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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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Jill zögernd. »Wir haben offensichtlich Wilderer auf Inqaba , und das ist mir in die
Knochen gefahren. Was die Löwen da zwischen den Zähnen hatten, war der Kopf eines gewilderten Gnus. Er hatte ein Schussloch, und wir haben eine Kugel gefunden.«
    Ãœberrascht merkte Anita auf. »Oh. Wilderer? Also war es keine Trophäenjagd? Mit einem Loch im Kopf sieht ein Gnu an der Wand doch nicht so hübsch aus. Mein Vater hatte damals einige Jagdtrophäen im Arbeitszimmer unseres Hauses hängen und mir einmal erklärt, wie wichtig es sei, den Kopf bei der Jagd nicht zu verletzen.«
    Â»Nein, diese Kerle haben wohl wegen des Fleisches gewildert. Sie zerteilen das Tier und dann wird es auf irgendeinem Markt verkauft. Das ist ein gutes Geschäft. Es gibt viele hungrige Menschen in Zululand.«
    Bevor sie fortfahren konnte, rannte Ziko die Treppe hoch. »Ma’am!« Sichtlich aufgeregt hielt er den Balg eines sehr großen Vogels hoch. »Ma’am, wir haben einen Geier gefunden. In einer Falle. Ohne Kopf!«
    Jill erbleichte beim Anblick des blutigen Halses. Halblaut knurrte sie einen saftigen Fluch. »Vom Kopf gibt es wirklich keine Spur?«, fragte sie dann.
    Der Zulu schüttelte heftig den Kopf. »Der wird auf dem Muti-Markt verkauft. Fünfzig Rand für eine winzige Flasche mit einem Krümel Geierhirn vermischt mit Schlamm.«
    Anita schaute ungläubig von einem zum anderen, hielt sich allerdings mit Fragen zurück, wozu man Geierhirn mit Schlamm vermischt benutzen konnte. Jill wirkte zu angespannt und wütend, als sie jetzt langsam den Kadaver des Vogels umrundete und dabei Ziko befragte, wo genau die Falle gestanden und ob sie zerstört worden sei. »Habt ihr vergiftetes Fleisch gefunden?«
    Der Zulu zögerte. »Fleisch haben wir gefunden«, gestand er endlich, ohne Jill dabei anzuschauen.
    Jill sah ihn scharf an. »Ziko, ihr dürft es nicht anrühren. Verstanden?« Sie packte ihn an den Schultern, zwang ihn, ihr in die
Augen zu sehen. »Das Gift ist nicht nur für Tiere tödlich, sondern auch für Menschen. Ihr müsst es verbrennen! Kann ich mich darauf verlassen, oder muss ich es selbst tun?«
    Zikos Blick hinter den verschmierten Gläsern rutschte ab. »Okay, wir verbrennen es«, murmelte er. Es war deutlich, dass er darüber nicht erfreut war.
    Seine Chefin musterte ihn misstrauisch. »Phumile, sag allen Bescheid, sie sollen sich unten vor dem Bungalow versammeln«, befahl sie. »Ich komme sofort nach unten.«
    Â»Yebo, Ma’am!« Phumile wandte sich um, sprang die Treppe hinunter und war gleich darauf von der Dunkelheit verschluckt. Ziko folgte ihr erheblich langsamer.
    Â»Moment«, sagte Jill zu Anita und drückte die Taste auf ihrem Funkgerät. »Können mich alle hören?« Nach der vielstimmigen Antwort wiederholte sie das, was sie Phumile gesagt hatte. »Jetzt sofort, unten vor dem Bungalow! Alle!« Dann wandte sie sich an ihren Gast. »Tut mir leid, ich muss zu meinen Leuten … Hast du noch Fragen?«
    Â»Allerdings. Wird das Gehirn gegessen? Paniert, wie Kalbsbregen? Und vor allen Dingen, warum?«
    Â»Gegessen? Nein, dahinter steckt etwas anderes. An der Ostküste des südlichen Afrika ist der Aberglaube verbreitet, dass man nur getrocknete Geiergehirne in eine Zigarette gerollt rauchen muss, und schon kann man die Lottogewinnzahlen vorhersagen. Oder Gewinner bei den nächsten Pferderennen, die Antworten auf Examensfragen und so weiter. Die Dämpfe des Geiergehirns verleihen dem Raucher die sagenhafte Sehkraft des Vogels, die ihm erlaubt, in die Zukunft zu sehen, heißt es. Um böse Geister zu verscheuchen, muss man allerdings Eselsfett zu sich nehmen. Ist das genug Erklärung?«
    Anita starrte sie mit offenem Mund an. »Du machst Witze, oder?« Gleichzeitig fiel ihr die Geschichte ein, die ihr Maurice über die Praktiken der Sangomas aufgetischt hatte, und mit
einem flauen Gefühl im Magen wurde ihr klar, dass er durchaus die Wahrheit gesagt haben könnte. Und Jill auch.
    Â»Witze?«, sagte Jill. »O nein, absolut nicht. Die Geier werden erschossen, in Fallen gefangen oder mit vergiftetem Fleisch angelockt. Wenn dann andere Tiere den vergifteten Kadaver oder das ausgelegte Fleisch fressen, gehen auch sie ein. Und da viele der Einheimischen das entweder nicht wissen oder nicht glauben, kommt es immer wieder vor, dass sie von dem Fleisch

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