetragen, und mehr hatte sie eigentlich gar nicht von ihm gewollt. Sie hinterfragte diese Veränderung der Prioritäten nicht. Ihr Verstand war kristallklar, was die Notwendigkeit der Befruchtung betraf. Der Rest des Lebens, Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart, war verschwommen.
    Gleich am nächsten Morgen, nachdem sie tiefer als seit 101
    Jahren geschlafen hatte, rief sie ihn an und schlug eine zweite Liaison vor, noch an eben diesem Nachmittag. War ich so gut?
    fragte er. Sie sagte ihm, daß er besser als gut war; er war ein Hengst; sein Schwanz das achte Weltwunder. Er stimmte bereitwillig zu, sowohl den Schmeicheleien wie auch der Verabredung.
    Es sollte sich erweisen, daß sie in der Wahl ihres Partners möglicherweise die glücklichste des Quartetts gewesen war. So eitel und dumm Krentzman war, er war auch harmlos und auf seine unzulängliche Art zärtlich. Der Drang, der Joyce in sein Bett trieb, wirkte mit gleicher Heftigkeit in Arleen, Trudi und Carolyn, trieb die anderen aber in nicht so konventionelle Beziehungen.
    Carolyn machte einem Edgar Lott ihre Avancen, einem
    Mann Mitte Fünfzig, der im vergangenen Jahr in das Haus gegenüber dem ihrer Eltern eingezogen war. Kein Nachbar hatte sich mit ihm angefreundet. Er war ein Einzelgänger und hatte lediglich die Gesellschaft von zwei Dackeln. Das sowie die Tatsache, daß er nie Damenbesuch erhielt und bei seiner Kleidung stets sorgfältig auf Farbabstimmung achtete -
    Taschentuch, Krawatte und Socken waren stets im selben Pastellton gehalten -, führte zur allgemeinen Vermutung, daß er homosexuell war. Doch so naiv Carolyn auch hinsichtlich der Einzelheiten des Geschlechtsverkehrs war, diesbezüglich kannte sie ihn besser als ihre Eltern. Sie hatte mehrmals bemerkt, wie er sie ansah, und ihr Instinkt hatte ihr gesagt, daß seine Blicke mehr als Hallo bedeuteten. Sie lauerte ihm auf, als er mit den Dackeln seinen morgendlichen Spaziergang machte, begleitete ihn und fragte dann - nachdem die Hunde ihr Revier für den heutigen Tag gekennzeichnet hatten -, ob sie vielleicht mit ihm nach Hause kommen könnte. Später sagte er ihr, daß seine Absichten durchaus ehrenhaft gewesen waren und er sie nicht angerührt haben würde, hätte sie sich nicht buchstäblich auf ihn gestürzt und seine Zuwendung gleich auf dem
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    Küchentisch verlangt. Aber wie hätte er so ein Angebot ab-lehnen können?
    Wenngleich sie, was Altersunterschied und Anatomie anbetraf, kaum zusammenpaßten, begattete er sie mit einer ungeahnten Heftigkeit, und dabei gerieten die beiden Dackel in einen Taumel der Eifersucht, kläfften und jagten den eigenen Schwänzen hinterher, bis sie völlig erschöpft waren. Nach dem ersten Mal sagte er ihr, daß er in den sechs Jahren seit dem Tod seiner Frau keine andere Frau angerührt hatte, und das hatte ihn zum Alkohol getrieben. Auch sie war eine Frau gewesen, die wußte, was sie wollte. Als er von ihrer Leidenschaft

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