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Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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Frauen schaden konnte, und sich lange darüber geärgert, dass das von der Tatsache erschwert wurde, dass Ana nun eine Waffe hatte. Doch dann war ihm der rettende Einfall gekommen, und er berichtete Jerónimo, was er vorhatte.
    Wieder hatte er das Gefühl, dass seine Kehle brannte, aber nachdem er geendigt hatte und Jerónimo begeistert nickte, vermeinte er, er könnte sich regen, ja könnte laut auflachen, ohne übliche Furcht, an seiner Verbitterung ersticken zu müssen.

19. Kapitel
    E milia wusste nicht, was in den nächsten Wochen überwog – Trauer oder Wut, weil Arthur ohne Erklärung aus ihrem Leben verschwunden war, Erschöpfung, weil es so viel Arbeit gab, oder Glück, wenn sie die kleine Aurelia herumtrug und in den Schlaf sang. Es war ein sachtes Glück, eigentlich wagte sie kaum, es so zu benennen, und es war stets von tiefer Sorge um Rita begleitet, die das Kind nicht annehmen konnte.
    Und dennoch: Aurelia gab allem einen Sinn. Arthur mochte sie verlassen und damit bewiesen haben, dass er doch der Schuft war, für den sie ihn von Anfang an gehalten hatte – aber sie war nicht allein. Sie trug Verantwortung für die Kleine; für sie lohnte sich die Schufterei – und sie hatte Ana und die Amme Juanita, die ihr dabei halfen.
    Letztere war eine geschwätzige Chilenin mit riesigem Busen, die ihr zwar manchmal lästig war, aber so viel Milch hatte, dass das Kind prächtig gedieh. Rita sah es kaum an und berührte es kein einziges Mal – zumindest, und dies gab Emilia ein wenig Hoffnung, schlief sie nicht mehr ganz so viel wie während der Schwangerschaft, kam sogar manchmal in die Gaststube und in die Küche und bot dort ihre Hilfe an. Sie war so langsam, dass sie Emilia mehr schadete als nützte, doch wenn diese ihr sagte, sie könnte sich ruhig ausruhen, erklärte Rita mit starrem, ausdruckslosem Gesicht: »Du hast viel für mich getan. Jetzt bin ich an der Reihe.«
    Ihr aufgedunsener Körper fand die Form wieder, die Haut war nicht mehr ganz so blass, und ihr Haar glänzte etwas mehr. Nur der Blick blieb stumpf und leer.
    Als der Herbst dem Ende zuging und schließlich der Winter mit heftigen Stürmen und Schnee kam, gab es kaum mehr etwas zu tun. Es war nicht der erste Winter, den sie hier in Punta Arenas verbrachten, aber keiner war so kalt gewesen. Die wenigen Robbenjäger, die zu Gast waren, erzählten, dass die Flamingos im Eis festfrieren würden. Kormorane wiederum schliefen im Winter so tief, dass man ihnen problemlos den Hals umdrehen oder – wie es die Indianer taten – sie mit einem Biss in den Hals töten konnte. Meist kamen diese Männer nur zum Essen – die Zimmer hingegen blieben leer.
    Kurz und trübe waren die Tage, die Nächte endlos. Nichts zu tun zu haben war für Emilia so ungewohnt, dass sie sich sogar auf die unliebsame Näharbeit stürzte und damit bis nach Mitternacht vor dem Ofen in der Küche saß. Manchmal unterbrach sie das Nähen, starrte in die zuckenden Flammen und fragte sich, wie es weitergehen würde. Der Traum von Deutschland war in den letzten Jahren immer weiter in die Ferne gerückt, trotzdem hatte sie ihn manchmal heraufbeschworen, um sich daran aufzurichten. Nun schien es ihr undenkbar, Punta Arenas jemals wieder zu verlassen. Weder konnte sie Ana hier zurücklassen noch Rita in ihrem Zustand auf eine weite Reise mitnehmen und schon gar nicht ein kleines Kind. Und außerdem – wenn sie an Deutschland dachte, dachte sie unweigerlich auch an Arthur und dass es ein schlimmer Fehler gewesen war, ihm zu trauen. Hatte sie sich nicht damals, als sie Manuel verlassen musste, aus gutem Grund geschworen, nie wieder einen Mann zu lieben? Wobei sie Arthur natürlich gar nicht liebte, wie sie sich nun stur vorsagte. Was sie in seine Arme getrieben hatte, war etwas anderes gewesen, Begehren und Lust, die Sehnsucht nach Freiheit, nach Leichtigkeit und der Wunsch, nicht allein zu sein, aber nicht Liebe. Und dennoch: Manchmal konnte sie nicht anders, als die Augen zu schließen, die Erinnerungen an diese Nacht hervorzurufen und sich daran zu laben, auch wenn sie sich hinterher darüber ärgerte, dass sie sich das Gesicht eines Schufts wie Arthur so viel leichter vergegenwärtigen konnte als das von Manuel und dass sie jede Berührung von ihm immer noch auf ihrer Haut zu spüren glaubte, während die Stunden, die sie damals mit Manuel im Wald verbracht hatte, verblasst schienen. Sie ärgerte sich nicht nur – sie hatte auch ein schlechtes Gewissen. Nachdem Arthur

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