Jerry Cotton - 0530 - Mein grausamster Partner
Anrede übergegangen. Oder ich war jetzt Lohnempfänger in seiner Firma. Wahrscheinlich hieß das bei ihm, daß er sich jede Frechheit erlauben konnte.
Ich erhob mich. »Moment noch. Muß meine Klamotten holen.«
»Beeil dich. Ich warte draußen im Wagen.«
Ich hatte es auf der Zunge, ihm zu sagen, daß ich in meinem Jaguar fahren wollte. Dann unterließ ich es. Zu meiner Serge-Linko-Rolle paßte der Schlitten nicht.
Ich ging in mein Zimmer und führte ein kurzes, aber teures Telefongespräch. Dann schnallte ich den 38er um, steckte Ersatzmunition ein, nahm den Koffer, der gepackt war, schob den FBI-Ausweis unter eine Kante des Teppichs und stieg wieder die Treppe hinab. Kider saß bereits im Wagen. Ich ging noch mal in die Küche. Dort war nur Irma. Ich sah ihrem Gesicht an, daß sie gelauscht und jedes Wort verstanden hatte.
»Habe keine Sorge«, sagte ich. »Etwas Glück — und ich kann schnell aufräumen. Wichtig ist, daß ihr niemandem sagt, wer ich in Wahrheit bin.«
Irma nickte. Sprechen konnte sie nicht. Angst und Sorge schnürten ihr die Kehle zu. Auch Sorge um mich war dabei, und das tat wohl.
»Unter dem Teppich oben liegt mein FBI-Ausweis. Bitte, schließ ihn im Safe ein.«
Ich strich Irma übers Haar. Dann ging ich hinaus zu Kider.
***
Der Ferrari schnurrte leise wie ein Löwenbaby im Schlaf. Leider war der Schlitten innen ungepflegt und schmutzig. Der Aschenbecher quoll über. In den Teppich hatte sich Lehm eingefressen. Die Ledersitze waren speckig. Hoffentlich, dachte ich, bleibst du nicht daran kleben.
Kider fuhr wie jemand, der mächtige Angst um sein Leben hat. Er fuhr nicht vorsichtig, sondern zaghaft und war hinderlich für den Verkehr.
»Holbrock hat mich informiert. Stimmt das, was du ihm aufgetischt hast?«
»Alles«, sagte ich.
»Wieso lebst du noch?«
»Das ist mein Geheimnis.«
»Kugelsichere Weste, was?« Sein Blick streifte mich. »Na ja, braucht außer mir niemand zu wissen. Sonst kommen die Jungs eines Tages auf die Idee, dich in den Unterleib zu schießen. Was Myer und Endemit angeht, scheinst du recht zu haben. Als Holbrock bei ihnen anrückte, wollten beide türmen. Aber nur Fat Cat hat es geschafft.«
»Und Endemit?«
»Der ist tot. Auf der Flucht erschossen.«
Ich schluckte. Was Holbrock getan hatte, war Selbstjustiz. Nur beweisen konnte ich es nicht.
»Warum haben die beiden Guide umgelegt?«
»Er hatte Unterlagen bei sich. Unterlagen vom Syndikat. Über neue Objekte. Wenn das Zeug in die falschen Hände gerät, kann ich Ärger kriegen.« Er schlug mit der Faust aufs Lenkrad. »Ich habe Guide, diesem Idioten, gesagt, daß er die Papiere nicht holen soll. Jedenfalls nicht ohne mich und entsprechenden Schutz. Aber er hat wieder nicht hören können. Jetzt ist er krepiert. Geschieht ihm recht.«
»Und die Unterlagen?«
»Die hat Fat Cat mitgenommen.« Wieder sah er ihich für eine Sekunde an. »Das wird dein erster Auftrag, Serge. Du suchst den Hund, nimmst ihm das Zeug ab und bringst ihn mir. Lebend! Zumindest muß er noch so sein, daß er Schmerzen spürt.«
»Gemacht«, sagte ich. »Aber ihr müßt mir was über den Kerl erzählen,«
»Alles, du kriegst eine Liste mit den Namen seiner Freunde und den Adressen der Schlupfwinkel. Seine Freundin haben wir schon befragt. Aber sie weiß offenbar nichts.«
Wir hatten Meadville erreicht. Kider fuhr langsam über den Marktplatz.
»Hast du Durst, Serge?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Aber ich. Mir hängt die Zunge wie ein Putzlappen in der Schnauze. Dort in der Bar trinken wir einen Whisky. Einen mit viel Eis.«
Es war mehr eine Art Tagescafe. Auf der flachen Terrasse standen Gartenmöbel. Auf den kleinen Tischen hatte der Fiegen Pfützen gebildet. Die Stühle waren schräg' gestellt, damit das Wasser von den Sitzflächen ablief.
Kider parkte in einer Halte-Verbot-Zone. Wir stiegen aus und rannten die wenigen Schritte bis zum Eingang des Lokals. Soviel ich wußte, war es das größte von Meadville.
Durch die Glasscheiben der Tür sah ich, daß es gerammelt voll war. Halbwüchsige hatten die Tische besetzt. An der Bar drängten sich zwei Dutzend Männer. Die meisten frühstückten. Andere tranken Bier. Hinter der Theke stand ein schwindsüchtig aussehender Barmann. Er und die beiden hochblonden Serviererinnen hatten alle Hände voll zu tun.
Ich ließ Kider vorangehen und war verblüfft über die Wirkung seines Auftritts. Schlagartig verstummten die Gespräche. Gesichter wandten sich ihm zu und dann rasch
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