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Jenseits des Windes

Jenseits des Windes

Titel: Jenseits des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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ihn dennoch immer wieder in Erstaunen. Die fliegenden Ungetüme, die zwischen den Kontinenten Fracht und Personen beförderten, vermochten lautlos durch die Luft zu schweben.
    Der Wind blies Kjoren heftig um die Ohren, als er das Schiff über die Brücke betrat. Er heulte sogar so laut, dass er nicht hören konnte, was der Kapitän ihnen vom anderen Ende aus zurief. Kjoren vermutete, es war ein Aufruf, sich zu beeilen. Immerhin waren sie längst außerhalb ihres Zeitplanes.
    Endlich waren alle Soldaten an Bord. Mehrere Matrosen bedienten eine riesige Kurbel, die die Zugbrücke hinter ihnen in Bewegung setzte. Schlagartig wurde es still, als sie den Wind aussperrten.
    Kjoren benötigte eine Weile, um sich an das gedämpfte Licht an Bord zu gewöhnen. Sie befanden sich in einem großen Raum, in dem Fracht und Gepäck gelagert wurde n . Drei Petroleumlampen baumelten von der Decke, konnten die Dunkelheit aber nicht aus den Ecken vertreiben. An den Wänden standen Kisten und Fässer, die man mit Spanngurten aneinander befestigt hatte. Es roch nach Holz und Öl.
    Der Kapitän der »Wind I« richtete das Wort an seine Passagiere. Er stellte sich mit Kapitän Hifflin vor und predigte ihnen die Verhaltensregeln an Bord. Frühstück gab es nach Sonnenaufgang, mittags bestand die Möglichkeit, einen Imbiss zu erwerben. Ihre Fahrt würde voraussichtlich zwei Tage dauern, da das Schiff schwer mit Fracht beladen war. Auf Kjoren machte es den Eindruck, als hätte Kapitän Hifflin den Vortag schon mehrere Tausend Male gehalten. Sein Blick schweifte gelangweilt von einem Soldaten zum nächsten, seine Stimme klang monoton. Er hätte sich seine Reden sparen können, denn Kapitän Scood, der sie mit der »Wind III« vor zehn Tagen nach Eld gebracht hatte, hatte einen auffallend ähnlichen Vortrag gehalten.
    Nachdem Hauptmann Lenry alle Soldaten auf ihre Kabinen aufgeteilt hatte, begaben sich Kjoren und seine Kameraden unverzüglich dorthin. Sie waren müde, erschöpft, dreckig und hungrig. Die beiden Gefangenen aus der Firunenfestung – Kjoren erfuhr, dass ihre Namen Tivor und Phal lauteten – bekamen eine komfortable Kabine auf dem ersten Deck zugeteilt, sie mussten sich mit den weniger geräumigen Kabinen nahe dem Frachtraum begnügen. Kjorens Zimmergenossen waren Abe und Louis, zwei Busenfreunde, die sich für unglaublich charismatisch hielten. Ständig wetteiferten sie, wer für das geringste Geld die hübschesten Huren abbekam, wer am weitesten pinkeln oder am lautesten aufstoßen konnte. Kjoren hätte sich ruhigere Zimmergenossen gewünscht.
    Die Enge der Kabine schnürte Kjoren die Luft ab. Selbst ohne ihr Gepäck auf dem Gang zwischen den Kojen hatte ein Mann kaum Platz, um zum anderen Ende des schmalen Raumes zu gelangen. Es gab nicht einmal ein Fenster, das einem eine schöne Aussicht versprach, nur ein Lüftungsgitter. Von der Decke baumelte eine Petroleumlampe, die sie und die drei Doppelkojen in schummriges Licht tauchte. Er hoffte, dass nicht noch drei weitere Soldaten ihrer Kabine zugeteilt wurden, damit er wenigstens niemanden über sich pennen hatte, dessen Ausdünstungen er einatmen musste.
    Kjoren setzte sich auf eine der unteren Kojen, wühlte ganz unten in seinem Marschgepäck nach einigermaßen sauberer Kleidung und begann, die Schnürsenkel der Stiefel zu lockern. Er ließ seine schmutzige Wäsche auf den Boden fallen und zog sich ein frisches Hemd an. Frisch roch es genau genommen nicht. Es fühlte sich klamm an und er verzog die Nase. Doch es war besser, als seine mit Blutspritzern versaute Uniform. Abe und Louis schienen von den Strapazen der letzten Tage noch nicht hinreichend geschwächt zu sein, denn sie schmiedeten bereits Pläne, wie sie den Abend verbringen wollten.
    »Könnt ihr nicht den Mund halten und euch wie erwachsene Valanen benehmen?«, knurrte Kjoren. Das alberne Gelächter der beiden hämmerte auf seine Nerven ein.
    »Halt die Klappe, Firune«, sagte Louis. »Wir können nichts für deine schlechte Laune. Du bist doch selbst schuld, dass du keine Freunde hast.«
    Kjoren war nicht in die Armee eingetreten, um Freundschaften zu schließen, und erst recht nicht mit Valanensoldaten. Er war sich bewusst, dass die anderen ihn für ungehobelt, mies gelaunt und unausstehlich hielten, aber das war Kjoren nur recht.
    »Sprich doch nicht mit dem. Der ist es nicht wert«, sagte Abe. »Dreckiges Firunenpack.« Louis pflichtete ihm bei, warf Kjoren noch einen bösen Blick zu und verschwand mit seinem

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