Jerry Cotton - 0551 - Heisser Draht zum Kidnapper
der einem hüpfenden Gummiball nicht ganz unähnlich sah, verzweifelt. Dann fiel sein Blick auf die drittletzte Kabine.
Er nahm den Koffer von der rechten in die linke Hand. Mit der Rechten riß er erbost die Kabinentür auf. »He, Mister! Dies ist eine Telefonkabine und kein Hotel! Sie sind wohl…«
Plötzlich entfiel der schwere Koffer der kraftlos gewordenen linken Hand des bisher so eiligen Mannes. Der kleine Dicke riß entsetzt die Hände vor das Gesicht und starrte minutenlang in die Kabine, in der ein zusammengekauerter Mann an der Wand lehnte. Auf den ersten Blick sah es so aus, als schliefe der Mann im Stehen. Doch die riesige Blutlache zu seinen Füßen zeigte, daß er aus diesem Schlaf nie wieder erwachen würde.
»Nein…«, stammelte der Mann mit dem Koffer leise. Andere Passanten bemerkten die Szene. Sie blieben stehen. Starrten ebenfalls in die Kabine. Eine Frau schrie gellend auf. »Mord!« brüllte ein Mann.
Der hektische Betrieb in dem riesigen Bahnhof schien plötzlich wie abgeschnitten. Sekundenlang war es unwirklich still. Dann aber stürmten die Neugierigen von allen Seiten auf den Ort des Schreckens zu. Es dauerte Minuten, bis sich drei stämmige Beamte der Railway Police durch die Menschenmasse hindurchgekämpft hatten.
Ein Blick genügte dem Streifenführer. »Los, Joe, ruf die…«
»Moment, bitte«, sagte ein breitschultriger Zivilist, der sich durch die Menschenmenge hindurchgewühlt hatte. »Ich bin Lieutenant Easton, Leiter der II. Mordkommission Manhattan East!« Bereitwillig machten die Railway-Polizisten dem Lieutenant Platz. Easton beugte sich über den Mann, der an der Wand lehnte. Mit einer winzigen Taschenlampe leuchtete er ihm ins Gesicht. »Ja«, sagte er dann zu dem Streifenführer, »benachrichtigen Sie bitte die Mordabteilung Manhattan-West. Ich rufe in der Zwischenzeit das FBI an. Der Mann ist uns als Gangster bekannt gewesen. Er heißt Sammy Fithmaron!«
***
Der Desk-Sergeant blickte staunend auf den Cop, der den Raum betrat. »Hallo, Bill — was ist los? Du hast seit einer dreiviertel Stunde Feierabend und solltest dich längst ausschlafen. Heute ist ohnehin dicke Luft — Kidnappingalarm. Vielleicht holen wir dich in einer Stunde wieder aus der Falle!«
Corporal Bill Howster machte eine wegwerfende Handbewegung. »Macht nichts, Joe — ich kann tagsüber ohnehin nicht schlafen. Bis ich das gelernt habe, bin ich wohl wegen Erreichens der Altersgrenze aus der Polizei ausgeschieden. Gib mir mal einen Rat!«
»Wenn ich kann, gerne!«
»Du kennst doch Abraham Worm?«
»Den Anstreicher?« erkundigte sich der Desk-Sergeant.
»Ja, der. Weißt du, er ist ein armer Teufel und hat, soviel ich weiß, bei seiner Frau bestimmt nichts zu lachen. Deshalb möchte ich ihm nicht noch zusätzliche Schwierigkeiten machen.«
»Warum solltest du?« fragte der Desk-Sergeant mißtrauisch.
»Worm hat einen alten Wagen, der keine Garagenmiete mehr wert ist. Diesen Wagen stellt er immer abends zwischen sieben und acht Uhr vor seine Haustür. Und morgens, kurz nach halb sieben Uhr, fährt er ihn wieder weg«, berichtete der Corporal.
»Dann ist es ja gut«, nickte der Desk-Sergeant. »Das Parkverbot gilt nur tagsüber, wenn du das meinst.«
»Das meine ich«, nickte Bill Howster. »Heute hat er den Wagen nicht um halb sieben Uhr weggefahren. Er steht noch immer im Parkverbot und behindert auch den Verkehr.«
»Aha«, brummte der Desk-Sergeant. »Wir müßten ihn abschleppen lassen. Weiß deine Ablösung Bescheid?« Howster nickte. »Ich habe es Ralph gesagt und dazu erklärt, daß ich mich noch darum kümmern werde.«
»Aber schnell«, nickte der Desk-Sergeant.
»Ich habe bis jetzt dort gewartet. Es rührt sich nichts. Andererseits will ich jetzt nicht in Ralphs Zuständigkeit eingreifen. Ich habe schließlich dienstfrei und…«
»Was hast du vor?« sagte der Desk-Sergeant fast väterlich.
»Vielleicht ist bei Worm etwas passiert, ich meine — du weißt ja, wie es manchmal geht, wenn einem Mann der Kragen platzt…«
»Du, mach uns keinen Kummer! Du meinst, er hätte sie totgeschlagen? Willst du hingehen? Moment, ich frage den Captain! Kleinen Moment!«
Der etwas schüchterne Corporal wollte noch eine abwehrende Handbewegung machen. Die Rückfrage beim Captain bedeutete eine offizielle Behandlung der Angelegenheit. Und er wollte ja auf keinen Fall auf fallen.
Doch der Desk-Sergeant war schon im Office des Revierchefs verschwunden.
Nach zwei Minuten kam er
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