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Jerry Cotton - 0547 - Der Wuerger aus der Todeszelle

Jerry Cotton - 0547 - Der Wuerger aus der Todeszelle

Titel: Jerry Cotton - 0547 - Der Wuerger aus der Todeszelle Kostenlos Bücher Online Lesen
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Regen los. Es war ein Wolkenbruch, elementar und trommelnd. Im Nu klebten unsere Haare im Gesicht. Der felsige, bemooste Untergrund wurde glatt wie Schmierseife.
    Ich sah den Zorn in Fendericos Augen, aber auch den Haß, diese kalte, tödliche Entschlossenheit, die ein Merkmal seines Charakters war.
    Er griff an, beinahe ansatzlos, und diesmal war es keine Finte. Ich wich nur wenig zur Seite, gerade genug, um die gefährliche Klinge an mir vorbeizischen zu lassen, und stellte gleichzeitig einen Fuß nach vorn. Fenderico stolperte darüber und ging zu Boden, aber noch ehe ich mich über ihn werfen konnte, hatte er sich mit artistischer Gewandtheit abrollen lassen. Im Nu stand er wieder auf den Beinen, schwer atmend zwar, aber auch grinsend und zähnefletschend.
    Er griff abermals an. Ich rutschte bei dem Versuch, ihm zu entgehen, auf einer glitschigen Steinplatte aus und ging zu Boden. Fenderico witterte seine Chance und schnellte nach vorn wie ein vom Bogen abgeschossener Pfeil. Instinktiv hatte ich schon während des Sturzes beide Beine angezogen. Ich stieß sie mit aller Wucht nach vorn, als Fenderico sich auf mich werfen und die Klinge in meine Brust stoßen wollte.
    Meine Füße trafen seine Magengrube. Durch den vehementen Schwung seines Körpers wurde die Wirkung verdoppelt. Der Puertoricaner klappte zusammen. Das Messer entfiel seinen plötzlich kraftlos gewordenen Fingern.
    Ich rollte mich zur Seite und kam wieder auf die Beine. Fenderico lag verkrümmt am Boden. Er sah aus, als müßte er erbrechen, aber außer einem dumpfen Stöhnen kam nichts über seine schmerzverzogenen Lippen.
    Ich nahm sein Messer an mich und wartete darauf, daß er sich erholte. Dann kassierte ich, ohne Fenderico aus den Augen zu lassen, meinen Smith-and-Wesson-Revolver.
    »Och - das tut mir leid!« sagte in diesem Moment Phil hinter mir. Ich wandte mich um. Phil stand, mit hochgestelltem Anzugkragen, zwischen zwei Büschen.
    »Was tut dir leid?« fragte ich ihn grinsend, »daß du um eine halbe Minute zu spät gekommen bist?«
    Phil schüttelte seinen Kopf. »Nein«, meinte er betrübt. »Daß ich keinen Regenschirm für dich mitgebracht habe!«
    ***
    Wir lieferten Fenderico im nächsten Revier ab. Nachdem wir zu Protokoll gegeben hatten, was geschehen war, fuhren wir zurück in die Dienststelle.
    Offenbar hatten wir bei Fenderico auf das falsche Pferd gesetzt. Phil war dem Puertoricaner gefolgt und hatte festgestellt, daß der junge Mann nur für wenige Minuten in seiner Wohnung gewesen war. Es stand außer Frage, daß Fenderico dort die Pistole geholt hatte, um mich dann um den Inhalt meiner Brieftasche erleichtern zu können.
    »Wir müssen uns an den nächsten Kunden heranmachen«, meinte Phil. »Wie viele stehen denn noch auf unserer Strichliste?«
    »Zwölf«, sagte ich. »Dein Drittel davon schaffen wir noch heute abend.«
    ***
    Henry Hopkins lag auf dem Bett und starrte an die Zellendecke. Draußen war alles ruhig. Er hatte sein Ziel erreicht, aber er empfand darüber keine Freude. Er dachte an Lilian. Sie würde sich jetzt Sorgen machen und vergeblich fragen, wo er wohl war und was er in diesem Moment trieb. Er sehnte sich nach ihr, aber er wußte, daß er dazu verdammt war, mit dieser Sehnsucht allein zu bleiben.
    Jetzt war die finanzielle Zukunft seiner Familie gesichert. Aber zu welchem Preis?
    Am schlimmsten war es, daß er nicht wußte, ob Monelli sich an sein Versprechen halten würde. Ihm, dem ehemaligen Anwalt, war es ein unerträglicher Gedanke, einem mehrfachen Mörder die Rückkehr in die menschliche Gesellschaft ermöglicht zu haben. Aber das war nun einmal eines jener Opfer, die er bringen mußte, um Lilian und seinem Sohn eine sorgenfreie Zukunft zu gewährleisten. Er fürchtete sich nicht vor dem elektrischen Stuhl. Er wußte, daß er ohnehin zum Sterben verurteilt war. Für ihn gab es keine Hilfe.
    Nach einiger Zeit legte sich diese Erregung. Er wurde ruhiger und brachte es sogar fertig, ein wenig zu schlafen. Es war ein von Träumen und Alpdrücken durchzogener Schlaf, der ihn schweißgebadet erwachen ließ.
    Er sah die nackte Glühbirne über sich und wußte, daß von nun an kein anderer Schlaf mehr möglich sein würde.
    »Lilian!« rief er plötzlich.
    Er hörte an der Tür ein Geräusch und spürte, daß er beobachtet wurde. Ich muß mich besser in der Gewalt haben, dachte er verwirrt. Ich muß durchhalten! Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.
    ***
    Tony Carter verließ das Haus kurz vor Mitternacht.

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