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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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durchschnitt ein Lichtstrahl die tintige Schwärze und traf ihre Augen, die vor Schmerzen sofort zu tränen anfingen.
    Kira drehte den Kopf zur Seite und vergrub ihr Gesicht an ihrer Brust. Anita fühlte sich hart am Oberarm gepackt und hochgerissen. Sie schrie laut auf. Kira klammerte sich mit erstaunlicher Kraft an sie, trotzdem wurden sie beide über den Rand der Abfallgrube gehievt.

    Â»Lasst Anita los, ihr Mistschweine«, kreischte Kira und trat um sich.
    Es klatschte, die Worte gingen in einem Husten unter, und die Kleine wurde Anita aus den Armen gerissen. Gleichzeitig rutschte sie selbst aus dem Griff an ihrem Oberarm und landete so hart mit dem Rücken auf dem Betonboden des Hofs, dass ihr vom Aufprall die Luft wegblieb. Nach Atem ringend und mit tränenden Augen schaute sie sich um.
    Als Erstes sah sie Beine, weißhäutige Männerbeine in hellblauen Kniestrümpfen und Buschstiefeln, an denen dichter, rötlicher Haarpelz in der schräg stehenden Sonne glänzte. Am Knie verschwanden sie unter zerknitterten Shorts, darüber versperrte ihr eine immense Bauchwölbung die weitere Sicht. Direkt neben ihr waren zwei Paar Beine mit glatter dunkler Haut, barfuß, die Seiten der Füße gelblich verhornt und rissig. Zögernd ließ sie ihren Blick nach oben wandern. Der Weiße spähte über seinen Bauch auf sie herunter.
    Es war Len Pienaar, ohne Zweifel. Den einen Schwarzen, der wie der andere auch nur Khaki-Shorts trug, erkannte sie als Jacob, der andere war ihr noch unbekannt. Im Hintergrund blitzte eine verspiegelte Sonnenbrille. Riaan. Das machte also vier Männer. Eine Übermacht. Verzweiflung schnürte ihr den Hals zu.
    Kira purzelte neben ihr auf den Boden. Sie hustete noch immer. Die blauen Augen funkelten aufsässig, aber hinter ihrem Blick schimmerte Furcht, und Tränenspuren liefen über ihre verschmutzten Wangen. Im Gesicht und an den Armen blutete sie aus mehreren Kratzern. Ihre Bermudas, die sonnenverbrannten Beine und das zart blau-weiß gestreifte Hemd starrten vor Schmutz. Anita zog sie wieder fest zu sich und legte schützend die Arme um sie.
    Und dann sah sie Maurice. Den Kopf gesenkt, stand er flüsternd neben Len Pienaar und gestikulierte abgehackt mit beiden Händen. So sehr Anita sich anstrengte, es war ihr nicht möglich,
etwas zu verstehen, aber Len Pienaar wurde zusehends stocksauer. Die Arme wütend in die Seiten gestemmt, stand er breitbeinig vor Maurice und raunzte etwas, was Anita nicht verstehen konnte.
    Sie reckte sich hoch. »Maurice! Was soll das hier? Was hast du mit diesem Gangster zu tun?«
    Maurice wirbelte herum, sah sie, worauf ihm die Röte ins Gesicht schoss. Seine Augen flitzten nervös wie aufgescheuchte Kakerlaken umher, dann wandte er sich ab und schrie Len Pienaar auf Afrikaans an, der in gleicher Sprache und Tonart antwortete. Unverständlich für Anita, bis auf den letzten Satz. Den röhrte er auf Englisch.
    Â»Selbst schuld, diese blöde Kuh!«
    Maurice war die Schwachstelle, und das nutzte sie sofort aus. »Maurice, hol die Polizei, verdammt! Die haben uns entführt! Dieser Mensch will die Kinder hier in Bordelle verschleppen … sie vergewaltigen … Er hat Kira Rogge … Tu etwas!«
    Len Pienaar bellte ein paar Worte auf Afrikaans. Ein Schlag traf Anita so hart ins Gesicht, dass ihr Kopf in den Nacken geschleudert wurde und ihr Sterne vor den Augen tanzten.
    Â»Halt’s Maul!«, zischte eine andere männliche Stimme auf Englisch.
    Einen Schmerzenslaut herunterschluckend, schaute sie durch den Sternenschleier hoch in verspiegelte Sonnengläser. Riaan mit dem beeindruckenden Körperbau!
    Â»Schlagen Sie immer Frauen, Riaan?«, fragte sie. »Vielleicht auch noch Kinder? Sie Feigling!« Obwohl ihr bei der Vorstellung, woher Kira ihre Blessuren hatte, schlecht wurde, zwang sie sich, dem Mann herausfordernd ins Gesicht zu starren. Sie sah nicht mehr den gut aussehenden Mann mit dem umwerfenden Körper, sondern nur noch einen miesen, brutalen Gangster.
    Â»Halt’s Maul«, wiederholte Riaan, hob seine Hand und schob sein Gesicht ganz nah an ihres.
    Spontan strömte ihr Speichel im Mund zusammen, schon atmete
sie ein, um ihn anzuspucken, mit aller Kraft und Leidenschaft, aber in letzter Sekunde hielt sie sich zurück und schluckte alles herunter. Weder sich selbst noch den Kindern würde das etwas nutzen. Im Gegenteil, sie lief

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