Jerry Cotton - 0551 - Heisser Draht zum Kidnapper
möglichst wenig stört. Möglichst an einer Stelle, die ich nicht dauernd sehe. Die Farben regen mich auf!«
»Schließlich ist er ein Anstreicher. Er kann ja nicht mit einem Leichenwagen für seinen Laden Reklame machen.«
»Trotzdem tut’s weh«, schüttelte sich Ben Harper.
Andy Rickett ging zu Harry Kumble zurück und zeigte ihm eine Ecke in der Nähe des Hintereinganges, wo er den Wagen parken sollte. »In welches Stockwerk müssen Sie?«
»Moment«, sagte Kumble und fischte einen zweiten Zettel aus der Tasche seines Arbeitsanzuges. »Vierter Stock, hier…«
Rickett schaute auf den Zettel. »Ach, Jerry Cotton ist der Glückliche, bei dem alles neu gemacht wird. Vierter Stock, dritte Tür rechts vom Lift! Wollen Sie gleich Ihre Geräte mitnehmen?«
»Natürlich«, sagte Harry Kumble.
Rickett sah, wie gleich darauf vier Männer aus dem Lieferwagen stiegen. Besonders vertrauenerweckend erschienen sie ihm nicht. Aber schließlich hatten sie die Unterschrift von Mr. High.
Die vier Männer wuchteten eine riesige Kiste aus dem Lieferwagen. Der Chef der vier, Harry Kumble, nahm eine bekleckste Leiter auf die Schulter.
Rickett warf noch einen Blick auf die Kiste. »Mit diesem Brummer könnt ihr aber nicht in den Lift steigen«, sagte er dann. »Die Kiste geht nicht durch die Tür. Ihr müßt die Treppe hoch. Braucht ihr noch Hilfe?«
Kumble schüttelte verneinend den Kopf.
***
Von Mr. Highs Fenster aus sah ich, wie der Gangster Brigg Coleman auf die Straße trat. Er schaute sich nur einmal kurz um. Dabei konnte er nicht die drei Männer bemerken, die auf ihn warteten. Es waren Kollegen von uns. Gleichgültig, nach welcher Seite Coleman sich wandte — seine Überwachung war genau vorbereitet. Nur einer der drei Kollegen nahm seine unmittelbare Verfolgung auf. Der zweite Mann setzte sich sofort in einen Dienstwagen, der nicht als solcher zu erkennen war. Er mußte bereit sein, auch den mit einem Taxi wegfahrenden Coleman zu verfolgen. Und der dritte Mann mußte Coleman überholen, um den zuerst verfolgenden Kollegen abzulösen.
Die Kollegen konnten sich untereinander mit Sprechfunk verständigen. Alle drei wiederum waren ständig mit der Zentrale verbunden. Im Vernehmungszimmer 511, meinem Ausweich-Office, stand ein eilig installierter Telefonapparat, der als »heißer Draht« nur für die Coleman-Sache zur Verfügung stand.
»Jetzt können wir nur abwarten, Jerry«, sagte Mr. High. »Gehen Sie für alle Fälle in Ihr Office, ich rufe inzwischen einmal bei Mr. Whitespoon an!« Ich machte mich auf den Weg zu meinem Office. Auf dem Treppenabsatz begegneten mir vier Männer in weißen Arbeitsanzügen. Sie wuchteten eine riesige Kiste empor. Ich wollte sie gerade ansprechen und sie bitten, sich mit der Renovierung meines Büros möglichst zu beeilen, als meine Kennziffer auf der Lichtrufanlage aufflammte. Mit einem Sprung war ich an der nächsten Tür, klopfte kurz an und bat den Kollegen, telefonieren zu dürfen.
»Ich habe das Detektiv-Büro Richmond für Sie auf der Leitung«, sagte mir die Telefonistin. Sekunden später meldete sich ein Lieutenant Vakkner. Er sprudelte eine Meldung hervor: »67-er Chrysler in der Nähe des Golfplatzes im Latourette Park gefunden. Keine Insassen, keinerlei Spuren. Wagen entspricht der Beschreibung des Tatfahrzeuges. Fahrzeug gehört laut Lizenznummer einem gewissen Roy Phillsbourgh aus Syrakus, N. Y. Der Wagen ist seit gestern abend 23.30 Uhr als gestohlen gemeldet.«
»Danke, Lieutenant«, sagte ich enttäuscht. Ich hatte mindestens eine Spur erwartet. Aber das war jetzt praktisch nichts. Der Golfplatz im Latourette Park lag knapp drei Meilen von jener Stelle entfernt, an welcher der kleine Webster Whitespoon entführt worden war. Der Wagen mußte dort schon abgestellt worden sein, bevor Mr. Whitespoon wieder von seinem erzwungenen Bad im Atlantik an den Strand zurückgekehrt war. In welchem anderen Fahrzeug die Verschleppung des Jungen fortgesetzt worden war, wußte jetzt niemand. Außer den Tätern, die wir nicht kannten.
»Ich schicke Ihnen einen Kollegen von uns, Lieutenant«, sagte ich abschließend. Und die Fahndung nach dem 67-er Chrysler kann ich zurücknehmen, dachte ich. Die einzige Spur war kalt geworden.
***
Der kleine, dicke Mann mit dem großen Koffer lief jetzt schon zum drittenmal die Reihe der Telefonzellen in der, wie alle New Yorker kurz sagen, Penna Station auf und ab.
Gehetzt ging sein Blick zur großen Uhr. »Sechs Minuten!« murmelte der Mann,
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