Jerry Cotton - 0540 - Terror im Highway-Hotel
meiner Tür sah ich mich um. Es war niemand zu sehen. Ich riß mir ein Haar aus und klebte es mit Kaugummi dicht über dem Fußboden über die Türritze. Dann schloß ich ab und ging den Flur entlang zum Lift. Es gab drei Fahrstühle in diesem Flügel des Hotels. Einer stand im Erdgeschoß, der zweite im achten Stockwerk, und der dritte fuhr gerade von der neunten Etage weiter nach oben. Ich drückte auf den Knopf des ersten. Aber im Erdgeschoß mußte jemand die Fahrstuhltüren blockieren, denn das Ding machte keine Anstalten, meinem Signalruf zu folgen. Also probierte ich es mit dem zweiten Lift.
Er kam. Ich trat hinein und ließ mich abwärts befördern. Als sich die Schiebetüren in der Halle öffneten, tönte vielstimmiger Lärm an meine Ohren. Ich sah mich verwundert um. Ungefähr ein Dutzend Leute drängten sich um den Eingang zum nächsten Lift, und alle riefen und redeten durcheinander.
»Lassen Sie mich einmal durch«, sagte ich und schob mit sanfter Gewalt die Menschentraube auseinander. Als ich nur noch eine alte, schmuckbeladene Lady vor mir hatte, sah ich es.
Das Opfer eines Mordes bietet nie einen schönen Anblick. Hier war es besonders schlimm.
»Nehmen Sie die Finger weg!« sagte ich scharf zu dem jungen Mann, der gebückt neben dem weiblichen Leichnam im Fahrstuhl stand und gerade nach irgend etwas greifen wollte.
Er sah hoch. Ich erkannte ihn. Er gehörte zum Personal.
»Scheren Sie sich aus dem Fahrstuhl heraus, rühren Sie nichts an und rufen Sie die für diese Gegend zuständige Polizei an«, befahl ich. »Das ist nichts für die Nachbarschaftshilfe, das müßte Ihnen doch klar sein.«
»Eh — ja, Sir«, stotterte der blasse Junge.
Ich drückte mich an der protestierenden alten Lady vorbei, die eine Juwelenausstellung spazierentrug, und bückte mich zu der Toten hinab. Das Mädchen im Fahrstuhl konnte kaum älter als fünfundzwanzig Jahre sein. Ihr apartes Gesicht war verzogen von den Qualen, unter denen sie gestorben war. Sie hatte einmal ein marineblaues Kostüm getragen. Jetzt gab es nur noch blutgetränkte Fetzen davon. Ein oder mehrere Messer hatten es an zahllosen Stellen zerstochen.
Ich hockte vor dem Leichnam, ich sah das verzerrte Gesicht, das Blut und die verklebten Wunden, und . ich dachte an einen Mexikaner, dem es Spaß gemacht hatte, meine Kamera und die anderen Utensilien zu zerschlagen. Und ich dachte an den Schiefmäuligen, der so gewandt mit seinem Messer meine Anzüge zerfetzt hatte. Ganz langsam stemmte ich mich in die Höhe und drehte mich um. Irgendwo hinter den entsetzt gaffenden Leuten grunzte ein Baß:
»Was ist denn hier los?«
Ich bemerkte einen vernünftig aussehenden jungen Mann rechts von mir.
»Bleiben Sie hier vor dem Fahrstuhl stehen und lassen Sie niemand hinein«, sagte ich zu ihm. »Ich bin gleich wieder da.«
Die Leute wichen vor mir zurück, ohne daß ich sie darum zu bitten brauchte. Die meisten starrten mich aus weit aufgerissenen Augen an. Vielleicht stand etwas in meinem Gesicht, das sie erschreckte.
Ich brauchte nicht weit zu gehen. Der Goliath mit dem viereckigen Gesicht, den struppigen Brauen und der Knollennase stand zwischen Fahrstuhl und Empfang. Hinter ihm sah ich den jungen Hotelangestellten ins Telefon sprechen. Von dem Mex und dem Schiefmaul war nichts zu entdecken.
Ich tat die paar Schritte, , die mich von dem Goliath trennten. Seine struppigen Brauen zogen sich zusammen, bis sie eine gerade Bürste quer über der Nase bildeten.
»Sieh mal an«, brummte der Kerl mit seinem dröhnenden Baß. »Unser Zeitungsschreiberlein. Ein bißchen wackelig auf den Beinen, aber trotzdem noch Glück gehabt, was?«
Ich war so dicht vor ihm stehengeblieben, daß ich seinen Atem fühlte. Meine Stimme war heiser:
»Soviel Glück, wie ihr brauchen werdet, gibt es auf der ganzen Erde nicht mehr«, sagte ich.
Und als ob das Schicksal meine Worte unterstreichen wollte, krachte es im selben Augenblick mit ungeheurem Getöse, Glas splitterte, eine Druckwelle fegte wie ein Wirbelsturm durch die Halle, und eine große Feuersäule weit draußen vor den gläsernen Eingangswänden schoß in den nachtblauen Himmel empor.
***
Hank Brewer tastete vorsichtig über seinen Hinterkopf. Er spürte klebrige Feuchtigkeit in den Haaren und nahm an, daß es Blut war. Eine Schwellung, so groß wie sein Handteller, hatte sich ausgebreitet und brannte wie Feuer. Brewer beugte sich vor, während er sich mit der linken Hand gegen die rauhe Betonwand stützte.
Es bekam
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