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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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sich des Nachts mit Mädchen abzugeben. Mit etwas Glück würde man ihm glauben, dass er zu viel getrunken und deshalb die Zeit vergessen hatte.
    „Wann sind Sie losgegangen?“
    Es war nach Mitternacht gewesen. Keine Uhrzeit, zu der man sich mit einem Studienproblem an einen Lektor wandte.
    „Ich habe nicht auf die Uhr gesehen. Tut mir leid.“ Er konzentrierte sich darauf, nicht gefragt zu werden, um welche Zeit es ungefähr gewesen sein mochte. Der Mann starrte ihn an.
    „Wo war Herr Treynstern?“
    „Er war losgezogen, um seine Mutter zu besuchen.“
    „Mitten in der Nacht?“
    „Eine dringende Familienangelegenheit.“
    „Welcher Art?“
    „Da bin ich überfragt. Familienangelegenheiten sind nun mal privat. Es tut mir leid.“
    Er fragte sich, ob er erwähnen sollte, dass Thorolf nie bei seiner Mutter angekommen war, doch dann entschied er sich, nichts zu sagen, das man ihn nicht ausdrücklich gefragt hatte. Es war gewiss besser, wenn er nicht erklären musste, warum er es für notwendig befunden hatte, Leute, die er persönlich kaum kannte, vor sieben Uhr morgens aufzusuchen. Er wusste ja selbst kaum zu sagen, warum er es getan hatte. Um einer weiteren Frage zuvorzukommen, stellte er selbst eine.
    „Wo ist denn Herr Treynstern jetzt? Sollte man seine Mutter nicht darüber informieren, was geschehen ist?“
    „Vielleicht weiß sie es ja längst?“, war die misstrauische Antwort.
    „Herr Inspektor, ich gehe im Grunde nicht davon aus, dass jemand, der nächtens Frauen angreift, das im Beisein seiner Frau Mutter tut.“
    Der Beamte schenkte ihm einen vernichtenden Blick, und Ian hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen. Solcherart bissige Kommentare waren genau das, was ihn bei den Behörden in Misskredit bringen mochte.
    Eine Grimasse zog sich über das Gesicht des Polizisten.
    „Wie scharfsinnig. Wo finden wir seine Mutter?“
    „Sie besucht Bekannte in München, die von Orvens, eine äußerst respektable Familie, versichere ich Ihnen. Auch Frau Treynstern ist höchst respektabel.“
    Der Mann nickte.
    „Sie kennen sie?“
    Er hätte den Mund halten sollen. Er konnte schließlich der Gendarmerie nicht erzählen, dass er die Dame in den Bergen getroffen hatte, während er von einem Spukwesen besessen gewesen war. Auch nicht, dass er mit ihrem Exliebhaber besonders gut befreundet war.
    „Nur flüchtig. Herr Inspektor …“ Wieder eine Rückfrage, um weiteres Ausfragen zu verhindern. „Ist es wirklich erwiesen, dass Herr Treynstern eine Frau angegriffen hat? Ich kann das nicht glauben.“
    „Man hat ihn dabei überrascht, Messer in der einen Hand, Mädchen in der anderen. Mitten im blutigen Tun. Da besteht kein Zweifel. Die Polizei kam gerade noch rechtzeitig, bevor er sie ermorden konnte. Die Frau ist bekannt – sie sitzt den Künstlern Modell. Einem Zeugen nach kannte Treynstern sie.“
    „Es gab einen Zeugen?“
    Das klang nicht gut. Was konnte nur geschehen sein? Warum nur hatte Thorolf jemanden angegriffen? Hatte er sich wieder eingebildet, es wären weibliche Ungeheuer unterwegs, die ihm sein Herz rausreißen wollten?
    „In der Tat.“
    Es klopfte.
    „Soll ich …?“, fragte Ian.
    Inspektor Angermeier nickte.
    Ian lief zur Tür und öffnete sie. Frau Treynstern stand vor ihm.
    „Es tut mir leid, Sie so bald wieder zu belästigen, Mr. McMullen“, sagte sie. „Ich konnte mich einfach nicht beruhigen und dachte, wenn ich noch einmal mit Ihnen allein sprechen, dass Sie mir dann vielleicht …“
    „Grüß Gott, Frau Treynstern. Bitte treten Sie ein. Die Polizei ist da.“
    Einen Moment lang schien sie zu erstarren, dann setzte sie ein höfliches Lächeln auf, ließ sich ins Zimmer führen und blickte den Inspektor an.
    „Frau Treynstern, darf ich Ihnen Inspektor Angermeir vorstellen?“
    Der Mann verneigte sich, und Ian sah, dass ihm diese Begegnung so gar nicht in den Kram passte.
    „Herr Inspektor, haben Sie Neuigkeiten von meinem Sohn?“
    Das war Angermeier offenkundig peinlich. Was immer er über den Sohn gedacht hatte, seine Mutter mit ihrer reifen Schönheit und ihrer ruhigen Grazie war ganz offensichtlich nicht das, was er erwartet hatte.
    „Frau Treynstern, Ihr Sohn wurde gestern Nacht dabei ertappt, wie er versuchte, eine Frau zu ermorden. Mr. McMullen hier sagt mir, dass Ihr Sohn auf dem Weg zu Ihnen war?“
    Sie starrte ihn nur an und ignorierte seine Frage. Ihr Mund stand offen. Sie schloss ihn mit Mühe. Sie tat Ian unendlich leid.
    „Das muss sich um einen Irrtum

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