Jerry Cotton - 0523 - Ich war das As der Unterwelt
rief er laut. Nichts rührte sich.
Lawlor winkte dem Portier, der hinter ihm die Treppe emporgekeucht war. »Schließen Sie auf!«
»Aber, Sir, ist denn dieser Aufwand wirklich notwendig?«
»Mann — hier handelt es sich um einen Mordfall«, sagte Lawlor ärgerlich.
»Mord!« Der Portier erbleichte. »Das ist ja schrecklich. Wir sind ein erstklassiges Haus. So etwas ist bei uns noch nie vorgekommen.«
»Sie sollen nicht Reden halten, sondern aufsperren«, brummte der Lieutenant ungeduldig.
»Sofort, Sir, sofort«, sagte der Portier und nestelte sein Schlüsselbund aus der Tasche. Er gab ihn Lawlor und sah zu, daß er in Sicherheit kam.
Lawlor steckte den Schlüssel ins Schloß, und die beiden Cops zückten ihre Pistolen Dann schwang die Tür auf.
Das Apartment war leer. Das Fenster stand weit offen.
Mit einem Satz war Lawlor dort, beugte sich hinaus.
»Verdammt, er dürfte über die Feuerleiter entkommen sein. Hopkins, geben Sie Großalarm. Das Stadtviertel wird sofort durchsucht. Griffith, Sie verständigen die Zentrale. Sie sollen die Meldung sofort über Funk an alle Streifenwagen durchgeben.«
»Aye, aye, Sir«, sagte Griffith und spritzte zum Telefon.
»Den Burschen kaufe ich mir«, sagte Lawlor finster und sah aus den Augenwinkeln, wie Lew Callaway eifrig die Seiten seines Notizblockes füllte. »Er kann nicht weit kommen. In ein paar Stunden haben wir ihn.«
***
Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich Zwei Häuserblocks entfernt und ging so schnell wie möglich, ohne aufzufallen. Ich trug keinen Mantel und keine Krawatte, so, wie jemand, der sehr plötzlich über die Feuerleiter hatte fliehen müssen.
Der echte Johnny van Dyk in meiner Lage würde versuchen, schleunigst nach New York zurückzufahren. In einer Kleinstadt wie Massany hatte er keine Chancen, längere Zeit unerkannt zu bleiben. Er würde sich aber auch sagen, daß Greyhound-Bus und Eisenbahn vermutlich sofort nach Einsetzen der Fahndung kontrolliert wurden. Also blieb ihm nur der Weg, es per Anhalter zu versuchen.
Und eben das tat ich. Ich marschierte in nördlicher Richtung und versuchte, die Ausfallstraße nach New York zu erreichen.
Überall in der Stadt hörte man jetzt das Heulen von Polizeisirenen. Lawlor machte seine Sache großartig. Einmal kam mir ein Streifenwagen entgegen, und ich verschwand im letzten Augenblick in einem Hauseingang.
Ich war ziemlich sicher, daß Paladinos Leute mich beobachteten, auch wenn ich diesbezüglich nichts feststellen konnte. Aber es lag auf der Hand, daß Paladino mich seit jenem Besuch bei ihm nicht mehr aus den Augen ließ. Und deshalb mußte mein Verhalten möglichst echt aussehen.
Nach einer Viertelstunde hatte ich den Stadtrand erreicht, passierte die letzten Häuser und marschierte dann eilig auf der District Straße dahin. Mehrmals sah ich mich nervös um.
Die Gegend hier war flach. Bis zu den Badlands waren es noch einige Meilen. Die Eerge der Apalachen vor mir waren in nebligen Dunst gehüllt.
Ich hatte ungefähr eine halbe Meile zurückgelegt, als vor mir auf der Straße ein dunkler Punkt auftauchte. Er wurde rusch größer und entpuppte sich als roter Ford Mustang, der mir in rasendem Tempo entgegenkam.
Als er dicht vor mir war, kreischten die Bremsen. Der Wagen schlingerte und brach aus der Spur aus. Mit quietschenden Reifen kam er neben mir zum Stehen.
Am Steuer saß Nancy Paladino.
Jetzt sah ich sie zum ersten Mal bei Tageslicht. Das Girl war noch hübscher, als ich sie in Erinnerung hatte, und ich hatte allerhand in Erinnerung.
Sie öffnete die Tür, sprang heraus und lief um den Wagen herum.
»Da vorne ist eine Polizeistreife«, sagte sie. »Sie haben eine Straßensperre errichtet und kontrollieren jeden Wagen. Sie würden nicht sehr weit kommen, Mr. van Dyk!«
Eilig schloß sie den Kofferraum auf und ließ den Deckel hochfedern.
»Was haben Sie vor?« fragte ich. »Steigen Sie da ein. Beeilen Sie sich. Ich bringe Sie durch die Sperre«, sagte sie.
»Woher wissen Sie, daß die Polizei hinter mir her ist?« fragte ich.
»Vater bekam einen Anruf aus der Stadt, und ich hörte zufällig mit. Vater erfährt immer alles sofort, was in Massany vorgeht. Und an Ihnen ist er ganz besonders interessiert.« Sie trat dicht an mich heran. Sie war wirklich aufregend. Erregt sagte sie: »Ich glaube, Vater hat mit Ihnen etwas Bestimmtes vor. Ich weiß nichts Genaues — aber ich möchte nicht, daß Ihnen etwas passiert!«
»Warum helfen Sie mir?« fragte ich. »Stellen Sie doch
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