Jenseits des Spiegels
Najat wissen.
„Ich hab´s im Gefühl.“
Schnaubend schüttelte Azar den Kopf. „Auf Gefühle einer Katze werden wir nicht viel geben.“
„Pass aus wie du mit ihr sprichst“, knurrte Julica, und überraschte mich damit. Ich hätte nie geglaubt, dass sie für mich Partei ergreifen würde. Klar, wir verstanden uns eigentlich ganz gut, nur bisher hatte ich geglaubt, dass es eher so was, wie Akzeptanz der Gegenwahrt des anderen wäre. Hatte ich mich in ihr genauso getäuscht wie in Veith? Ich warf ihm einen kurzen Blick zu, und merkte, wie er mich beobachtete.
„Nein Julica“, knurrte Azar zurück. „Pass du lieber auf wie du mit mir sprichst. Du magst vielleicht hier sein, um deine Mamá zu vertreten, aber das macht dich noch lange nicht zu einem Alpha.“
„Na Gott sei Dank“, rutschte es mir heraus. Als sich elf paar Augen auf mich richteten, schoss mir die Hitze ins Gesicht. Meine Wangen waren ganz heiß, und ich wusste genau, dass ich knallig rot war. „Ich … ähm … so habe ich das nicht gemeint, ich meinte nur …“ Ich schlug mir die Hand vors Gesicht, doch es half nicht wirklich. Die scharfen Blicke konnte ich immer noch auf mir spüren. Warum hatte ich das nur laut gesagt? „Versteht mich nicht falsch, es ist bestimmt klasse ein Alpha zu sein.“ Ich ließ die Hand wieder sinken, wagte es aber nicht, irgendwem in die Augen zu sehen, wer wusste schon, wie die im Augenblick darauf reagieren würden. „Aber so viele auf einem Haufen sind schon echt … furchterregend. Ihr strahlt so eine Macht aus, bei der einem schon Angst und Bange werden kann.“ Gott, was laberte ich denn da? „Und je mehr ihr seid, desto gruseliger seid ihr“, schloss ich kleinlaut, und flehte darum, dass sich unter mir ein Loch auftun würde, in dem ich versinken konnte. Leider tat das Erdreich mir diesen Gefallen nicht.
Ein leises Lachen kam von Najat, und auch die anderen Alphas schienen meine Worte zu belustigen. Na super, jetzt hatte ich mich endgültig zum Gespött der Leute gemacht. Hätte das nicht wenigstens auf eine etwas würdevollere Weise passieren können?
„Eine Sache gibt es da noch“, unterbrach eine Alphahündin mit grauem gelocktem Haar. Das sah irgendwie seltsam aus, weil sie noch sehr jung schien, kaum älter als ich. Sie war wohl die jüngste Alpha in dieser Runde, und hatte sich bisher auch ziemlich zurückgehalten.
„Wie alt bist du?“, rutschte es mir raus, ohne vorher darüber nachzudenken, einfach weil sie mir wirklich noch recht jung vorkam. Und wieder hatte ich die Aufmerksamkeit aller. Ob es passieren könnte, vom ständigen rot anlaufen, dass man die Farbe nicht mehr los wurde? Das hätte mir gerade noch gefehlt. Ein roter Schneeleopard. Obwohl, wäre mal etwas anderes. „Tut mir leid, ich wollte nicht neugierig sein“, schob ich schnell noch hinterher.
Sie aber schien sich daran nicht zu stören. „Neunundzwanzig Jahre zähle ich seit kurzem.“
„So alt schon?!“ Oh man, nicht schon wieder. War denn da wirklich kein Loch, in dem ich mich verkriechen konnte? „Ähm … ich meinte damit … du hast dich wirklich gut gehalten.“
„Danke.“
„Bitte, und … ich glaube ich werde jetzt gar nichts mehr sagen.“
„Wäre wahrscheinlich eine gute Idee“, kam es klar von Azar.
Ich ignorierte ihn, und trollte mich zurück zu Pal und den anderen. Zuschauen und die Klappe halten, wäre vermutlich wirklich das Beste.
Nachdem das mit dem Alter nun geklärt war, wandte sich Julica an die Wölfin. „Freya, wenn ich das richtig verstanden habe, dann wolltest du uns noch etwas mitteilen?“ Sie ließ die Feststellung wie eine Frage klingen, und wartete neugierig.
„Ja und nein. Auch wir Felswölfe hatten einen Verlust, eine Wölfin, Lirana.“
Ich erinnerte mich an eine rothaarige, junge Frau aus dem Felswolfrudel. Ihre Akte war die erste gewesen, die ich aufgeschlagen hatte, ihr Verschwinden glich dem von Isla bis aufs Haar.
„Bei uns war es wie bei vielen anderen, sie war einfach plötzlich weg, und am Ende ihrer Fährte haben wir einen starken Geruch nach Katze bemerkt, und ein Stück rotes Fell gefunden, das definitiv von einer Großkatze stammte. Leider war das schon alles gewesen.“ Sie machte eine kurze Pause, um ihre Gedanken zu sammeln. „Natürlich habe ich danach die Sicherheitsmaßnahmen erhöht, denn mir war von Anfang an klar, dass sie nicht einfach zum Einzelläufer geworden ist, dafür ist sie zu gesellig. Bis vor zwei Wochen ist dann aber nichts weiter
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