Jerry Cotton - 0533 - Die teuflische Blondine
Kerle wirkt.«
Wir warteten eine Weile, aber alles blieb still. Ich erzählte Phil und dem Captain, weswegen ich George Baker weggeschickt hatte, und sie nickten zustimmend. Wir vereinbarten, bis zu seiner Rückkehr von uns aus nichts zu unternehmen. Ich kehrte auf meine Seite des Kistenstapels zurück und hielt dem Sergeant meine Zigarettenschachtel hin.
»Danke, Sir«, sagte er. »Bei dem Gestank hier ist ein bißchen blauer Dunst eine Wohltat. Wie geht’s jetzt weiter?«
»Warten«, sagte ich. »Warten, bis das eintrifft, was ich bestellt habe, Sergeant.«
»Und was haben Sie bestellt, Sir?«
»Einen kräftigen Büchsenöffner«, antwortete ich.
***
Ben Carson sah die blonde Frau sprachlos an. War sie verrückt, ein Genie, oder beides? Widerwillig mußte er vor sich zugeben, daß sie einen ausgekocht raffinierten Plan entwickelt hatte.
Helen Dieland beobachtete ihn spöttisch. Dann zeigte sie auf das Telefon: »Rufen Sie in Ihrem Geschäft an, Morton.«
»Warum?«
»Sie haben doch einen Gehilfen oder so etwas, nicht wahr? Ich möchte nicht, daß er sich Gedanken macht, wenn Sie den ganzen Nachmittag über- wegbleiben. Beruhigen Sie ihn irgendwie und machen Sie ihm klar, daß Sie vor sechs kaum zurück sein können.«
»Hm«, brummte Ben Carson und überlegte. Er hatte jetzt die erste Möglichkeit, sich mit jemand in Verbindung zu setzen. Konnte er wagen, einen versteckten Hinweis anzubringen, irgendein Wort, das den Jungen aufschrecken mußte?
»Sie sind ein Narr«, sagte die Frau. »Ihre Gedanken kann man Ihnen von der Nasenspitze ablesen. Denken Sie daran, daß im Badezimmer noch immer der tote Mann liegt, den Sie erschlagen haben, Morton.«
»Sie wissen verdammt genau, daß ich niemanden erschlagen habe«, knurrte Carson. »Hören Sie endlich mit diesem verfluchten Theater auf.«
»Hören Sie auf, Theater zu machen, Morton. Los, rufen Sie im Geschäft an und sagen Sie, daß Sie spät zurückkommen werden. Und versuchen Sie keine billigen Tricks.«
Carson seufzte, während er zum Hörer griff. Er wußte nicht, daß Helen Dieland von ihrem Schlafzimmer aus mit einer Kneipe im südlichen Manhattan telefoniert hatte, während er sich auf die Ausführung ihres Planes hatte vorbereiten müssen. Er wußte auch nicht, daß sie mit diesem Anruf für ihn eine Falle aufgebaut hatte, die zu seinem Tode führen sollte. Er wußte nur, daß er sich im Augenblick in einer ausweglosen Klemme befand. Entweder half er der Frau, ein Verbrechen zu begehen, oder aber sie schob ihm ein Verbrechen, einen Totschlag, wenn nicht gar einen Mord, in die Schuhe, bei dem alle Indizien gegen ihn sprechen würden. Einschließlich ihrer »Zeugenaussage«.
Carson schob alles Grübeln von sich. Im Augenblick war er dieser blonden Hexe ausgeliefert. Er mußte tun, was sie verlangte. Vielleicht ergab sich zu irgendeinem späteren Zeitpunkt die Chance, ihr einen Strich durch die Rechnung zu machen. Jetzt sah er keine solche Chance.
»Hör mal, Dick«, sagte er am Telefon, als sich der Junge gemeldet hatte: »Ich habe eine knifflige Reparatur zu machen, und ich fürchte, es wird einige Zeit dauern. Du kannst doch heute nachmittag mal den Laden alleine führen — oder?« Aus der Stimme des Jungen klangen Stolz und Eifer: »Aber selbstverständlich Mr. Carson! Ich mache schon alles richtig, Chef! Darauf können Sie sich verlassen.«
»Gut. Ich hoffe, daß ich so gegen sechs zurück sein kann. Also bis dann, Dick!«
»So long, Mr. Carson! Ich drücke Ihnen die Daumen, daß Sie alles richtig hinkriegen!«
»Danke«, sagte Carson und legte auf. Er drückt mir die Daumen, daß bei mir alles klappt, dachte er bitter. Verdammt, ich habe weiß Gott einen nötig, der mir die Daumen drückt. Diese verfluchte Hexe hat mich in die schlimmste Situation meines Lebens hineinmanövriert. Er drehte sich um. Helen Dieland winkte ihm:
»Kommen Sie mit ins Schlafzimmer. Ich muß mich noch ein bißchen zurechtmachen, und ich möchte, daß ich Sie dabei sehen kann.«
Carson trottete gehorsam hinter ihr her. Sie setzte sich vor die große Frisiertoilette mit dem dreiteiligen Spiegel. Aus der mittleren Schublade holte sie etwas Kleines, Perlmuttglänzendes hervor und legte es in Reichweite zwischen Tuben, Tiegel und Kosmetikartikel. Carson stand ungefähr sechs Schritt hinter ihr und betrachtete sie im Spiegel. Ihr schlanker Zeigefinger deutete auf das glitzernde Perlmuttding: »Das ist eine Damenpistole, Morton. Und glauben Sie mir, daß ich damit
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