Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits von Feuerland: Roman

Jenseits von Feuerland: Roman

Titel: Jenseits von Feuerland: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
Vom Netzwerk:
vors Gesicht. Trotzdem lugte sie schließlich vorsichtig zwischen den Fingern hindurch. Esteban war zurückgetaumelt, versuchte, sich zu schützen, und als seine Hände ins Gesicht fuhren, um zu betasten, wo die Fäuste ihn getroffen hatten, schnellte die Hand der jungen Frau vor und zog ihm irgendetwas aus der Tasche, das wie eine Geldbörse aussah. Ohne auf Emilia und Rita zu achten, rannte sie davon und verschwand hinter der Ecke, von der sie gekommen war.
    Dass sie nun ganz allein vor Esteban stand, schien Emilia nicht zu stören.
    »Du Mistkerl!«, zischte sie.
    Rita presste die Augen rasch wieder zusammen. Doch wenn sie auch nicht sehen konnte, wie Esteban Emilia wütend anstarrte, so hörte sie ihn doch drohend grollen: »Dir Mannweib bin ich einmal zu viel begegnet!«
    Gleich wird er sie schlagen!, schoss es ihr durch den Kopf. Ja, gewiss würde er auf Emilia losgehen! Er würde sie würgen wie diese fremde Frau! Vielleicht würde er sie sogar töten! Sie musste ihr irgendwie helfen, aber … aber sie konnte doch nicht!
    Doch Esteban schlug Emilia nicht, hob vielmehr den Kopf, um sich umzusehen.
    »Und wo du bist«, fuhr er fort, »kann die schöne Rothaut nicht weit sein!«
    Kraftlos ließ Rita ihre Hände sinken und sah, wie sich der dreckige, heruntergekommene Mann, dessen Gesicht ausnahmsweise nicht bleich, sondern von roten Flecken übersät war, an Emilia vorbeidrängte und auf sie zuging, grinsend nun, weil er sich gewiss dachte, dass es mehr Spaß machte, diejenige der Frauen zu bestrafen, die ihn am meisten fürchtete.
    Rita drängte sich immer enger an die Hauswand, doch diese bot keinerlei Schutz.
    »Lass sie in Ruhe!«, hörte sie Emilia rufen. Sie hastete an Esteban vorbei und stellte sich schützend vor Rita – ein nutzloses Unterfangen, wie diese dachte. Sie waren so viel schwächer als er! Erst würde er Emilia niederschlagen, dann würde er sich ihr zuwenden, um sie …
    Sie glaubte, seine Hände bereits zu spüren – so wie damals, auf Pedros Schaluppe, als diese Hände an ihrer Bluse gezerrt, ihren nackten Busen betastet, gewaltsam die Schenkel gespreizt hatten.
    »Emilia!«, ertönte da plötzlich eine Stimme. »Gibt es Probleme?«
    So auf Esteban fixiert, hatte Rita nicht bemerkt, dass sie nicht länger allein waren. Eine Gruppe Männer war um die Ecke gebogen, und wenn ihre Gesichter Rita auch fremd waren – Emilia schien sie sofort zu erkennen: Es waren Gäste der Herberge, die sie oft bewirtet hatte und die den Namen der Köchin, die so leckeres Rindfleisch briet, nicht vergessen hatten.
    Auch Esteban fuhr herum. Der Ausdruck von Spott und Verachtung wich aus seinem Gesicht, als ihm aufging, dass er einer Übermacht gegenüberstand.
    »Also«, drängte einer der Männer. »Gibt es Probleme?«
    Emilia nahm Rita an der Hand und zog sie zu den Männern. Noch nie hatte sie sich inmitten so vieler fremder Menschen so wohl gefühlt.
    »Nein«, sagte Emilia fest und fixierte Esteban, »nein, es gibt keine Probleme.«
    Rita blickte nicht auf, als sie mit den Männern mitgingen, bald die Hauptstraße erreichten und dort im Gewühl untertauchen konnten. Ihr Blick war starr auf den Boden gerichtet. Emilia hingegen musste sich noch einmal umgedreht haben, denn plötzlich schimpfte sie: »Dieser Feigling! Hebt die Faust, aber zu folgen wagt er uns natürlich nicht!«
    Rita atmete keuchend aus.
    Ob feige oder nicht, ging es ihr durch den Kopf, ihnen konnte das nur mehr als recht sein.
    Nach einer Weile verabschiedeten sie sich von den Männern und kamen in einer ruhigeren, wenngleich nicht menschenleeren Straße zum Stehen. Emilias Zopf hatte sich im Kampf gelöst, und nun flocht sie ihn rasch wieder neu. Ihre Hände zitterten dabei nicht – ganz anders als die von Rita –, und in ihrem Gesicht stand keinerlei Furcht, nur Empörung. Rita starrte sie verwundert an.
    »Wie … wie kommt es nur, dass du keine Angst hast?«, stammelte Rita fassungslos.
    »Weil ich so wütend bin! Was für ein scheußlicher Kerl er nur ist!«
    Rita nickte betroffen. »Denkst du, dass er nach uns suchen wird?«
    Sogleich ertönte die Antwort, doch es war nicht Emilias Stimme, die zu ihr sprach.
    »Das glaube ich nicht«, sagte dicht neben ihnen jemand, »dazu ist er nicht nur zu feige, sondern auch zu faul.«
    Rita und Emilia fuhren gleichzeitig herum. Wie aus dem Nichts stand die dürre, blonde Frau vor ihnen. Ihre Wangen waren leicht gerötet, ansonsten aber wies sie keinerlei Spuren von Gewalt auf. Die

Weitere Kostenlose Bücher