Jerry Cotton - 0527 - Der Killer mit dem Dekollete
bar auf den Tisch. An jedem Tag wechseln zwischen zwei und fünf Millionen Dollar den Besitzer. Das Geld wird mehrere Male während der Auktion von einem bewaffneten Transportkommando zur Bank gebracht.«
Er drückte seine Zigarette aus. »Man sollte glauben, vier, fünf handfeste Jungen, die mit Maschinenpistolen umzugehen verstehen, könnten bei dieser Gelegenheit groß absahnen. Stimmt aber nicht. Sie würden sich nur höllisch die Finger verbrennen, denn an den Auktionstagen laufen im und um das Gebäude mindestens 50 Cops, herum. Sie sind mit allem ausgerüstet, was gut und teuer ist, angefangen von Kugelspritzen bis zu Tränengas. Mit Gewalt ist auf dem 37. Pier nicht einmal ein Fuchsschwanz zu holen.«
Meine Beine funktionierten wieder. Ich spürte, daß die Lähmung meiner Muskeln nachließ. Selbstverständlich war es sinnlos, noch einmal eine Gewaltaktion zu starten. Scheinbar willig fügte ich mich in meine Lage. »Ich beginne zu begreifen«, knurrte ich.
»Mit Absicht habe ich so weit ausgeholt«, fuhr Larsom fort. »Du sollst einsehen, daß wir ohne dich nichts erreichen können. Wir würden mit unseren Maschinenpistolen schon am Eingang hängen bleiben. Du zückst deinen FBI-Ausweis. Die Cops nehmen die Kugelspritzen herunter und legen die .Hände an die Mützen. Ohne den Abzug berühren zu müssen, bist du den Dollarmillionen schon ganz nahe.«
»Weiter!« Ich drückte meine Zigarette aus.
»Der Mann, der diese hübsche Sache ausgekocht hat, sagt, daß sich zwischen den einzelnen Transporten bis zu zwei Millionen Dollar im Panzerschrank der Firma ansammeln. Der Schrank steht im Büro des Besitzers. Übrigens — der Besitzer ist eine Frau. Wir überlassen es dir, wie du sie dazu bringst, dir den Inhalt des Panzerschrankes auszuhändigen. Vielleicht genügt es, daß du ihr tief in die Augen blickst. Die Dollars bringst du zu einem Treffpunkt, den wir vereinbaren werden.«
Larsom setzte sich auf die Kante des Schreibtisches. »Ich finde den Gedanken einfach genial. Nur ein Polizist kann in das Innere der Versteigerungshalle gelangen, und ein G-man ist ein Polizist von besonderen Qualitäten, auf den kein Verdacht fällt. Die größte Schwierigkeit liegt darin, einen G-man zu finden, der an einem Verbrechen mitwirkt. Deshalb muß man ein wenig nachhelfen. Jeder Mensch, auch ein G-man, hat ein Privatleben. Dort liegt der schwächste Punkt.«
Er holte Luft, musterte mich und setzte langsam hinzu: »Auch dein schwächster Punkt, mein Freund!«
»Warum sagen Sie ihnen nicht endlich, daß wir nicht miteinander verlobt sind?« fuhr Jane dazwischen und wandte sich mir zu. »Los, Jerry! Machen Sie endlich diesen Ganoven klar, daß Sie für mich keinen Finger krümmen werden und daß es Ihnen völlig gleichgültig ist, was mit mir geschieht.«
Sie kannte keine Furcht. Sie ging auf Larsom los und schrie ihm ins Gesicht. »Auf das dumme Gesicht, das Sie schneiden werden, Mr. Gangsterboß, wenn sich unsere Verlobung in Luft auflöst, freue ich mich wie auf Weihnachten.«
Und dann forderte Jane noch einmal: »Sagen Sie ihnen die Wahrheit, Jerry!« Zum erstenmal zeigten sich Zweifel in Larsoms Gesicht. Er kniff die Augen zusammen und belauerte meine Reaktionen. Ich wußte genau, daß Jane die Situation falsch einschätzte. Wenn ich jetzt die Wahrheit sagte, würde sie nicht mehr lange leben. Selbstverständlich ich auch nicht.
Ich ging auf sie zu und schloß sie in meine Arme. Sie war so überrascht, daß sie reglos stand wie eine Schaufensterpuppe.
Ich küßte sie und strich ihr über das zersäbelte Haar. »Darling«, sagte ich zärtlich, »es hat keinen Zweck, länger Theater zu spielen.«
Jane starrte mich fassungslos an. Ihr Mund stand halb offen. Nie zuvor sah ich in ihrem Gesicht einen so hilflosen Ausdruck. Sie verstand die Welt nicht mehr.
***
Als ich das Büro des Hauptquartiers betrat, zuckten über New Yorks Himmel bereits die Leüchtreklamen. Phil sprang auf.
»Hör zu, alter Junge!« stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Du strapazierst meine Nerven über die Maßen.«
Ich ließ mich in einen Sessel fallen. Phil schob mir das Zigarettenpäckchen über den Schreibtisch zu. Er musterte mich sorgfältig. »Du siehst relativ unangetastet aus!« stellte er fest.
»Sie gaben sich Mühe, mich nicht zu lädieren. Sie wollen mich nicht in die Zwangslage bringen, meinem Chef oder einem Kollegen die Herkunft eines verbeulten Gesichtes erklären zu müssen. Sie wünschen eine
Weitere Kostenlose Bücher