Jerry Cotton - 0518 - Hochsaison fuer Killer Joe
schnitt ein Gesicht, als habe er eine ungeschälte Zitrone verschluckt.
»Wenn Sie sich hier schon zu Hause fühlen, Mr. Dettner«, knurrte er, »bringen Sie vielleicht den G-man hinaus.«
Dettner gab dem Mädchen sein Rakett. »Hallo, G-man!« grüßte er. »Haben Sie Ihren Mörder noch nicht gefunden?«
»Leider nicht, Mr. Dettner! Haben Sie keinen Tip für mich?«
Die Frage wischte das Lächeln aus seinem Gesicht. »Nein«, antwortete er karg. »Kommen Sie! Ich begleite Sie zur Tür.«
Wir trennten uns an der Haustür. Ich dachte daran, die Reihe dieser Interviews fortzusetzen, und fuhr zur Hamilton Avenue.
In Dibbins Parkhaus lief der normale Vormittagsbetrieb. In der Vermittlungszentrale des Taxidienstes saßen die Mädchen. Ich fuhr den Jaguar zur dritten Parketage hoch und stellte ihn wie jeder normale Benutzer ab. Trotzdem war ich von unten angemeldet worden, denn vor der Stahltür zu flen Büroräumen stand Edna Graford, eine lange Zigarettenspitze zwischen den Zähnen, die Hände in die Hüften gelegt.
»Sie kommen vergebens, G-man. Chess ist nicht im Bau!«
»Großartig! Ich rede lieber mit Ihnen allein.«
Ihr Lächeln wurde unsicher. »Machen Sie sich keine Illusionen! Von mir erfahren Sie nichts über Chess.«
»Woher wissen Sie, daß ich etwas von Ihnen über Dibbin erfahren will? Vielleicht will ich mit Ihnen über andere Leute sprechen — über Joe Elzon vielleicht.«
»Über ihn .weiß ich nichts!« stieß sie hervor.
Ich lachte. »Haben Sie eigentlich Angst, Dibbin könnte einen Eifersuchtsanfall bekommen, wenn er Sie und mich allein in seinem Büro findet? Oder lassen Sie mich aus einem anderen Grund auf der zugigen Plattform stehen?«
Sie gab wortlos den Eingang frei und ging voraus in das große Privatbüro, in dem meine erste Unterredung mit Dibbin stattgefunden hatte.
»Wollen Sie einen Drink?«
Ich lehnte ab, aber sie bediente sich. Sie zog sich nicht wie sonst auf die Couch zurück, sondern kam, das Glas in der Hand, in die Nähe des Sessels, in dem ich saß. Sie schob sich mit den Füßen einen zweiten Sessel zurecht und ließ sich über die Lehne hineinfallen. »Vorwärts, Polizist!« sagte sie. »Heizen Sie mir ein!«
»Wie heftig waren Sie damals mit Joe Elzon befreundet?« fragte ich hart.
»Überhaupt nicht«, antwortete sie. »Nicht mehr als mit Ihnen, G-man, aber Chess bildete es sich ein. Daraus entstand der Krach.«
»Seitdem wünscht sich Dibbin, seinen angeblichen oder tatsächlichen Rivalen in die Finger zu bekommen?«
Sie zuckte die Schultern. »Eifersüchtige Männer sind einfach nicht zurechnungsfähig.«
»Sie halten also Dibbin für nicht zurechnungsfähig?«
Sie leckte mit der Zunge über die Lippen. »Nur in diesem Punkte, G-man. Im übrigen funktioniert sein Gehirn so großartig, daß Sie ihn niemals ’reinlegen werden.«
»Vielleicht schaffe ich es in dem einen Punkt. Waren Sie dabei, als gestern ein gewisser Ettore Catano einen Tip lieferte, der Elzon betraf?«
Sie nahm die Beine von der Sessellehne und setzte sich aufrecht. Ihr Gesicht erinnerte an eine schöne, aber gefährliche Raubkatze. »Ich sagte Ihnen, daß Sie nichts von mir erfahren. Fragen Sie Chess selbst, wenn Sie etwas über ihn, seine Besucher, seine Geschäfte wissen wollen.«
»Haben Sie jemals ein Gefängnis von innen gesehen, Edna Graford?«
»Was soll die Frage?«
»Weibliche Gefangene tragen graue Kleider aus grobem Stoff. Der einzige Schmuck ist die aufgenähte Gefangenennummer. Parfüm und Lippenstifte sind nicht erlaubt. Nichts, Miß Graford, ist so grau wie der Alltag in einem Gefängnis, und diese graue Eintönigkeit muß viele Jahre lang ertragen werden.«
Ihre Augen weiteten sich. »Sie können mir keine Angst ein jagen, G-man!« schrie sie, und ihre Stimme klang schrill. »Ich habe nichts getan, für das ich ins Kittchen geschickt werden könnte.«
Die Tür wurde aufgestoßen. Chester Dibbin stampfte mit wuchtigen Schritten in den Raum. Irving Shigg folgte ihm wie ein Schatten.
Der Boß ging wie ein Stier auf mich los. Für einige Sekunden sah es aus, als wollte er mir die Faust ins Gesicht schmettern, aber er bezwang sich und begnügte sich damit, mir den breiten Zeigefinger unter die Nase zu halten. »Ich werde dir zeigen, daß auch ein G-man sich nicht alles erlauben darf. Das hier ist, verdammt, meine Bude, und kein Gesetz der Staaten gestattet dir, sie ohne meine Erlaubnis zu betreten.«
»Edna Graford gab mir die Erlaubnis«, antwortete ich ruhig. »Ich
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