Jenseits von Uedem
sowieso.«
»Frigide Zicke«, zischte ihr Schöningh hinterher.
Klar, dachte Astrid, kleine Schlampen sind ihm lieber.
»Noch einen Ton«, kam es von der Wohnungstür, »und du bist wegen Beleidigung dran.«
Es war van Appeldorn. Astrid spürte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg.
»Was soll das?« fuhr sie ihn an, so leise es ging. »Glauben Sie etwa, ich kann das hier nicht alleine? Trauen Sie mir das nicht zu?«
»Quatsch! Reine Neugier«, antwortete van Appeldorn.
Der Parka hing an einem Haken hinter der Küchentür, die braunen Schuhe fanden sie in der Besenkammer, und Berns verschwand mit der Beute im Vampiromobil.
Astrid ließ Flintrop und van Appeldorn bei Schöningh stehen und ging nach draußen. Irgendjemand hatte endlich das Blaulicht ausgeschaltet. Sie zündete sich eine Zigarette an, setzte sich auf die Kühlerhaube vom Streifenwagen und wartete. Ackermanns Auto stand immer noch da. Wenn der seine samstägliche Männerrunde sausen ließ, mußte er hier wohl auf was Interessantes gestoßen sein. Aber vielleicht legte er ja nur Patiencen mit irgendeiner Oma. Auch das war ihm zuzutrauen.
Sie hörte Berns rufen und lief schnell zum mobilen Labor.
»Pferdeblut und Pferdehaare in der Parkatasche rechts«, teilte Berns ihr mit. »Reicht das, oder muß ich mir die anderen Kleider auch sofort vornehmen?«
»Das reicht vollkommen«, strahlte sie und setzte dann ihr süßestes Mädchengesicht auf. »Herr Berns ...«
»Schon kapiert«, brummelte er. »Ich mach's heute noch. Aber nur ausnahmsweise und weil Sie es sind. Erzählen Sie das bloß keinem weiter!«
Ein paar Minuten später waren sie wieder unterwegs nach Kleve, ein Wagen mehr in der Kolonne. Van Appeldorn hatte den widerstrebenden Heinrichs, der eine pralle Plastiktüte unter dem Arm trug, aus dem Altenheim geholt und ihn zusammen mit Schöningh in sein Auto verfrachtet. Astrid fuhr allein in ihrem Golf und versuchte angestrengt, ihren Ärger runterzuschlucken und sich stattdessen auf die bevorstehende Vernehmung zu konzentrieren.
Zwanzig vor drei, und sie wälzte sich immer noch in ihrem Bett herum. Schöninghs Sätze geisterten durch ihren Kopf.
»Diese perverse alte Kuh! Das hängt die mir nicht an! Die hat doch selber die Tiere abgemurkst und mir dann den Hammer in die Tasche geschmuggelt.«
Seine ganzen detaillierten widerwärtigen Schilderungen ihrer »Zusammenkünfte«, sein Geseim, er, das arme Opfer dieser »kranken« Frau, die ihn nicht in Ruhe ließ, von ihm abhängig war; er, der treue Freund, der es nicht übers Herz brachte, Jakob Heuvelmann »die Wahrheit über die Lady« zu sagen.
Astrid stand auf, ging ins Bad und ließ sich kaltes Wasser über die Handgelenke laufen. Wenn sie jetzt nicht endlich schlief, kriegte sie morgen früh überhaupt nichts auf die Reihe.
Van Appeldorn war die ganze Zeit bei der Vernehmung dabei gewesen, hatte sich aber rausgehalten. Was war ihm auch anderes übrig geblieben? Er kannte ja nur die Eckdaten der ganzen Geschichte. Aber als sie Schöningh schließlich in die Zelle schicken mußte, hatte er sie mal wieder angemacht. »Eines Tages bricht Ihnen Ihre Vernehmungstaktik noch mal den Hals.«
»Wieso?« »Lauter unzulässige Suggestivfragen.«
»Ich fahre ganz gut damit.«
»Glück! Irgendwann taucht mal der richtige Anwalt auf, und der fetzt Ihnen Ihre Vernehmung nur so auseinander. Außerdem, von wegen ganz gut damit fahren: was haben Sie denn heute erreicht?«
»Sie meinen, da müssen harte Männer ran, wie?«
»Wenn Ihnen die Formulierung gefällt .«
Sie hätte ihn erschlagen können, wie er da saß in seiner dämlichen ungerührten Art und sie angrinste.
»Ich werde die Vernehmung morgen ohne Sie führen. Schließlich ist es mein Fall!«
»Ihr Fall?« hatte er die Stirn gerunzelt und war dann mit einem »Ich habe morgen sowieso keine Zeit« einfach gegangen.
Sie legte sich wieder ins Bett und zog die Decke übers Ohr. Den Fäustling konnte Johanna Schöningh tatsächlich in die Tasche gesteckt haben. Es konnte überhaupt alles so gelaufen sein, wie Schöningh es beschrieben hatte. Wenn er bei seiner Aussage blieb und sie den verdammten Hammer nicht auftrieben . Berns mußte einfach noch andere Spuren an der Kleidung finden!
Familie Jansen wohnte in einem runtergekommenen Reihenhaus am Ortsrand von Weeze. Toppe und van Appeldorn platzten mitten ins magere Sonntagsfrühstück: Kaffee, Graubrot, Margarine, Gelee. Das Ehepaar wies ihnen zwei schmierige Küchenstühle zu, bot
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