Jenseits von Uedem
Appeldorn.
»Wieso? Ihr wolltet et doch hören! Wenn ich 'ner Betruchssache nachgehe, dann muß ich mir doch ers' ma' ankucken, wer dat so is', der da betrücht.«
»Und da fängst du bei Adam und Eva an?«
»Du nich'?« staunte Ackermann.
Toppe wunderte sich, wie Ackermann es geschafft hatte, Frau Herrweg so viele Informationen zu entlocken.
»Och, ich weiß nich', die freut sich doch auch, wenn ma' einer kommt. Un' Dönekes erzählen tun die alle gern. Dat kennt man doch. Manchma' dauert et en bisken, aber dat macht doch nix. Gauw hat de Näkk gebrooke. Jedenfalls hat se angefangen zu studieren, die Holbe, mein' ich, Pharmazie. Hatte aber wohl irgendwann die Schnauze voll un' is' dann Vertreterin gewesen für Tabletten. Un' dann hat ihre Tante ihr den Job besorgt. Ja, so war dat.«
»Und? War das schon alles?« fragte van Appeldorn. »Was ist mit Männern? Was hat sie für Freunde? Lebt sie alleine? Was macht sie in ihrer Freizeit?«
»Die Tante sacht, die hätte wohl 'n Freund, aber den säh' se nur einma' im Jahr, für 'n paar Wochen. Der wohnt nämlich auf Mauritius. Dat wär' 'n Belgier, un' vielleich' wollt' se den auch ma' heiraten. Aber erzählen würd' se davon nich' viel. Se wär' sowieso mehr so 'n aparter Typ. Gibt et ja scho' ma'. Hier hat se wohl keinen Freund, und wohnen tut se alleine, bei uns inne Kavarinerstraße. Wat hätteste noch gefracht? Ah, ja, Hobbies. Die Tante sacht, se hätte 'n Händchen mit Blumen un' Garten un' so. Wie nennt man dat doch noch? Grünen Daumen, glaub' ich.«
18
Heinrichs stürzte sich auf sein Tablett, kaum daß Ackermann zur Tür raus war.
»Es stört euch doch nicht?« meinte er und betrachtete liebevoll sein Kotelett. »Ich hab' nämlich heute noch nicht mal gefrühstückt.«
»Mich stört's nicht«, antwortete Astrid und schaltete den Computer aus. »Also«, begann sie, »ich wußte die ganze Zeit, daß ich den Namen Grootens schon mal irgendwo gelesen hatte. Heute morgen bei Heuvelmanns ist es mir endlich wieder eingefallen. Die Sache ist vor vier Jahren passiert. Te Laak bekam damals einen Auftrag von den Eltern einer Drogenabhängigen aus Weeze, einer Familie Jansen. Sie behaupteten, Dr. Grootens aus Kalkar versorge ihre Tochter mit Drogen. Daraufhin hat te Laak sich hinter diesen Grootens geklemmt.«
»Und es handelt sich da um den Grootens aus dem Altenheim?« fragte van Appeldorn.
»Ja, das ist sicher.« Sie fischte ein Blatt aus ihren Papieren.
»Dr. Martin Grootens, Neurologe, Jahrgang 41, Junggeselle. Hat bis 1985 im LKH in Bedburg gearbeitet und dann um einen Auflösungsvertrag gebeten. Te Laak hat hier in Klammern >Kunstfehler< notiert. Danach hat Grootens sich als praktischer Arzt in Kalkar niedergelassen. Die Praxis lief wohl schlecht. Seit 1987 ist er in der Drogenszene bekannt und beliebt. Teilweise hat er ganz normal auf Rezept und gegen Krankenschein Betäubungsmittel verschrieben, aber das meiste Zeug hat er unter der Hand verkauft, hauptsächlich Morphine, Diazepam und so was. Die Drogen sind illegal in einem schwarzen Labor hergestellt worden. Und jetzt ratet mal, von wem!«
Heinrichs legte den abgenagten Kotelettknochen auf den Teller, leckte sich die Finger ab und sah Astrid gespannt an.
»Braun«, sagte Toppe.
»Genau«, bestätigte Astrid, »unser Apotheker.«
»Und was hat te Laak gemacht, nachdem er Bescheid wußte?«
»Tja, ich habe hier nur den Vermerk: DM 20.000 von Braun am 16. Mai; DM 20.000 von Grootens am 17. Mai; Übergabe an Jansen am 19. Mai.«
»Interessant«, meinte van Appeldorn, »die Eltern haben sich also mit Geld abspeisen lassen.«
»Und te Laak hat die Sache nicht angezeigt?« fragte Heinrichs. »Das ist ja wohl ein dickes Ei!«
»Nein, hat er nicht. Das habe ich vorhin überprüft.«
»Womit er sich eindeutig strafbar gemacht hat«, brummte Heinrichs und biß in seine Frikadelle.
Van Appeldorn griff nach einem Käsebrötchen und sah Heinrichs fragend an.
»Nur zu!«
»Auf jeden Fall«, kaute van Appeldorn und schluckte, »auf jeden Fall wissen wir jetzt, wie te Laak gearbeitet hat. Von wegen eigene Methoden, und Observieren wäre nicht sein Ding. Kann mir doch keiner erzählen, daß der nicht auch selbst kräftig abkassiert hat für sein Schweigen.«
Astrid gab Heinrichs die Papiere für seine Akten. »Dieses Labor scheint ja wohl noch immer zu laufen. Te Laak hat doch notiert, daß jeden Mittwoch nach Ladenschluß noch Kunden kommen.«
Van Appeldorn wischte sich die Hände an seiner Hose
Weitere Kostenlose Bücher