Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
zu sich herüber.
»Ich möchte etwas mit Ihnen besprechen, Jonathan«, sagte er.
Jonathan war erschöpft. Am Nachmittag hatte er hart gearbeitet und tatsächlich ein paar kleinere Stücke gefunden, weißen Opal, den man auch Milchopal nannte. Er galt leider als nicht sehr wertvoll. Und nun war ihm so gar nicht nach einem Gespräch zumute. Viel lieber wollte er in den Nachthimmel mit seinen funkelnden Sternen schauen und dem Halbmond zusehen, wie er immer höher stieg. Wenn sich die Dunkelheit über die Landschaft senkte, bot sie einen ganz anderen, viel weicheren Anblick. Die Gesteinshaufen neben den Schächten sahen aus wie winzige Hügel, dazwischen die rotgolden glühenden Lagerfeuer, deren Rauch nach Eukalyptus duftete. Bisweilen mischte sich der Duft nach brutzelndem Fleisch oder Eintopf hinein. Die Silhouetten derMinenarbeiter, die vor ihren Feuern saßen, hatten etwas Romantisches, vor allem, wenn aus dem einen oder anderen Zelt Musik erklang oder einer der Männer ein Lied aus seinem Heimatland sang. Jonathan wusste, dass sich diese Bilder, Gerüche und Klänge für immer in sein Gedächtnis einbrennen würden.
Andros Stimme hatte ernst geklungen, und so setzte Jonathan sich an das knisternde Feuer des Kroaten. Neben ihm stand eine Flasche Wein. Andro trank oft Wein. Alle paar Wochen kamen Weinhändler den Stuart Highway herauf, um den Minenarbeitern auf den Opalfeldern in Coober Pedy, Andamooka und sogar Lightning Ridge Wein zu verkaufen. Es war ein kräftiger Wein, und Andro liebte ihn, aber es sah nicht so aus, als hätte er an diesem Abend schon etwas getrunken.
»Stimmt was nicht, Andro?«, fragte Jonathan besorgt. »Ist alles in Ordnung mit Marlee?«
»Ihr geht es gut«, versicherte Andro, sichtlich gerührt von Jonathans Sorge um sein kleines Mädchen. »Und das nur dank Ihnen, Jonathan. Nach Geddas Tod wusste ich einfach nicht mehr weiter. Ich hatte keine Ahnung, was ich mit Marlee anfangen sollte. Wären Sie nicht gewesen, weiß ich nicht, was aus uns geworden wäre.«
»Sie hätten das schon irgendwie geschafft.«
»Da bin ich mir nicht so sicher. Ich kann eigentlich nicht gut mit Kindern umgehen. Wäre Marlee ein Junge, hätte ich ihr alles über die Arbeit in der Mine beibringen können, mit einem Mädchen jedoch … Sie dagegen kommen gut mit ihr klar, und Marlee ist gern mit Ihnen zusammen. Sie sind wirklich ein Gottesgeschenk.«
Jonathan wollte das Lob wegwischen, aber Andro ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Wenn ich Ihnen meine Tochter anvertrauen kann, dann kann ich Ihnen auch bei allem anderen trauen«, sagte Andro.
»Worauf soll dieses Gespräch hinauslaufen?«, fragte Jonathan irritiert. Er hatte Mühe einzuschätzen, was in Andros Kopf vorging.
»Ich glaube, wir sollten Minenpartner werden«, sagte Andro.
»Partner!« Jonathan war verblüfft. »Das ist beim vorigen Mal nicht so gut für Sie ausgegangen.«
»Da haben Sie recht«, stimmte Andro verbittert zu. »Aber mit Ihnen ist es etwas anderes.«
»Selbst wenn Sie das glauben, sind Sie sicher, dass Sie wieder einen Partner wollen? Meinen Sie nicht, es wäre besser für Sie, allein zu arbeiten?« Andro konnte gut vom Ertrag seiner Mine leben.
»Ich hätte nicht gedacht, dass ich je wieder einen Partner wollen würde, dank Ihnen habe ich jedoch meine Meinung geändert. Sie arbeiten härter als sonst einer hier, und Sie kümmern sich um meine Tochter, als wäre sie Ihr eigen Fleisch und Blut. Jetzt will ich auch was für Sie tun.«
»Das ist wirklich nicht nötig, Andro. Sie haben schon genug für mich getan. Ohne Ihre Hilfe hätte ich niemals auch nur einen Fund gemacht. Dafür bin ich Ihnen dankbar. Sie schulden mir nichts.«
Jonathans Worte bestätigten Andro, was er sich ohnehin schon gedacht hatte. Er musste sich nicht verpflichtet fühlen, doch Jonathan war ein guter, aufrichtiger Mann. Er wäre der ideale Partner. »Zusammen werden wir noch viel mehr Erfolg haben«, sagte er. Er senkte die Stimme und schaute sich um, weil er sichergehen wollte, dass keiner der anderen Männer in der Nähe war. »Ich schlage vor, wir verbinden unsere Minen durch einen horizontalen Tunnel. Keiner wird davon erfahren. Ich glaube, wir werden Glück haben. Was sagen Sie? Sollen wir es angehen?«
Der Vorschlag war verlockend, doch Jonathan sorgte sich auch. Wenn es nicht gut lief, hätte er Andro zum Feind. Die Auseinandersetzungen zwischen Andro und Bojan hatte er mitbekommen. Sie waren fürchterlich gewesen.
»Wir machen so weiter
Weitere Kostenlose Bücher