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Jenseits von Uedem

Jenseits von Uedem

Titel: Jenseits von Uedem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Teller zusammen. »Laß sie doch. Wir beide können doch auch spülen.«
    Die Jungs machten, daß sie rauskamen, und keine Minute später dröhnten >Bravo Hits< aus dem Wohnzimmer herüber. Gabi ließ Wasser ins Spülbecken laufen und fing an, Töpfe zu schrubben. Toppe nahm sich ein Küchenhandtuch von der Heizung.
    >Wolltest du mit mir allein reden?« fragte er vorsichtig.
    »Nö.« Sie schrubbte fester.
    »War's schön gestern abend?«
    »Doch, eigentlich schon.«
    Leicht machte sie es ihm nicht. Er betrachtete sie und fragte sich, was er für sie empfand. Es gab kein Wort, das gepaßt hätte. Nachts fehlte sie ihm, wenn er aufwachte und nicht wieder einschlafen konnte, weil er ihren Körper nicht spürte, ihren Atem nicht hörte. Der Alltag mit ihr fehlte ihm, die Selbstverständlichkeiten, die ihm in letzter Zeit erst auffielen, ihre Arme, wenn er müde war. Als sie sich jetzt zum Mülleimer runterbeugte, dachte er an Astrid und fing an, über Christian zu reden. Sie legte den Topfschwamm weg und drehte sich zu ihm um.
    »Ist doch natürlich, daß der Junge unter der ganzen Situation leidet«, sagte sie ruhig. »Es liegt aber sicher auch am Alter. Er ist doch schon seit einer ganzen Weile so schwierig.«
    »Ja?« fragte Toppe verunsichert. »Dann ist es wohl mein schlechtes Gewissen.«
    »Tja«, meinte sie kühl, besann sich dann aber und nahm seinen Arm. »Laß mal. Auch ich hab' inzwischen nachgedacht. Es ist für uns beide ganz gut, daß du ausgezogen bist.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich habe vorher eine Menge Sachen einfach nicht gesehen. Vielleicht auch nicht sehen wollen. Aber so langsam . Es ist eine Chance, oder?«
    »Ja«, sagte er und griff nach ihrer Hand.
    »Wie auch immer es ausgeht«, meinte sie und drehte sich wieder zur Spüle.
    »Gabi!« Toppes Schwiegermutter stand in der Küchentür. Wie immer hatte sie nicht geklingelt, sondern den Schlüssel benutzt, den sie für Notfälle bei ihr deponiert hatten, und sich reingeschlichen. Sie streifte Toppe mit einem verächtlichen Blick und ignorierte ihn dann. Er lehnte sich gegen den Schrank und beobachtete sie; es fiel ihm sehr schwer, ruhig zu bleiben.
    »Was willst du?« fragte Gabi patzig.
    »Ich hab' den ganzen Tag noch nichts von dir gehört oder gesehen. Du mußt mal ebkes rüberkommen zu Papa.«
    »Wieso? Ist was passiert?«
    »Nee, nee, aber es ist doch wohl nicht zuviel verlangt, daß du dich einmal am Tag um deine Eltern kümmerst.«
    »Später«, sagte Gabi, drehte den Wasserkran auf und spülte einen Topf ab.
    Ihre Mutter sah sie konsterniert an. »Wie du meinst«, schnippte sie dann und ging. »Dann nehm' ich eben die Kinder mit rüber«, rief sie aus der Diele.
    »Die Kinder bleiben hier!« brüllte Gabi.
    Einen Moment war es still, dann fiel krachend die Haustür ins Schloß. Gabi seufzte.
    »Komm«, sagte Toppe. »Jetzt reicht mir das Gehämmere da im Wohnzimmer. Wir zeigen den Jungs mal, was anständige Musik ist.«
    Seine Singlesammlung stand noch an ihrem Platz ganz unten im Wohnzimmerschrank.
    Die Kinder hatten das Monopolybrett schon aufgebaut, aber nachdem Toppe die ersten drei Scheiben gespielt hatte und Gabi anfing zu erzählen, wo und wann sie dazu getanzt hatten, vergaßen sie das Spiel. Christian lief hoch in sein Zimmer und holte ein paar CDs.
    »Manche Stücke hören sich fast genauso an wie deine alten Sachen«, rief er und spielte sie ihnen vor. Sie lümmelten auf dem Teppich herum und fachsimpelten über synthetisches Schlagzeug und mehrstimmigen Gesang. Gabi holte eine Familienpackung Erdbeereis. Toppe teilte gerecht.
    »Twist«, fiel ihm ein, und er sprang auf. »Den hab' ich auch noch drauf.«
    Gabi lachte laut, und Oliver kriegte sich gar nicht mehr ein über Toppes Verrenkungen. »Könnt ihr auch Rock'n Roll?«
    »Sicher, das war immer unsere Spezialität«, meinte Toppe und setzte sich hin. »Wollten wir nicht Monopoly spielen?«
    Als er zu seiner Wohnung zurückging, war es schon dunkel. Er pfiff leise vor sich hin und stellte verblüfft fest, daß er sich richtig wohl fühlte und sich sogar auf sein neues Zuhause freute.
    Kaum hatte er seinen Mantel ausgezogen, klingelte auch schon das Telefon. Es war Astrid.
    »Hej! Ich hab's schon x-mal probiert. Wo hast du dich die ganze Zeit versteckt?«
    Er lachte. »Heute nachmittag war ich bei meiner Familie.«
    Sie schwieg.
    »Hallo!« rief er. »Bist du noch da?«
    »Nein«, sagte sie und legte auf.
    Er blieb eine Weile belämmert mit dem Hörer in der Hand stehen.

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